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Max von Thun über Tolstoi, kleine Happen und große Gefühle

Max von Thun über Tolstoi, kleine Happen und große Gefühle

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Foto: ARD Degeto/Beta Film/LUX Vide
Max von Thun spielt in der Neuverfilmung des Tolstoi-Romanklassikers „Anna Karenina“ eine tragende Rolle. Im Interview gesteht der Schauspieler, dass er sich den russischen Autor erarbeiten musste. Zugleich spricht er über kleine Happen, große Gefühle und Sprachverwirrungen bei den Dreharbeiten.

München. 

Max von Thun spielt in eine tragende Rolle in der Neuverfilmung des Tolstoi-Klassikers „Anna Karenina“ (Samstag, ARD, 20.15 Uhr). Jürgen Overkott sprach mit dem Schauspieler über kleine Happen und große Gefühle.

Kennen Sie den Klitschko-­Spot mit Tolstoi?

Max von Thun: Was?

Da ging es um einen angeblich bekömmlichen Pausensnack. Schwere Kost, so lautete die Botschaft, sei Tolstoi. Stimmt das?

Von Thun: Ja, Tolstoi ist schwere Kost. Anfang 2012 – da wusste ich noch nicht, dass ich bei „Anna Karenina“ mitspiele – habe ich „Krieg und Frieden“ nach zwei vergeblichen Versuchen zum dritten Mal in Angriff genommen, und mir hat geholfen, dass das Buch vorne ein Namensverzeichnis hat. Da kommen so unglaublich viele Namen vor, und dann alle auf Russisch, dass man leicht den Überblick verliert. Bei „Anna Karenina“ gibt es Gott sei Dank nicht ganz so viele Figuren. Aber Tolstoi ist schon was anderes als John Grisham.

„Auf eine gewisse Weise immer noch modern“

Sie haben den Kampf gegen „Krieg und Frieden“ gewonnen.

Von Thun: Jetzt habe ich meinen inneren Frieden. Aber: Es ist Weltliteratur.

Wenn etwas zur Weltliteratur gehört, muss es einen emotionalen Kern haben, der die Zeiten überdauert. Was hat Sie an „Anna Karenina“ fasziniert?

Von Thun: Ich finde es toll, dass dieses alte Werk auf eine gewisse Art immer noch modern ist. Die Probleme der Figuren und die Beweggründe ihres Handelns haben etwas ganz Modernes. Da spielt der historische Rahmen mit seiner aristokratischen Welt gar nicht so eine große Rolle. Aus dem Buch kann man viel für sich herausziehen. Es geht um Liebe, und es geht um Glauben. Denken Sie an den Bischof, der aus der Reihe getanzt ist, und wie die Kirche damit umgeht.

Wie sehen Sie Ihre Rolle?

Von Thun: Hinter dem Gutsbesitzer Lewin steckt Tolstoi: ein unglücklich verliebter Mensch, dessen Heiratsantrag abgelehnt wird, weil die Frau für einen anderen schwärmt. Das stürzt ihn in eine Sinnkrise. Dazu kommt, dass er seiner Verpflichtungen am Hofe überdrüssig ist und aufs Land flieht. Er möchte die Landwirtschaft modernisieren; damals waren die Landarbeiter in Russland ungebildet und rechtlos. Und Lewin zweifelt an Gott. Das ist schauspielerisch sehr, sehr spannend.

„Es war für ihn eine Katastrophe“

Gibt es bei der Rolle eine Schnittmenge mit Ihrem eigenen Leben?

Von Thun: Meine erste ernstzunehmende Liebesgeschichte mit einer jungen Dame endete sehr dramatisch. Sie war Französin, und ihr Vater war jüdischer Abstammung, und er hat seine Familie im KZ verloren. Es war für ihn eine Katastrophe, dass seine Tochter mit einem Deutschen zusammen war. Wir haben darauf hin eine ganze Weile in Spanien gelebt, ziemlich glücklich, konnten uns aber danach fast anderthalb Jahre lang kaum sehen, weil der Vater das immer verhindert hat. Und schließlich lagen wir uns irgendwann weinend in den Armen und haben uns gesagt, es macht keinen Sinn mehr. Ich fühlte mich damals in die Tiefe geschleudert und habe das mit Musik kompensiert.

Das steckt man nicht so weg.

Von Thun: Aber sonst habe ich immer Glück gehabt.

Wie fühlten sich die historische Kostüme an?

Von Thun: Ich habe schon einige historische Sachen gemacht. Das Tolle ist: Die Verwandlung ist so extrem im Vergleich zu meiner eigenen Person, dass sie mir hilft, komplett in eine andere Rolle einzutauchen. Die Kostüme verändern auch die eigene Körperhaltung.

Eine ganz besondere Stimmung am Set

Die Dreharbeiten fanden im litauischen Winter statt. Haben Sie sich durchgezittert?

Von Thun: Die Stoffe damals waren dicker, fester und damit wärmer. Aber unter uns: Unter den Kostümen haben wir Thermounterwäsche getragen, denn manchmal wehte schon ein kalter Wind. Aber die Umstände erzeugten eine ganz besondere Stimmung im Team. Denn wichtig ist das Ergebnis.

Das Team war international.

Von Thurn: Es gab französische Kollegen, und auch amerikanische.

Wie sind Sie mit der babylonischen Sprachverwirrung umgegangen?

Von Thun: Ich habe hauptsächlich Englisch gesprochen, wir haben auf Englisch gedreht, und ich war auch in England auf der Schule. Aber meine Partnerin war Französin. Ihr Englisch war nicht das Beste, und das habe ich genutzt, um mein schlechtes Französisch zu trainieren.