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Was ein Studienplatz kostet

Sind Studiengebühren gerecht?

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Foto: Moritz Spies
Die NRW-Landesregierung will die Studiengebühren abschaffen. Ein Fakten-Check: Was kostet ein Studienplatz wirklich und wer von der staatlichen Subventionierung profitiert.

Berlin. 

In Nordrhein-Westfalen sollen sie heute abgeschafft werden: die Studiengebühren. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Niedersachsen kassieren weiterhin bis zu 500 Euro pro Semester. Trotzdem ist diese Summe nur ein Bruchteil dessen, was der Staat für jeden einzelnen Studienplatz aufwenden muss. Dafür profitieren die Studenten enorm, was ihre späteren Gehälter angeht.

„7000 Euro kostet ein Studienplatz im Durchschnitt pro Jahr“, sagt Axel Plünneke vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Beim Großteil der Bundesländer springt der Staat und somit der Steuerzahler für die volle Summe ein. Nicht jeder Student ist jedoch gleich teuer. Zum einen spielt es eine Rolle, welchen Beruf er oder sie später ergreifen möchte. So kommt ein Medizinstudent die Volkswirtschaft mit weit über 10 000 Euro teurer zu stehen als ein angehender Be­triebswirt oder eine Geisteswissenschaftlerin.

Studenten müssen zunächst verzichten

Doch nicht nur den Staat kostet das Studium etwas. Auch die Studenten haben Ausgaben. Während ein angehender Akademiker, der einen Mastertitel anstrebt, nach ganzen drei Jahren längst noch nicht mit Bücherwälzen und Büffeln fertig ist, verdienen andere Gleichaltrige schon gutes Geld – vielleicht als Mechatroniker oder Rechtsanwaltsgehilfin. Hat ein Be­rufsanfänger monatlich 2000 Euro beisammen, schafft es dagegen der Student mit Bafög und Unterstützung der Eltern gerade einmal auf 1000 Euro pro Monat. Innerhalb von zwei Jahren gehen ihm also 36 000 Euro durch die Lappen. Rentiert sich das Studium da überhaupt?

Ja. Hochschulabsolventen erzielen in der Regel deutlich höhere Einkommen. So verdient ein westdeutscher Akademiker nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge pro Stunde 78 Prozent mehr als ein Hilfsarbeiter.

Bessere Berufsaussichten

Auch die Chancen auf einen Arbeitsplatz sind für Höherqualifizierte besser als für andere. „Während von den Menschen ohne Berufsabschluss nur rund die Hälfte in Lohn und Brot stehen, sind es von jenen mit Berufsausbildung 75 Prozent und von den Akademikern annähernd 86 Prozent“, heißt es beim IW. Deutlich wird die Bildungsrendite am Ende des Berufslebens. Während ein Facharbeiter inklusive seiner Altersvorsorge rund 162 000 Euro zusammenspart, erwirtschaften Akademiker durchschnittlich fast eine halbe Million Euro Ersparnisse.

Und was hat der Staat davon, dass er für die Ausbildung von Naturwissenschaftlern, Informatikern oder Juristen aufkommt? Wissen steigert die Produktivität. Davon profitieren die Unternehmen, die mit guten Leuten höhere Gewinne erzielen und mehr Steuern zahlen. Auch die Akademiker zahlen hohe Steuern und Sozialabgaben. So profitiert die ganze Volkswirtschaft von einer gu­ten Ausbildung.

„Bafög ist ganz wichtig“

Studiengebühren halten im Übrigen nicht vom Studieren ab. „Zwischen 2006 und 2008, also in der Zeit in der Studiengebühren eingeführt worden sind, können wir keine Effekte beobachten“, so IW-Bildungsökonom Plünneke. Die An­zahl der Studienbeginner pro Semester habe sich in den Ländern mit und ohne Studiengebühren in etwa gleich entwickelt. Schließlich greift der Staat Studierenden, die finanziell schlechter dastehen, unter die Arme. „Bafög ist ganz wichtig“, sagt Plünneke.

Studiengebühren führte die damalige schwarz-gelbe Landesregierung erstmals zum Wintersemester 2006/ 2007 ein. Hochschulen können bis zu 500 Euro pro Se­mester verlangen. Den Satz legen sie selbst fest. Allein die Fernuniversität Hagen und die neue Fachhochschule Ruhr West in Mülheim und Bottrop verzichten auf die Erhebung von Studiengebühren.

14 Prozent an die NRW Bank

Laut Gesetz gehen 14 Prozent der Einnahmen aus der Studiengebühr an den Ausfallfonds der staatlichen NRW Bank, der Studenten Darlehen zur Verfügung stellt. Nach Angaben der Landesregierung haben bislang 88 000 Studenten bei der NRW Bank einen Kredit aufgenommen, um die Studiengebühren zu finanzieren.

Bezieher hoher Zuschüsse nach dem Bundesausbildungsfördergesetzes müssen bei hohen Bafög-Schulden gar nichts oder weniger an die NRW Bank zurückzahlen.

Der Sozialbeitrag kommt bislang noch zu den Studiengebühren hinzu

Die restlichen 86 Prozent der Studiengebühr verbleiben an der Hochschule. Die Ruhr-Universität Bochum etwa nahm 2009/10 rund 20 Millionen Euro ein und gab unter Einsatz von Rücklagen 24 Millionen Euro aus. Damit finanzierte sie nach eigenen Angaben „knapp 1900 zusätzliche Beschäftigte und 1750 Semesterwochenstunden Lehre“.

Studenten zahlen aber nicht nur Studiengebühren, sondern auch einen Sozialbeitrag. In Bochum beträgt er 237 Eu­ro pro Semester. Darin enthalten ist ein Nahverkehrs-Ticket.