Holiday on Ice holt den erfolgreichen Deutschen, der mehrfach nationaler Meister und Europameister war, als „Moderator“ für seine Geburtstagsshow. Der 53-Jährige, der zuletzt als Fotograf arbeitete, zog von New York wieder ins Allgäu. Und wollte eigentlich nie wieder in Schlittschuhen auftreten.
Essen.
Die Schlittschuhe über seiner Schulter sind älter als sein erster deutscher Meistertitel. Gerade 18 muss Norbert Schramm gewesen sein, als er sie bekam, das schwarze Leder hat Macken, aber „neue tun schrecklich weh“. Also hat er die Kufen Anfang der Woche noch einmal schleifen lassen, bei dem Mann, der das schon seit bald vier Jahrzehnten für ihn tut, daheim im Allgäu. Denn der Mann, den sie den „Künstler auf dem Eis“ nannten, braucht sie wieder: Mit 53 ist Norbert Schramm zurück bei „Holiday on Ice“.
Und zurück in Deutschland. Dabei hatte er weiter in New York wohnen wollen, er fühlte sich wohl dort, und nicht einmal eineinhalb Jahre ist es her, dass er diesen Satz sagte: „Ich will als Fotograf im Gedächtnis bleiben, nicht als Eiskunstläufer.“ Doch dann muss sein Leben wieder eine dieser Pirouetten gedreht haben, die schon auf dem Eis so erstaunlich waren – jedenfalls ist Norbert Schramm wieder da, trinkt Kakao auf dem Essener Weihnachtsmarkt und spricht von seinem „Zuhause“, das in Sonthofen sei, wo Anfang der Woche „die Berge geleuchtet“ haben im Schnee. „Vogelgezwitscher“, sagt er, „ist schon auch schön“, das gab es im Big Apple nicht. Und er lacht.
Norbert Schramm ist Priester, Dirigent, DJ und Brasilianer
Dieses breite Lächeln, von einem Ohr zum anderen, das Europa von seinem zweimaligen Meister kennt wie seine knallroten Anzüge. Er freut sich, dass „Holiday on Ice“ ihn zurückgeholt hat nach 13 Jahren, er hat ja früher schon 1600 Vorstellungen der Show gemacht, „es war die schönste Zeit meines Lebens“.
Diesmal ist Norbert Schramm der „Moderator“, er muss viel reden, sich achtmal umziehen, er ist Priester, Dirigent, Discjockey und am Ende des Abends ein Brasilianer, im „langen Fummel“ und Federn auf dem Kopf – „darin hat’s mich auch schon geschmissen“. Deshalb springt er auch nicht mehr. Er kann nicht mehr jeden Sprung stehen in seinem Alter, dann „haut’s mich hin“, und er glaubt, das stört das Publikum. Außerdem tut es ihm „fürchterlich weh, und ich soll ja jeden Tag da sein“. Manchmal sogar dreimal, in 120 Shows in diesem Winter. Schramm sagt, er tut das gern, „es ist mein Leben“.
Dieses Leben, das ihn aber auch schon als Studenten der Betriebswirtschaft sah, als PR-Mann, als künstlerischen Leiter im Europark Rust, als Event- und Werbemanager, als Coach und Künstlervermittler. Als Pilger und Marathonläufer. In der Rolle als Vater einer Tochter, in zwei gescheiterten Ehen, in Phasen, in denen vermutlich der Stress ihm zeitweise Teile des Gesichts lähmte. Und eben als Fotograf. Letzteres hat wohl damit zu tun, dass Norbert Schramm immer schon eher der Künstler war als der Sportler; schon zu seinen aktiven Zeiten bis Mitte der 80er-Jahre war er der Typ für die Kür.
Neues Punktesystem schadet dem Eiskunstlauf
Was einer der Gründe ist, warum er vom Eiskunstlauf als Leistungssport seinen „Abschied nimmt“, wie er das ausdrückt. Die Sache mit der B-Note ist immer eine schwierige gewesen bei den Preisrichtern; das neue Punktesystem, glaubt der Tänzer Schramm, hat „die Attraktivität pulverisiert“. Er guckt deshalb auch nur noch selten hin, wenn seine Nachfolger um Medaillen kämpfen, „tolle Läufer“ seien dabei, „aber zwei Stunden immer dasselbe anzuschauen, finde ich müßig“.
Trotzdem sagt Schramm „wir“, wenn er von Eiskunstläufern spricht. Aber er hat ja auch zwei Schultern: eine für die Kamera. Und die andere für seine guten, alten Schlittschuhe.