Die Schauspielerin Petra Kleinert („Doppelter Einsatz“, „Mord mit Aussicht“) steigt in die ZDF-Serie „Soko Leipzig“ ein. Im Interview verrät Petra Kleinert, was sie über starke Frauen denkt, wie wichtig ihr Psychologie ist und wie sie das Leben nach der Wende meisterte.
Leipzig.
Die Schauspielerin Petra Kleinert steigt in die Erfolgsserie „Soko Leipzig“ (Freitag, ZDF, 21.15 Uhr) ein. Ihr Start ist mit einem Special in Spielfilm-Länge verbunden. Leonie Prym sprach mit ihr über die Serie, die Rolle – und starke Frauen.
Am Freitag (4. Januar) sind Sie zum ersten Mal in der Serie Soko Leipzig zu sehen. Wie ist es, die Neue im Team zu sein?
Petra Kleinert:
Ich habe mich sehr gerne in das Team eingefunden. Manchmal hat man ja Sorgen, dass man einem anderen Kollegen etwas wegnimmt, aber das war hier überhaupt nicht der Fall. Außerdem fand ich es sehr spannende, die sozialen Beziehungen der Kollegen zu ergründen.
Können Sie ihre Rolle, Hauptkommissarin Dagmar Schnee, beschreiben?
Petra Kleinert:
Dagmar Schnee ist eine sehr emanzipierte Frau. Sie trifft schnelle Entscheidungen und ist sehr hart in ihrem Urteil. Sie ist sozial ein bisschen inkompetent. Die hat einen harten Ton am Leib und sagt, was sie denkt. Und sie hat ein kleines Wutproblem, ist schnell null auf 180. Aber sie ist so emanzipiert, dass sie sagt: „Nehmt mich so, wie ich bin.“
Dagmar Schnee arbeitet bei der Sitte.
Petra Kleinert: Ja, sie ist sehr durch ihren Job geprägt. Sie hat viel Leid und Elend gesehen, das lässt sie nicht los. Für „ihre Opfer“ kämpft sie aber unermüdlich. Und besonders wenn es um Kinder geht, zeigt sie viel Mitleid.
Petra Kleinert durfte Rolle mitentwickeln
Eine sehr taffe Frau also. Muss man um den Job von Chefermittler Hajo Trautzschke fürchten?
Petra Kleinert: Auf keinen Fall. Wenn die Rolle in diese Richtung ausgelegt wäre, hätte ich sie nicht angenommen. Andreas Schmidt-Schaller war einer der Gründe, warum ich bei Soko Leipzig eingestiegen bin. Wir kennen uns seit 18 Jahren, haben den gleichen Humor und die gleichen Werte.
Sie haben die Rolle mitentwickelt. Was war Ihnen besonders wichtig?
Petra Kleinert: Ich wollte einen modernen Ermittler schaffen. Nicht einen, der dauernd an der Würstchenbude steht, Pommes isst und so viele private Probleme mit sich rumschleppt.
Wie bei so vielen Ermittlern in der letzten Zeit…
Petra Kleinert: Natürlich soll ein Ermittler auch Ecken und Kanten haben. Aber ich finde, man sollte den Ermittler über seine Arbeit kennenlernen und nicht zuerst von den privaten Problemen erschlagen werden. Die Figur darf nicht so schwer sein, dass der Zuschauer nicht mehr atmen kann. So ist es in amerikanischen Serien. Man erfährt erst nach und nach Privates der Ermittler.
Und wie sollte ihre Rolle auf keinen Fall sein?
Petra Kleinert: Ich wollte kein verhuschtes Mäuschen spielen, dazu fehlt mir einfach auch die Körperlichkeit. Wenn sich ein Charakter aber entwickelt, habe ich nichts dagegen.
Sie spielen immer wieder starke Frauen. Das Heimchen am Herd ist also nichts für Sie?
Petra Kleinert: Nein. Warum sollte ich eine Hausfrau aus den 50er-Jahren spielen, wenn ich mich mit diesem Frauenbild einfach nicht identifizieren kann? Das ist einfach nicht mehr an der Tagesordnung.
Braucht es mehr starke Männer? Oder müssen die Frauen einfach das Ruder übernehmen?
Petra Kleinert: Das ist ein weites Feld. Ich denke, dass sich sowohl Männer als auch Frauen neu finden müssen. Ich würde mir wünschen, dass die Emanzipation so weit fortschreitet, dass diese Quotendiskussion aufhört. Der Beste soll einfach den Job bekommen.
Zurück zu Soko Leipzig: Worum geht es in der Folge „Monster“?
Petra Kleinert: Ein Sexualstraftäter, der vor 20 Jahren ein Kind missbraucht und umgebracht hat, wird aus der Haft entlassen und soll nun rund um die Uhr beschattet werden. In diesem Zusammenhang treffen Dagmar Schnee und Hajo Trautzschke aufeinander. Trautzschke hat den Mann nämlich vor 20 Jahren ins Gefängnis gebracht. Gleichzeitig passiert in Leipzig ein ähnliches Verbrechen. Es geht aber auch darum, wie das Team und auch der Sexualstraftäter damit umgehen.
„Sexualstraftäter sind ernsthaft krank“
Wie kann ein Sexualstraftäter mit diesem Thema umgehen?
Petra Kleinert: Ich möchte diese Täter nicht in Schutz nehmen, auf keinen Fall. Aber es ist ja nicht so, dass sie durch die Welt gehen und denken: „Hier bin ich und ich missbrauche mal ein Kind.“ Diese Menschen sind ernsthaft krank und meiner Meinung nach sind die Strafen für diese Täter auch immer noch zu niedrig. Aber in „Monster“ weiß der Täter um seine Krankheit und will wieder ins Gefängnis.
Das Thema ist ja starker Tobak. Nimmt man so etwas nach Drehschluss mit nach Hause?
Petra Kleinert: Ich fand die Themen Forensik und Serienmörder schon immer sehr spannend. Vor zehn Jahren habe ich nämlich überlegt, ob ich nicht anfange, Psychologie zu studieren. Da ich aber von Haus aus ein fauler Mensch bin, habe ich mich dann dagegen entschieden. Zwei so intensive Berufe kriegt man nicht unter einen Hut. Aber seitdem beschäftige ich mich auch privat mit diesen Themen.
ZDFMan wird zur Zeit fast von Krimis überschwemmmt. Um erfolgreich zu sein, muss sich eine Serie von den anderen absetzen. Soko Leipzig macht das seit fast 12 Jahren. Was ist das Geheimnis der Serie?
Petra Kleinert: Für mich ist es das angenehme und kollegiale Arbeiten. Natürlich kracht es auch mal hinter den Kulissen, aber das ist normal. Ich mag die Kollegen unwahrscheinlich gerne, sie tun mir gut. Und ich finde, dass sieht man auch im Endprodukt.
„In Leipzig freuen sich die Leute, wenn sie das Filmteam sehen“
Spielt Soko Leipzig eine besondere Rolle für den Osten?
Petra Kleinert: Auf jeden Fall. Der Osten identifiziert sich mit dieser Serie. In Berlin oder Hamburg gehört es fast zur Tagesordnung, wenn irgendwo ein Filmteam dreht, da sind die Leute eher genervt, weil die Straßen gesperrt sind und keinen Parkplatz finden. Aber in Leipzig freuen sich die Leute noch, wenn sie das Filmteam sehen.
Sie sind in Jena geboren, waren 21 als die Mauer fiel. Wie war die Zeit vor dem Mauerfall für Sie als Schauspielerin?
Petra Kleinert: Es war eine sehr spannende Zeit. Man hat in unserem Beruf versucht, etwas zu verändern und Haltung zu zeigen. Wir waren rebellisch und versuchten – etwa bei den Mai-Demos – die Welt zu verändern.
Und was hat sich nach dem Mauerfall geändert?
Petra Kleinert: Es war eine große Befreiung für mich. Natürlich hatte ich auch Ängste. Ich habe mich gefragt, ob ich als Schauspielerin gut genug bin und das Leben überhaupt schaffe. Wir wussten ja nicht mal, wie man eine Krankenversicherung abschließt. Ich war einfach froh, dass der Staat nicht mehr da war. Ich habe zwei Gesellschaftsordnungen kennengelernt, das hat mich geprägt.