Es sind die Top-Themen in Deutschland: irreguläre Migration und Asyl. Obwohl die Zahl der Asylbewerber in diesem Jahr deutlich unter dem Vorjahresniveau liegt, bestimmt die Debatte derzeit alles. Vor allem auch die Landtagswahlen in Ostdeutschland. In Brandenburg wird noch gewählt. Bei Caren Miosga geht es am Sonntag (15. September) ebenfalls um den Asylstreit zwischen CDU/CSU und der Ampel-Koalition.
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Dabei nimmt eine Frau die Gegenposition ein – und macht den weiteren Gästen Hendrik Wüst (CDU) und Migrationsforscher Gerald Knaus Vorwürfe.
Asyl-Notstand in Deutschland? Wüst: „Überforderung“
NRW-Ministerpräsident Wüst setzt in der ARD-Talkshow von Caren Miosga auf einen anderen Tonfall als sein Parteichef Friedrich Merz. In der Sache sieht er es aber ähnlich. Man sei „am Rande oder mittendrin in einer Überforderung“ durch die irreguläre Migration. Der NRW-Ministerpräsident verweist auf Grundschullehrerinnen, die Kinder ohne Deutschkenntnisse in den Klassen haben. Oder auf Bürgermeister, die nicht mehr wüssten, wo sie neue Asylbewerber noch unterbringen sollen.
Auch wenn die Asyl-Zahlen 2024 abgenommen haben, würden die Menschen noch auf die bisherigen Geflüchteten in Deutschen obendrauf kommen. Was zudem in der Statistik nicht auftauche, seien die Ukrainerinnen und Ukrainer.
Talk bei Caren Miosga: Erzählung in Politik und Medien außer Rand und Band?
Deutschland also in einem Notstandszustand? Autorin und Journalistin Gilda Sahebi hält dagegen und kritisiert in der Talkrunde die Aussagen von Wüst, aber auch von Migrationsforscher Knaus.
„Wenn ich mich nicht seit Jahren intensiv mit Migration beschäftigen würde, dann würde ich, wenn ich Ihnen beide zuhöre, total Panik bekommen. Ich hätte das Gefühl, ganz viele Menschen stehen vor den Toren Deutschlands und Europas – und alle wollen rein. Und wenn wir jetzt nicht sofort was machen, dann passiert etwas ganz Großes. Irgendwas passiert oder explodiert. Es klingt so, als wäre das die letzte Chance, etwas zu tun, bevor Deutschland den Bach runtergeht.“
Gilda Sahebi in der ARD-Sendung
Die Deutsch-Iranerin betont im Miosga-Talk, dass das schlicht nicht wahr sei. Seit den 1980er-Jahren würden diese Debatten so geführt. Immer sei die Rede davon, dass es „5 vor 12“ oder das Boot voll sei.
Werden Ängste geschürt?
Man müsse, so ihre Forderung, in Ruhe über die Lage sprechen. Stattdessen gebe es derzeit jedoch eine Erzählung, die Menschen Angst mache. An einem Beispiel aus der Medizin versucht sie ihren Punkt klarzumachen. Jedes Jahr würden in Deutschland 15.000 bis 20.000 Menschen an Krankenhausinfektionen versterben. Doch das werde in Medien und in der Politik kaum thematisiert und darum würden diese Infektionen in Umfragen überhaupt keine Rolle spielen.
„Wenn jetzt Politiker und Medien jeden Tag über dieses Thema sprechen würden, und wie schrecklich das ist, und dass man sofort was tun muss – ich garantiere Ihnen, dann hätten 80 Prozent der Menschen Angst davor.“
Gilda Sahebi bei Miosga
NRW-Regierungschef Wüst hält dagegen. Es könne nicht sein, dass Asyl-Probleme heruntergespielt werden. Man müsse besonnen und konstruktiv verhandeln und debattieren, „aber was wir nicht machen dürfen, ist beschönigen und totschweigen“.
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Sahebi zweifelt nicht an, dass Schulen und Kommunen überlastet seien. Was sie aber nicht akzeptiert, ist eine Erzählung, wonach das Problem an den Migranten liegt. Deutschland habe es verpasst, genug Lehrkräfte einzustellen, ausreichend Kita-Plätze zu schaffen und günstigen Wohnraum zu bauen. Es sei „das ganz altes Narrativ: wir gegen die“. Da würden Union und AfD zusammenkommen – was Wüst direkt abstreitet.
Der CDU-Politiker konfrontiert Sahebi im Miosga-Talk mit dem Beispiel der Ukraine-Geflüchteten. Kurz nach dem Überfall Putins 2022 seien 40.000 Kinder aus der Ukraine nach NRW gekommen. Ein unvorhersehbares Ereignis. Um das abzufedern, hätte NRW aber schon vor sieben Jahren die benötigten Lehrkräfte ausbilden müssen. Das könne man doch „nicht einfach wegwischen“. Es sei nicht die Debatte, die Menschen Angst mache, sondern die reale Situation, so Wüst.
Die beiden Miosga-Gäste kommen nicht überein in der ARD-Runde. Sahebi beharrt darauf, dass der überwiegende Teil der Menschen im Alltag überhaupt keine direkten und persönlichen Informationen über Migration mitbekomme, sondern vor allem aus den Medien.