Worum geht es Wladimir Putin wirklich im Ukraine-Konflikt? Die Anerkennung der autonomen „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk könnte erst der Anfang gewesen sein. Seit der Annexion der Krim 2014 scheint Putin ein Stück nach dem nächsten aus dem Staatsgebiet der Ukraine abtrennen zu wollen.

Geht es Wladimir Putin um den Donbass, auch Donezk-Becken genannt, das große Steinkohle- und Industriegebiet im Osten der Ukraine? Oder will Russland sogar bis zur Hauptstadt Kiew vorrücken? Experten haben düstere Befürchtungen.

Ukraine-Konflikt: Nur Donbass oder bis nach Kiew – will Putin das ganze Land erobern?

Russland-Expertin Sarah Pagung von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik spricht von unterschiedlichen Szenarien, die nun möglich erscheinen. In der ARD-Talkshow „Hart aber fair“ hielt sie am Montagabend ein „schrittweises Vordringen Russlands“ für wahrscheinlich. „Letzten Endes könnte auch Ziel dessen sein, wirklich Kiew zu erreichen und ein neues Regime in der Ukraine einzusetzen“, so Pagung.

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Ukraine und Russland im Vergleich:

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Will Putin eine Russland-treue Regierung in Kiew?

Die Expertin hält es aber für nicht sehr realistisch, dass Putin auch den Westen der Ukraine militärisch erobern will. „Zum einen, weil dafür die Truppen, die wir jetzt an der Grenze sehen, doch relativ knapp bemessen sind, und weil die Kosten so eines Besatzungsregimes enorm wären“, so die Russland-Kennerin in der ARD-Sendung.

Das Ziel müsste aber aus Sicht des Kreml gar nicht unbedingt eine Teil- oder Gesamtbesetzung der Ukraine sein, sondern es könnte Putin auch ausreichen, das Land soweit zu destabilisieren, dass es einknickt und die russische Vormachtstellung akzeptiert, weil ansonsten die Kosten für den Widerstand für die Menschen und die Wirtschaft zu groß werden. Damit wäre auch der Nato-Beitritt endgültig vom Tisch und es würde ein Moskau-treues Regime geben.

+++ Ukraine und Russland kurz erklärt: Warum gibt es den Konflikt überhaupt? +++

Professor Thomas Jäger, Politikwissenschaftler an der Universität zu Köln, geht davon aus, dass der Fortgang der Krise entscheidend vom Verhalten der ukrainischen Regierung in Bezug auf die Abspaltung der selbsternannten „Volksrepubliken“ Donesk und Luhansk abhängen wird. In einem Interview mit „Focus Online“ erklärt Jäger: „Versucht sie die Abspaltung zu verhindern? Das würde einen militärischen Konflikt auslösen. Russland könnte sich durch die Anerkennung der beiden Separatistenrepubliken jetzt den Weg für einen Einmarsch in die Ostukraine ebnen.“

Hier die politische Karte der Ukraine:

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Aktuell werden die beiden „Volksrepubliken“ nur zur Hälfte von den russisch-treuen Separatisten gehalten. Das ukrainische Militär konnte die Abtrünnigen zurückdrängen. Brechen nun neue Kämpfe aus, könnte Putin als „Schutzmacht“ für die russische Bevölkerung eingreifen und ein offener Krieg auf dem Territorium der Ukraine würde ausbrechen.

Bereits am Montagabend hat der russische Präsident sogenannte „Friedenstruppen“ in die Gebiete geschickt. Es befinden sich somit offiziell russische Panzer und anderes militärisches Gerät auf ukrainischem Boden.

+++ Ukraine-Konflikt im News-Blog: Was tut Putin jetzt? +++

Professor: Ukrainische Regierung „in einer katastrophalen Situation“

Professor Jäger sieht die ukrainische Führung im Gespräch mit „Focus Online“ daher in einem Dilemma: „Die ukrainische Regierung ist hier in einer katastrophalen Situation: Reagiert sie nicht, wird Selensky [Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, Anm. d. Red.] sehr stark an Unterstützung verlieren. Reagiert sie und setzt Putins Truppen etwas entgegen, liefert sie Russland einen Kriegsgrund und der Konflikt würde sich auch auf die Regionen außerhalb des Donbass übertragen.“

+++ Ukraine-Konflikt: Die 5 Gründe sprachen gegen einen Krieg +++

Ukraine-Konflikt: ARD-Korrespondentin sieht Putin auf „historischer Mission“

Ina Ruck, ARD-Korrespondentin in Moskau, geht davon aus, dass sich Wladimir Putin in einer „historischen Mission“ sieht, die „Ukraine zurück zu holen zu Russland“. In den „Tagesthemen“ ging sie auf Putins Statement am Montag ein, in dem er davon sprach, dass die Ukrainer und Russen ein Volk seien.

In dieser Ansprache bezeichnete er es als Fehler, dass der Ukraine von Lenin die Unabhängigkeit gewährt wurde. „Die Ukraine ist für uns nicht nur ein Nachbarland. Sie ist ein unabdingbarer Teil unserer eigenen Geschichte und Kultur“, so Putin.

Will Putin also die Zeit zurückdrehen? Ina Ruck kann aktuell aber auch nur rätseln, ob der Donbass Putin am Ende ausreichen wird.

Ukraine-Konflikt: Putins Außenminister Lawrow wird deutlich

Am Dienstag dann sorgte Putins Außenminister Sergej Lawrow für den nächsten Paukenschlag. Gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Interfax sprach er der Ukraine das Recht auf Souveränität ab. Dieses hätten nur Staaten, die das gesamte Volk auf ihrem Territorium repräsentieren. Seit 2014 sei das für die Ukraine nicht mehr der Fall.

Offenbar geht es der russischen Führung tatsächlich um die gesamte Ukraine!