Berlin.
Es war „so viel Geld“. Und „so viel Glück“: Das deutsche Topmodel Toni Garrn war 13, als es eine Traumkarriere startete. Nun ist sie 22, wird gebucht von Calvin Klein, Hugo Boss oder H&M und füllt als Partnerin von Hollywoods Superstar Leonardo DiCaprio die Seiten der Klatschpresse. Doch Hollywood ist weit entfernt an diesem verregneten Nachmittag in dem etwas heruntergekommenen Gebäude am Funkturm der Berliner Messe. Nun geht es um Afrika, um Burkina Faso, eines der ärmsten Länder der Welt.
Burkina Faso wird bedroht vom Terror der IS-Milizen, von El-Kaida und Boko Haram. Gerade Mädchen haben in diesem Land, wo auch unter Katholiken die Verheiratung von Teenagern an der Tagesordnung ist, kaum Chancen, der Armut zu entliehen. Selbst die Grundschule bleibt der Hälfte der Mädchen verwehrt. „Dabei schützt Bildung am besten vor Missbrauch und Armut“, sagt Garrn. Das Topmodel ist das neue Gesicht der Kinderhilfsorganisation „Plan International“. Als Botschafterin der Kampagne „Because I am a girl“ wird sie am Abend den Schalter umlegen, der den Funkturm in einem satten Rosa erstrahlen lassen soll.
„Wow, ich verdiene so viel Geld“
Um die Spendenbereitschaft für die Hilfsorganisation anzukurbeln, wirbt Garrn nicht nur mit ihrer Prominenz. Auch mit Erlösen aus einer Designkooperation mit einer Jeansfirma soll die Ausbildung von Grundschullehrerinnen in Burkina Faso finanziert werden. Wie dringend die Hilfe in Westafrika benötigt wird – davon machte sich die 22-Jährige in diesem Sommer selbst ein Bild.
Gefragt nach ihrer Motivation sprudelt es aus Garrn heraus. „Ich dachte schon mit 15, wow, ich mach’ so viel, ich verdiene so viel Geld, es ist einfach alles zu mir gekommen. Ich hatte so viel Glück und ich fragte mich, warum eigentlich.“ Schon damals begann sie, Patenkinder zu unterstützen. „Mehr ging damals noch nicht. Ich musste ja gleichzeitig Abi machen.“
Inzwischen kann sie längst selbst entscheiden, welchen Job sie annimmt und wohin sie reist. Hamburg ist ihr zu Hause, New York der Wohnsitz. Reisen von Kontinent zu Kontinent sind Garrns Alltag. Doch die Reise nach Burkina Faso habe sie verändert, sagt sie, die Gespräche mit den Mädchen, die mehr wollen als eine Ehe in Armut mit vielen Kindern und deshalb die Schule besuchen – auch wenn sie dann von ihrem Dorf verstoßen werden. Besonders bewegt hätten sie die Erlebnisse einer 13-Jährigen, der mit einem Pfeil mitten in die Stirn geschossen worden war. Sie hatte nur ihre Mutter besucht. Das Mädchen überlebte knapp.
„Bislang war meine Öffentlichkeit immer nur nervig“, sagt sie. Nun habe sie erkannt, dass ihre Prominenz nützlich ist: „Je bekannter ich bin, desto mehr kann ich bewirken.“ Wer höre schon jemandem zu, nur weil er Patenkinder in Afrika habe – „selbst wenn es 15 sind“. Also gibt Toni Garrn gezielt Interviews, das ist neu. Freilich mit dem Hinweis, keine Fragen zu Leonardo DiCaprio zu beantworten – seit Tagen brodelt in der Klatschpresse die Gerüchteküche über ein Ende der Beziehung. Auch Pressefotos lässt sie beim Interview nicht zu. Ausgestattet mit diesem Schutz kann sie es sich leisten, ohne Make-up und Haarspray, dafür mit Jeans und T-Shirt zu erscheinen und lässig im tiefen Ledersessel Platz zu nehmen.
Natürlich steht auch diese Szene dem schönen Topmodel. Es wäre ein gutes Fotomotiv, eines, das den Ernst unterstreicht, mit dem Garrn die Charity-Werbetrommel rührt. Am Abend, bei der „Illumination des Funkturms“, trägt sie zwar immer noch das schlichte T-Shirt der Hilfsorganisation. Doch ihr Gesicht, das nun von allen Seiten fotografiert werden darf, ist das eines Covergirls, das auf den Laufstegen der Welt zu Hause ist – perfekt, aber unnahbar.
Kurz zuvor, ungeschminkt auf dem Ledersofa, bekennt die Deutsche, dass sie ausgerechnet Berlin kaum kennt. „Vielleicht sollte ich wenigstens mal mit einem Doppeldeckerbus durch die Stadt fahren. So etwas habe ich noch nie gemacht.“