Für viele Bezieher von Bürgergeld reicht das Geld im Monat vorne und hinten nicht aus. Mit dem Regelsatz von 502 Euro müssen Bedarfe wie Kleidung, Lebensmittel, Mobilität oder Freizeitaktivitäten gedeckt werden. Die Miete oder Heizungskosten übernimmt das jeweilige Jobcenter.
Ein Fall sorgt jetzt für Aufsehen. So wird einer Bürgergeld-Bezieherin eine wichtige Hilfe vom Jobcenter verweigert. Helena Steinhaus, Gründerin und Geschäftsführerin von sanktionsfrei e.V., teilte den Fall auf Twitter. So äußert sich die Bundesagentur für Arbeit (BA).
Bürgergeld: Bezieherin benötigt Kühlschrank
„Frau W. hat eine Augenkrankheit und muss Medikamente im Kühlschrank lagern. Der ist kaputt, taut mehrmals pro Woche auf“, schreibt Steinhaus auf Twitter. Die betroffene Frau verlangt vom Jobcenter ein Darlehen für einen neuen Kühlschrank. Doch laut Steinhaus werde das vom Jobcenter abgelehnt. Frau W. solle Geld aus dem Regelsatz ansparen.
Da der Regelsatz allerdings auch aufgrund der steigenden Preise und der anhaltend hohen Inflationsrate oft nicht einmal mehr zum Einkaufen reicht, können Betroffene auch nicht wirklich Geld auf die hohe Kante legen. So seien beim Bürgergeld 2,55 Euro im Monat für Ansparungen vorgesehen. „Selbst wenn Frau W. einen gebrauchten Kühlschrank für 150 Euro hätte kaufen wollen, müsste sie dafür 58 Monate sparen“, kritisiert die sanktionsfrei-Gründerin.
Wie Steinhaus weiter berichtete, habe ein Rechtsanwalt bereits beim zuständigen Sozialgericht einen Eilantrag gestellt. Doch trotz dessen sind zwei Monate vergangen, in denen Frau W. ihre Medikamente nicht richtig lagern könne.
Bürgergeld: Das sagt die Arbeitsagentur zu den Vorwürfen
Auf Anfrage dieser Redaktion äußerte sich die Bundesagentur für Arbeit (BA) so: „Leider können wir keine Aussage zur Ablehnung des Jobcenters treffen, da wir den konkreten Sachverhalt nicht kennen.“ Es handele sich um eine Einzelfallentscheidung des Jobcenters.
Aber: „Sofern die betroffene Person mit der Entscheidung des Jobcenters nicht einverstanden ist, kann sie zunächst ins Widerspruchsverfahren gehen und im Anschluss eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen“, rät die Bundesagentur.
Bürgergeld: In diesem Fall gibt es ein Darlehen vom Jobcenter
Ob ein Darlehen gewährt wird oder nicht, ist gesetzlich geregelt. Ein Darlehen wird dann gewährt, wenn ein, vom Regelbedarf umfasster und nach den Umständen absolut notwendiger Bedarf nicht gedeckt werden kann (§ 24 Absatz 1 SGB II).
Allerdings: Die Bewilligung eines Darlehens scheidet nach Paragraf 24 aus, wenn kurzfristig (finanzieller) Bedarf besteht, die aus angesparten Rücklagen gedeckt werden könnten. Beispiel: Der Ersatz eines Haushaltsgerätes.
„Nur, wenn die Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs aus mehreren Monaten nicht ausreichen und auch kein Vermögen vorhanden ist, prüfen die Jobcenter die Bewilligung eines Darlehens“, teilt die Bundesagentur mit. Die bürgergeldberechtigte Person müsse zunächst andere Möglichkeiten nutzen, zum Beispiel gebrauchte Geräte kaufen. Was allerdings feststeht: Auch, wenn das Jobcenter ein Darlehen gewährt, bestehe trotzdem kein Anspruch auf Leistungen, um fabrikneue Gegenstände zu kaufen.
Bürgergeld: Unterschied zwischen Erst- und Ersatzbeschaffung
Grundsätzlich gilt laut BA, dass bei einem Kauf eines Kühlschranks zwischen einer Erst- und einer Ersatzbeschaffung unterschieden werden muss. Der konkrete Fall, von dem Helena Steinhaus berichtete, stellt eine Ersatzbeschaffung dar, „weil ein entsprechendes Haushaltsgerät vorher bereits vorhanden war“, so die BA.
Bürgergeld-Bezieher können beim Einzug in eine neue Wohnung einen Anspruch auf eine Erstausstattung haben, wenn sie bislang keine Ausstattung besessen haben. Diese werde gemeinsam mit Haushaltsgeräten gesondert erbracht. Laut BA obliegt die rechtliche Ausgestaltung der Leistungserbringung der eigenen Verantwortung des Jobcenters.
Weitere Themen:
„Das bedeutet, dass das Jobcenter je nach kommunalen Gegebenheiten entscheidet, ob für eine Erstausstattung (zum Beispiel einen Kühlschrank) Geld für einen Kauf oder ein Warengutschein (zum Beispiel für ein Möbelhaus, in dem gebrauchte Waren angeboten werden) gewährt wird“, teilt die Bundesagentur auf Anfrage mit.