Spaghetti-Western waren gestern. Jetzt kommt ein Kartoffel-Western. Deutsche Siedler bevölkern Texas, und zwei starke Frauen entdecken ihre Freiheit. Gespielt werden sie von Nadja Uhl und Emilia Schüle in einem sehenswerten Sat.1-Film.
Essen.
An jedem zweiten Samstag im Mai rauchen sie im texanischen Fredericksburg noch immer feierlich die Friedenspfeife: die Comanchen und die Nachfahren der deutschen Einwanderer. Zur Erinnerung an das Jahr 1847, als hier zwischen Indianern und „Mainzer Adelsverein“ ein einmaliger Vertrag geschlossen und bis heute nicht gebrochen wurde: Die Deutschen, denen das Land der Indianer damals von der texanischen Regierung verkauft worden war, verpflichteten sich, den Comanchen Felle und Lebensmittel abzukaufen; diese verzichteten im Gegenzug auf Plünderungen der deutschen Siedlungen – ein historischer Moment, eine wahre Begebenheit, wie geschaffen für ein großes „TV-Event“. Zu sehen ist es an diesem Dienstag, 20.15 Uhr, auf Sat.1. Treffender Titel: „In einem wilden Land“.
Regisseur Rainer Matsutani („Inferno – Flammen über Berlin“, „Das Papstattentat“) aber wäre nicht Rainer Matsutani, wenn ihm diese gewiss nicht unspannende Geschichte allein schon reichte. Und so verwebt er das Abenteuer im Wilden Westen mit einer Geschichte um die Emanzipation zweier Frauen. Die eine ist Gräfin, die andere Weberin.
Deutsche Siedler in Texas
Mila (Emilia Schüle, das „Wegwerfmädchen“ aus „Tatort“) und Cecilie von Hohenberg (Nadja Uhl, die Brigitte Mohnhaupt im „Baader-Meinhof-Komplex“) lernen sich 1844 auf dem ersten Treck deutscher Siedler zum texanischen Llano kennen. Mila floh aus dem schlesischen Peterswalde, nachdem ihr Mann, der führende Kopf des Weberaufstands, dort erschossen wurde. In Texas will sie ein neues selbstbestimmtes Leben beginnen, in Freiheit, ohne Standesschranken. Gräfin Cecilie begehrt auf gegen ihren gewalttätigen Mann (hervorragend: Benno Führmann), einem selbstgefälligen, eitlen Unsympathen. Er leitet den Treck zusammen mit Prinz Carl zu Kronach (Thomas Thieme).
Natürlich werden die beiden Frauen irgendwann von den Indianern entführt; müssen heikle Situationen meistern und um ihr Leben bangen. Nach einigen Wirren und Mühen bringen sie die Geschichte aber zu einem guten Ende (siehe: Friedenspfeife).
Ein Jahr dauerten die Vorbereitungen für den Film. 1700 Statisten, 150 Stuntmen und 400 Pferde gehörten zum Set. Gedreht wurde in Südafrika, was herrliche Bilder liefert, aber natürlich historisch nicht ganz sauber ist. Wie manches andere auch: Warum nur, etwa, sprechen alle Texaner Deutsch mit amerikanischem Akzent? Immerhin: Indianer mit Digitaluhren am Gelenk laufen nicht durchs Bild.
Gelungene Action-Szenen
Überhaupt die Indianer: Trotz der unstrittig hochkarätigen Besetzung des Films sind sie die eigentlichen Stars „In einem wilden Land“. Und das gilt für alle, nicht nur für den Comanchen-Häuptling Tahmahkera, den Gojko Mitic spielt, der Defa-Chefindianer der 60er-Jahre und Pierre Brices Nachfolger als Winnetou bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg. Die Welt der Indianer – Dorf, Kleidung, Sprache (!) – wurde angeblich originalgetreu reproduziert; für die Comanchen-Krieger entwickelte man einen Kampfstil, der gleichzeitig authentisch wirken soll „und den Erwartungen heutiger Action-Sequenzen entspricht“. Hat funktioniert. Wenn im Film die Tomahawks fliegen, dann tun sie das in seinen besten Szenen.
Alles in allem: nett. Wunderbare Landschaft, gute Schauspieler, überzeugende Action in einem glaubhaft und ruhig erzählten Abenteuer – all das könnte einen familienkompatiblen, entspannten Fernsehabend garantieren. Wenn das Vergnügen nicht geschmälert würde durch satte 45 (!!!) Minuten Werbung.