Warum die Stadt Essen Flüchtlinge nicht in leer stehenden Hochhäusern unterbringen will und Planungsdezernent Hans-Jürgen Best für sozial durchmischte Siedlungen wirbt – notfalls auf der grünen Wiese.
Essen.
Die Pläne der Stadt Essen gegebenenfalls auch Landschutzgebiete zu bebauen, um dort feste Unterkünfte für bis zu 6000 Flüchtlinge zu schaffen, stößt vor Ort auf wachsenden Protest. In Kray-Leithe haben sich Anwohner in Bürgerinitiativen organisiert, in Bedingrade am Rande des Hexbachtals steht eine solche vor der Gründung. Bürger und auch Umweltverbände werfen die Frage auf, warum die Stadt nicht auf leerstehende Immobilien zurückgreift, statt schützenswerte Landschaft zu bebauen. Werden doch selbst Hochhäuser wie das Iduna-Haus oder das ehemalige Bosch-Haus am Hauptbahnhof seit Jahren nicht mehr genutzt.
Laut Planungsdezernent Hans-Jürgen Best scheiden diese beide Immobilien aufgrund erheblicher Brandschutzmängel aus. Die Stadt habe den Eigentümern untersagt, die Gebäude weiter zu nutzen – in der Hoffnung, dass investiert werde. Kurzfristig stehen beide Immobilien nicht zur Verfügung.
Grüne wollen Liste mit Immobilien vorlegen
Das Iduna-Haus wurde zwar inzwischen versteigert. Über die Pläne des neuen Eigentümers ist der Stadt laut Best nichts bekannt.
Die Grünen wollen der Verwaltung eine Liste mit weiteren leerstehenden Immobilien vorlegen. Nach Angaben der Verwaltung kommen die meisten davon nach einer ersten Einschätzung ebenfalls für den gewünschten Zweck nicht in Betracht. Sei es, weil der Eigentümer das Gebäude der Stadt nicht anbietet, was beim Rheinstahlhaus der Fall sei. Sei es, weil der Sanierungsaufwand zu groß, dass es unwirtschaftlich wäre, Geld in einen Umbau zu stecken. Dies sei beim ehemaligen Autobahnbauamt an der Henri-Dunant-Straße der Fall. Sechs Millionen Euro, so heißt es von Seiten der Verwaltung, wären zu investieren.
Stadt Essen hat 280 Wohnungen für Flüchtlinge gemietet
Grundsätzlich sei die Stadt bemüht, Flüchtlinge in leerstehende Wohnungen zu vermitteln, heißt es im Amt für Soziales und Wohnen. 280 Wohnungen wurden bislang für diesen Zweck angemietet. „Das müssen mehr werden“, räumt Behördenchef Hartmut Peltz ein. Flüchtlinge auf Wohnungen zu verteilen könne jedoch nur „der zweite Schritt“ sein, benötigten Neuankömmlinge doch eine soziale Betreuung. Eine solche wäre in Hochhäusern leichter zu gewährleisten, eine Unterbringung dort wird in Verwaltung und Politik dennoch skeptisch gesehen. Es stelle sich die Frage, ob die Stadt so nicht soziale Ghettos schaffen würde, gibt Uwe Kutzner, planungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, zu bedenken.
Planungsdezernent Hans-Jürgen Best wirbt deshalb dafür, sozial gemischte Quartiere zu schaffen, in denen der Anteil der Flüchtlinge 15 bis 20 Prozent nicht übersteigt. Nur so könne die Integration der Flüchtlinge gelingen. Best zeigt sich der Forderung gegenüber offen, solche Siedlungen wenn möglich dort zu bauen, wo heute Zeltdörfer als provisorische Unterkünfte herhalten. Wenn es aber nicht anders gehe, müsse eben auf der grünen Wiese gebaut werden, so der Planungschef. Letztlich gehe es für die Politik darum abzuwägen zwischen Landschaftschutz und einer menschenwürdigen Unterbringung.
Derweil will die große Koalition aus SPD und CDU offenbar dem weit verbreiteten Eindruck entgegen treten, wonach Freiflächen nur deshalb mit Unterkünften für Flüchtlingen bebaut werden sollen, um den Boden als teures Bauland zu versilbern. Dass es einen Zusammenhang gibt, lässt sich nicht von der Hand weise. „Diese Stadt entwickelt sich anders, als es alle Prognosen vorausgesagt haben“, betont Best.
Sie wächst.