In Deutschland gibt es Ost und West. Es gibt Alt und Kölsch. Es gibt Berliner Currywurst und es gibt die richtige Currywurst (und nein, ich rede hier nicht von Hamburg).
Deutschland ist bipolar. Sogar beim Einkaufen. Manche Menschen gehen zu dem Discounter mit dem blau-roten Logo (das ein bisschen altbacken aussieht), andere kaufen beim Discounter mit dem blau-orangen Logo (das auch ein bisschen altbacken aussieht).
Der ewige Neid auf Aldi-Süd
Aldi-Nord und Aldi-Süd spalten die Nation. Die, die zum Nordmarkt gehen, schielen immer neidisch auf die Aldi-Süd-Gänger, weil die Süd-Läden angeblich irgendwie cooler sind.
Der Nordler schwärmt vom angenehmen Licht bei Aldi-Süd, wo die Luft sauber ist und die Verpackungen so schön bunt. Wo die Einkaufswagen wie auf Schienen durch die Gänge gleiten und die Kassiererin dem Kunden sanft ins Ohr haucht: „8 Euro 95 – bar oder Karte?“
Hach, das Paradies heißt Aldi-Süd, denkt der Nordler.
Sie schwärmen von Rosenscheren und Gewürzgurken
Und die Süd-Gänger ärgern sich, dass der nächste Nord-Laden so weit weg ist, weil es da angeblich die bessere Aktions-Angebote gibt.
Der Südler schwärmt von elektrischen Rosenscheren, von italienischen Gewürzgurken und Camping-Taschenlampen, die es im Norden angeblich viel öfter gibt als im Süden.
Hach, das Paradies heißt Aldi-Nord, denkt der Südler.
Klare Grenze zwischen Nord und Süd
So ist das, wenn man etwas nicht haben kann: Dann will man es unbedingt.
Der Mensch sucht sich nicht aus, ob er lieber Aldi-Nordler oder -Südler ist. Er wird qua Geburt entweder das eine oder das andere.
Denn der Geburtsort entscheidet darüber: Die Aldi-Märkte ziehen eine klare Grenze, die sich einmal quer durch das ganze Land zieht.
Schuld ist der Tabak
Vom Niederrhein kommend verläuft der Aldi-Äquator bis weit nach Osten. Die Ruhr ist die gewissermaßen natürliche Grenze zwischen Nord und Süd.
Aber warum eigentlich? Was soll das?
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Der Grund: Tabak. So jedenfalls will es die Legende. Theo Albrecht wollte Zigaretten verkaufen, sein Bruder Karl nicht. Also trennten sie 1961 die Filialen.
Im Norden gab es fortan Zigaretten, im Süden jahrzehntelang nicht: Erst seit 2003 bietet auch Aldi-Süd Tabakwaren an.
Beide wollten die gleich Anzahl an Kunden
Die offizielle Erklärung klingt etwas nüchterner: „Die Brüder Karl und Theo Albrecht beschlossen 1961, das bestehende Filialnetz aus damals über 100 Filialen unter sich aufzuteilen. Hierfür gab es betriebswirtschaftliche Gründe“, so ein Unternehmenssprecher.
Die beiden Kaufleute erhofften sich im Zuge einer Aufteilung schneller und flexibler Entscheidungen treffen zu können.
Und die Gebiete teilten sie so auf, dass beide Unternehmen ungefähr die gleiche Anzahl an potentiellen Kunden hatten.
Yin und Yang im Revier
Seitdem damals also gibt es das Aldi-Schisma. Doch weil der Mensch nach Ausgleich strebt, muss es da, wo es ein Yin gibt, auch ein Yang geben.
Und Yin und Yang liegen exakt im Herzen des Ruhrgebiets: Von Mülheim aus werden alle Süd-Läden Deutschlands geführt. Hier gibt es auch ausschließlich Aldi-Süd-Filialen. Der Aldi-Nord-Verwaltungssitz ist direkt nebenan: In Essen – und natürlich gibt es hier nur Nordläden.
Das Schöne: Anders als Menschen in Hamburg oder München können Revier-Bewohner einfach mal eben in die Nachbarstadt fahren, wenn sie die Schnauze voll von ihren Aldi-Filialen haben.
In kaum einer anderen Region Deutschlands sind die Süds derart nah an den Nords – und in kaum einer anderen Region können Kunden so schnell zwischen den Polen oszillieren.
Hach, das Paradies heißt Ruhrgebiet, denken alle anderen … (pen)