An Rhein und Ruhr.
Bisher gelten NRW und das Ruhrgebiet nicht gerade als Pioniere auf dem Weg zum kostenfreien Internet für alle. Aber nun treiben ehrenamtliche „Freifunker“ an Rhein und Ruhr voran, was die Städte bisher nur in Ansätzen schafften. Sie spinnen ein Netz von Routern, die über Funk Kontakt zueinander aufnehmen. Innerhalb dieses Netzes kann jeder gebührenfrei und anonym ins Internet. Immerhin 3300 Menschen machen mittlerweile mit – Ende letzten Jahres waren es erst 1000. Sie stellen freie Kapazitäten ihres privaten Router öffentlich zur Verfügung.
Wer Glück hat und in den richtigen Vierteln von Essen oder Düsseldorf wohnt – dort gibt es allein 450 Anbieter – kann so öffentlich ohne jedes Hindernis ins Internet. Erstaunlich dabei: kleinere Kommunen in Westfalen wie Arnsberg und Iserlohn tun sich deutlich leichter bei der Kooperation mit der privaten Initiative als die Großstädte an Rhein und Ruhr.
In Arnsberg beispielsweise gibt es bereits seit Mai 2014 das größte, flächendeckende WLAN-Netz in Deutschland, so Hans-Jörg Etzler vom Arnsberger Verkehrsverein. „Für kleine Kommunen ist Freifunk die beste Chance, ein W-LANNetzwerk in der City aufzubauen.“
Jedes Rathaus hat eigene Pläne
Immerhin: Der Regionalverband Ruhr (RVR) prüft derzeit die Zusammenarbeit mit den Freifunkern. Fernziel: Freier Internetzugang für alle Revierbürger. Auch Witten hat die Gelegenheit genutzt, ohne großen Etat ein WLAN-Netz einzurichten. „Die Arbeit mit Freifunk funktioniert gut. Wir als Stadt haben bereits zehn Router gekauft und werden das noch erweitern“, sagt Andreas Hasenberg, IT-Leiter der Stadt Witten. Insgesamt stehen 130 Router in Witten. Jedes Rathaus schmiedet seine eigenen Internet-Pläne. Oberhausen hat zum Beispiel noch kein öffentliches WLAN, steht aber in Kontakt mit den Freifunkern, ebenso Essen.
Bottrop will erst abwarten, wie der Bund das Thema „Störerhaftung“ regelt. Die, so versichert der Verein mit Sitz in Mönchengladbach, ist dabei kein Thema: „Wir sind Provider wie die Telekom oder Vodafone, nur eben im Kleinstformat. Und für Provider gilt die Störerhaftung nicht“, erklärt Reiner Gutowski von Freifunk Rheinland. Und der Nutzer bleibt sowieso anonym. Bisher müssen zum Beispiel Gastronomen, die ihren Kunden Gratis-Internet anbieten, für illegale Downloads der Kunden haften.
In der Grenzstadt Kleve erhofft man sich durch kostenloses und flächendeckendes WLAN einen Zugewinn vor allem im touristischen Bereich. Jedes Jahr besuchen Tausende Niederländer die Schwanenstadt: „Wenn unsere Gäste umsonst ins Internet kämen und keine Roaming-Gebühren mehr bezahlen würden, wäre das gut für den Tourismus“, sagt Stadtsprecher Jörg Boltersdorf. Erst in der vergangenen Woche haben die Klever Kontakt mit den Freifunkern gehabt. Ob sie deren Modell bewerben wollen, werden sie demnächst entscheiden. Einige Klever Unternehmer haben sich bereits Router angeschafft: „Das Netz spannt sich immer weiter“, sagt Boltersdorf.
Auch in der Kreisstadt Wesel läuft die Diskussion über kostenlose Internetzugänge. „69 Prozent aller über 14-Jährigen nutzen ein Smartphone und wollen mobil ins Internet“, sagt Citymanager Thomas Brocker, „natürlich ist das für uns ein Thema.“ Welches Modell für Wesel attraktiv sein könnte, darüber werde noch im Wirtschaftsausschuss debattiert – neben den Freifunkern bieten auch kommerzielle Unternehmen Konzepte an, etwa werbefinanzierte. Klar ist für Brocker: „Mit kostenlosem WLAN könnten wir den Handel stärken, etwa indem wir die Kunden über Angebote informieren.“
Düsseldorf übernimmt Ausbau
Ohne weitere Kosten können die Besucher das Düsseldorfer WLAN nutzen. Die Stadt hat hier den Ausbau übernommen. 32 Hotspots gibt es im Zentrum. In diesen Tagen sollen weitere 20 hinzu kommen. Die Besucher melden sich online an und können unbegrenzt surfen. Aber auch die Freifunker waren fleißig in Düsseldorf. So sind über die Stadt etwa 450 Freifunk-Router verteilt. Zum Vergleich: In Hamburg gibt es etwa 790 Anschlüsse, in Berlin um die 350.