Los Angeles. Nora ist eine Katze, die Klavier spielt: auf der Klavierbank sitzend, beidpfotig, zuweilen mit der Nasenspitze. Ihre Auftritte am Piano sind ein Hit im Internet, rund 20 Millionen haben Nora spielen sehen. Jetzt wurde „Catcerto“ uraufgeführt, ein Konzert für Katze und Kammerorchester.
Nora führt das Leben eines Stars. Ihre Auftritte am Piano sind ein Hit im Internet, sie bekommt Fan-Post aus aller Welt und wird Nachwuchsmusikern als leuchtendes Beispiel vorgehalten. Wie manch andere Prominente hat Nora allerdings auch Figurprobleme und wäre suchtgefährdet – wenn ständig Katzenminze zur Verfügung stände. Nora ist eine Katze. Eine Katze, die Klavier spielt.
Konzert mit Kammerorchester
Ihr jüngster Hit ist eine Komposition, die ihr der litauische Dirigent Mindaugas Piecaitis auf den Pelz schrieb. Die Uraufführung des «CATcerto» mit dem Kammerorchester Klaipeda am 5. Juni mit dem per Video eingespielten Solopart «Noras» am Flügel wurde schon beinahe eine Million mal angeklickt. Alles in allem haben schon rund 20 Millionen Menschen «Nora» spielen sehen. Sie wurde durch Talkshows gereicht, es gibt Videos und Bücher von ihr, eine eigene Webseite, ein Blog, Kalender und Kaffeebecher, Ansichtskarten, T-Shirts und Poster mit ihrem Bild.
«Nora», eine fünf Jahre alte graugetigerte Katze, lebt in Philadelphia bei der Musiklehrerin Betsy Alexander und deren Mann, dem Künstler und Fotografen Burnell Yow. Zum Haushalt gehöre noch fünf weitere Katzen: «Gabby», «Max», «Rennie», «Miro» und «Clara». «Nora» sei seit jeher eine Diva gewesen, berichtet Alexander. In dem Tierheim, in dem sie einander fanden, galt sie als herrisch. Andere Katzen mag «Nora» nicht besonders. Sie hat einen Agenten, einen Leibfotografen und ihren Hofstaat. Auf Schmuck (sprich: ein Halsband) legt sie keinen Wert. Reisen, und wäre es auch in einer Luxuslimousine, sind ihr ein Gräuel.
„Im Takt und in der richtigen Tonart“
«Sie liebt Besuch. Ihr Auftritt ist sehr anmutig, und sie glaubt ihrem Publikum etwas schuldig zu sein», sagt Alexander in einem Telefoninterview. «Nora» spielt nicht irgendein Instrument, sondern ein Yamaha C5 Disklavier – den Lamborghini unter den Flügeln, wie Alexander es nennt. Meistens spielt sie, wenn jemand anders auf dem restaurierten Briggs-Flügel direkt nebenan in die Tasten greift. Auf der Klavierbank sitzend, spielt sie beidpfotig und zuweilen mit der Nasenspitze.
«Sie spielt im Takt und in der richtigen Tonart», berichtet Alexander, die neben Klavier auch Gitarre, Gesang und Komposition unterrichtet. «Sie spielt im selben Bereich der Tastatur wie der Mensch am anderen Instrument, und wenn der Schüler aufhört, hört sie auch auf. Manchmal wechselt sie laut und leise, schnell und langsam ab.» Eine Musiklehrerin aus Japan schrieb, «Nora» besitze eine großartige Technik; sie empfehle diese weichen Anschlag ihren Schülern als Vorbild.
Nora schnurrt beim Spielen. Mit Vorliebe tanzt sie auf dem Flügel im Kreis herum. Als sie noch klein war, jagte sie Alexander zufolge so lange hinter ihrem Spiegelbild her, bis ihr schwindlig wurde und sie vom Flügel purzelte. Wenn sie sich heute schwindlig gedreht hat, wechselt sie einfach die Richtung. Ein Problemchen hat sie aber: «Sie frisst leidenschaftlich gern. Sie frisst, so viel sie kriegen kann. Sie ist dabei überhaupt nicht wählerisch», sagt die Frau des Hauses über ihre rundliche «kleine Bowling-Kugel».
Fan-Post und „Pfotogramm“-Bitten
Die üppige Figur hat der Popularität der Diva nicht geschadet. Alexander arbeitet gerade an einem weiteren Buch über «Nora, die Piano-Katze»; es gibt Anfragen von Magazinen, Katzenspielzeugherstellern, von anderen Musikern und von unzähligen anderen Katzenhaltern, die ihrem Pelztier ebenfalls das Klavierspiel beibringen wollen. Laufend kommen Bitten um ein Autogramm beziehungsweise «Pfotogramm», berichtet Alexander: «Wir haben versucht, ihr Lebensmittelfarbe auf die Pfote zu streichen, aber das mochte sie gar nicht leiden.»
«Nora» bekommt Liebesbriefe, Heiratsanträge, aufmunternde Briefe und Videobotschaften. «Die Post ist wunderbar», freut sich Alexander. «Einmal schrieb eine Frau, ihre 13-jährige Tochter habe den Klavierunterricht schon aufgegeben gehabt. Aber als sie ‚Nora‘ sah, fing sie wieder an.» (ap)