Nelson Mandela, der „Vater der Nation“ Südafrikas, wird seit Wochen nur noch von einer Herz-Lungen-Maschine am Leben erhalten. Seine Angehörigen streiten derweil um das Erbe und um die Gebeine dreier seiner Kinder. Unter Polizeiaufsicht wurden die sterblichen Überreste bereits aus ihren Gräbern geholt.
Pretoria.
Während Nelson Mandela nur noch von einer Herz-Lungen-Maschine am Leben gehalten wird, tobt in seiner Familie ein erbitterter Streit um seine letzte Ruhestätte. In dessen Verlauf werden jetzt zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren die Gebeine von drei Kindern des „Vaters der Nation“ umgebettet: Sie wurden am Mittwochabend unter Polizeiaufsicht aus einem Friedhof in Mandelas Geburtsort Mvezo in der Ostkap-Provinz ausgegraben und werden gegenwärtig von Experten identifiziert.
Der Aktion war ein Gerichtsbeschluss vorausgegangen, der 16 Familienmitgliedern Mandelas recht gegeben hatte. Diese waren Ende vergangener Woche vor den Kadi gezogen, um Mandla Mandela, den 39-jährigen Enkel der südafrikanischen Legende, zur Herausgabe der Gebeine zu zwingen.
Der ANC-Parlamentarier hatte in einer Nacht- und Nebelaktion vor zwei Jahren die Überreste von drei Kindern aus Mandelas erster Ehe mit Evelyn Mase aus dem Familienfriedhof in Qunu ausgraben und in das knapp 40 Kilometer entfernte Mvezo bringen lassen. Dort bemüht sich der im Jahr 2007 zum traditionellen Oberhaupt des Dorfes gekürte Mandela-Spross ein lukratives Zentrum zum Gedenken seines Großvaters aufzubauen. Der Rest der Familie will Mandela seinem Wunsch entsprechend in Qunu bestatten.
Sheriff musste Schlösser aufbrechen
Selbst als sein Widerspruch gegen den Entscheid des Landgerichts in der Provinzstadt Mthatha am Mittwoch als „frivol“ zurückgewiesen wurde, weigerte sich Mandla beharrlich, den Bestattungsunternehmen Zugang zu der Grabstätte einzuräumen. Der Sheriff musste Schlösser aufbrechen, um die Durchführung des richterlichen Entscheides zu ermöglichen. Die Gebeine der 1948 im Kindesalter verstorbenen Mandela-Tochter Makaziwe, seines 1969 bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Sohnes Thembekile, sowie seines 2005 an den Folgen einer HIV-Infektion verstorbenen Sohnes Makgatho sollen nun wieder in Qunu begraben werden.
Schon in der Vergangenheit war Mandla Mandela immer wieder in Skandale verwickelt. So zog er sich den Zorn der Verantwortlichen des Mandela-Museums zu, als er die Ruinen des ursprünglichen Mandela-Kraals eigenmächtig durch fragwürdige Repliken ersetzen ließ, und brachte die Dorfbewohner gegen sich auf, als er den als Gedenkstätte gedachten „Großen Ort“ in Mvezo ausgerechnet auf einem Friedhof errichten ließ. Am Donnerstag wärmte der studierte Politologe auch einen Privat-Skandal wieder auf, indem er seinen Bruder Mbuso bezichtigte, Mandlas einstige Frau Anais Grimaud geschwängert zu haben.
Der älteste männliche Spross der Familie nahm bisher eine Sprecherrolle für sich in Anspruch: Die wird ihm nun jedoch von der ältesten Tochter Mandelas, Makaziwe (60), streitig gemacht.
Jetzige Ehefrau kommt mit der Familie nur schwer klar
Der derzeitige Konflikt ist allerdings keineswegs der einzige innerhalb des 23 Erwachsene zählenden Hauses. Schon längst sind auch die Spannungen zwischen den Kindern aus erster Ehe und dem von Winnie Mandela geführten Familienzweig kein Geheimnis mehr.
Auch dass die Mosambikanerin Graça Machel, die Mandela an seinem 80. Geburtstag als dritte Ehefrau heiratete, mit dem Rest der Familie nur mit Mühe klar kommt, ist allgemein bekannt. Aufsehen erregte außerdem der Versuch zweier in den USA lebender Töchter Makaziwes, ihren Namen mit einem Design-Label und einer Reality-Show einzusetzen – sowie der Gerichtsstreit um einen von Nelson Mandela eingerichteten Familienfonds. „Würde und Erhabenheit sind offensichtlich keine erblichen Eigenschaften“, kommentierte die Zeitung „Citizen“ bissig.