Die 16-jährige Tuana Kalkan aus Gelsenkirchen verfolgt Fußball leidenschaftlich – und so auch die EM 2024. Für DerWesten.de schreibt die Gymnasiastin aus Gelsenkirchen auf, wieso sie sich aus einer Familie mit türkischen Migrationshintergrund manchmal wie zwischen den Stühlen fühlt.
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Ähnlich wie Ilkay Gündogan (Kapitän der deutschen Elf) und Hakan Çalhanoğlu (Spielführer der Türken), die beide in Deutschland aufwuchsen, ist es bei ihr auch besonders zu EM-Zeiten eine Frage der Identität und Zugehörigkeit.
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„Ich persönlich unterstütze beide Nationalmannschaften. Viele Deutsch-Türken aus meiner Generation sitzen zwischen zwei Stühlen, weil sie hier in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und dennoch auch mit der türkischen Kultur, Sprache und der Mentalität aufwachsen.
Zuhause wird oft Türkisch gesprochen, während in der Schule Deutsch gesprochen wird. In den Ferien fliegen oder fahren viele in die Türkei und besuchen dort Familienmitglieder. In der Schule lernt man christliche Feiertage wie Ostern und Weihnachten kennen, aber gleichzeitig feiern wir islamische Feste wie Ramadan.
Bei Türkei sind viele „mit mehr Emotionen“ dabei
Dadurch entsteht oft eine Identitätskrise bei Deutsch-Türken. Wo ist meine Heimat? Bin ich deutsch oder türkisch? Oder bin ich doch vielleicht beides? Man weiß nie, wo man wirklich zugehört.
Viele Deutsch-Türken in meinem Umfeld unterstützen und bevorzugen die türkische Nationalmannschaft mehr als die deutsche. Woran das liegt? Ich denke, sie wollen den Bezug zur Türkei, zu Traditionen und der Kultur nicht verlieren und die Sprache nicht verlernen. Dies führt dann dazu, dass man das Land seiner Eltern bevorzugt, weil man es überall im Familienkreis und oft auch im Freundeskreis so mitbekommt. Man ist bei der Unterstützung der Türkei mit mehr Emotionen erfüllt.
Hinzu kommt der Nationalstolz, der bei Türken oft stärker ausgeprägt ist. Aus meiner Sicht ist Patriotismus etwas Schönes und bringt eine Nation zusammen. Jedoch kann Nationalstolz zu weit gehen und schnell zu Hass führen. Vor allem beim Fußball zeigt sich leider, wie sich gesunder Nationalstolz schnell zu übertriebenem Nationalismus entwickeln kann.“
verfasst von Tuana Kalkan