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Warum 2015 für Karstadt zum Schicksalsjahr wird

Warum 2015 für Karstadt zum Schicksalsjahr wird

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Karstadt Foto: dpa
Die Karstadt-Chefs liebäugeln mit weiteren Filialschließungen und fordern Lohnopfer der Mitarbeiter. Die Gewerkschaft Verdi will da nicht mitspielen.

Essen. 

Noch sorgt die Weihnachtsdekoration für Glanz in den Häusern der angeschlagenen Warenhauskette Karstadt. Doch wenn zum Jahreswechsel der Stecker der letzten Lichterkette gezogen ist, muss sich der Handelsriese wieder der bitteren Realität stellen. 2015 geht es ums Ganze. Wenn der Konzern überleben will, muss er unter seinem neuen Eigentümer René Benko endlich einen Weg aus der Dauerkrise finden. Es dürfte ein steiniger Weg werden.

Denn Karstadt-Chef Stephan Fanderl hat bereits in den vergangen Monaten klar gemacht, dass im neuen Jahr weitere Filialschließungen drohen. Außerdem fordert das Unternehmen von den Beschäftigten finanzielle Opfer bei Weihnachts- und Urlaubsgeld.

Verdi glaubt nicht an Sparkurs als Allheilmittel

Doch beides stößt auf vehementen Widerstand der Gewerkschaft Verdi. „Allein durch einen Sparkurs kann Karstadt nicht nach vorne gebracht werden, denn damit wird es keine Steigerung der Umsätze geben“, widerspricht Stefanie Nutzenberger, das für Handel zuständige Mitglied des Verdi-Bundesvorstands.

Rückenstärkung bekommt Fanderl allerdings vom Handelsexperten Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Das wichtigste für Karstadt ist jetzt wohl die rasche Umsetzung der Kostensenkungsprogramme“, mahnt er. Aber fast genauso dringend sei es, das ganze Unternehmen konzeptionell neu aufzustellen.

Karstadt braucht angeblich komplett neues Konzept

Die Idee, künftig die Karstadt-Filialen in Erlebnishäuser und Nahversorgungshäuser aufzuteilen, sei hier ein erster Schritt. „Aber notwendig ist wohl eine grundlegendere Überarbeitung des Konzepts“, meint Roeb.

„Seit dem Eigentümerwechsel wird mit einer neuen Ernsthaftigkeit und Zielgerichtetheit an der Lösung der Probleme gearbeitet“, lobt Roeb die neue Führungsspitze unter Karstadt-Chef Stephan Fanderl.

Kein Rückenwind durch Konjunkturlage

Auf allzu viel Rückenwind von der Konjunktur darf Karstadt dabei nicht hoffen. Zwar rechnet der Handelsverband Deutschland (HDE) damit, dass die Deutschen in Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr rund 85,5 Milliarden Euro ausgeben, 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Doch ausgerechnet im für Karstadt besonders wichtigen Textilgeschäft verlief das Geschäft zuletzt enttäuschend. In den vielen Karstadt-Warenhäusern wird der Umsatz in diesem Jahr angesichts der ungewissen Zukunft mit einem besonders bangen Gefühl gezählt werden.

Doch ein Allheilmittel sind Filialschließungen für das finanzschwache Unternehmen ohnehin nicht, wie Roeb betont. Denn Schließungen von Warenhäusern sind teuer. „Die neue Konzernführung kann eigentlich nur Häuser schließen, die entweder so verlustbringend sind, dass die laufenden Verluste höher als die laufenden Mietzahlungen sind, oder solche, bei denen der Vermieter bei den Abstandszahlungen für den gekündigten Mietvertrag signifikante Konzessionen macht. Das ist nicht oft der Fall“, meint der Handelsexperte.

Beschäftigte müssen wohl weitere Opfer bringen 

Berücksichtige man dann noch die bei einer Schließung entstehenden Einmalkosten etwa für Sozialpläne bleibe nicht viel Spielraum für schnelle harte Einschnitte im Filialnetz.

Eine Entwarnung für die Beschäftigten ist diese Einschätzung allerdings nicht. Sie werden nach Roebs Einschätzung weitere Opfer bringen müssen: „Ein Problem bei Karstadt ist, dass die Mitarbeiter dort im Durchschnitt noch immer besser – im Einzelfall sogar deutlich besser – verdienen als bei manchen Wettbewerbern.“

Funktioniert das Geschäftsmodell noch?

„Dabei gibt das Geschäftsmodell das einfach nicht mehr her. Das müssen die Mitarbeiter begreifen und dauerhafte Lohneinbußen akzeptieren“, sagt Roeb.

Die Gewerkschaft Verdi allerdings will einen anderen Kurs. Nutzenberger mahnt, nur gemeinsam mit der Belegschaft könne die Konzernführung Karstadt fit für die Zukunft zu machen. Für die Gewerkschaft stünden Beschäftigungs- und Standortsicherung an erster Stelle. „Noch mehr Beschäftigte einzusparen, untergräbt das Warenhaus der Zukunft“, meint die Gewerkschafterin. (dpa)