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Merz, AfD, Streit im Bundestag: Das denkt das Ausland jetzt über uns

Wie reagiert das Ausland auf die historische Woche im Deutschen Bundestag, in der die Union erstmals mit der AfD für eine Mehrheit sorgte?

Friedrich Merz
© IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Proteste nach Unionsvotum mit der AfD: Das sagen Demonstranten

Nach der Abstimmung mit der AfD haben tausende Demonstranten vor der CDU-Zentrale, dem Konrad Adenauer-Haus, in Berlin protestiert. Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen.

Erstmals hat die Union mit Stimmen der AfD einen Antrag durch das Parlament gebracht und damit – in den Augen vieler Menschen – für einen Tabubruch gesorgt. Wie bewertet das Ausland die historische Woche so kurz vor der Bundestagswahl?

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Die italienische Zeitung „La Repubblica“ rechnet mit dem Merz-Manöver ab: „Mit diesem Schritt bricht der wahrscheinlich künftige Bundeskanzler ein Tabu, das bislang in Deutschland galt – aus offensichtlichen historischen Gründen. Und er löscht das gesündeste Erbe aus der langen Ära von Angela Merkel aus, Merz‘ großer Rivalin, die sich stets an den Imperativ ‚Niemals mit der AfD‘ gehalten hatte. (…) Dieser Tag wird traurig in die Geschichte eingehen.“

Merz-Vorstoß macht „Verhandlungen mit SPD und Grünen nach der Wahl schwieriger“

Die österreichische Tageszeitung „Die Presse“ findet ebenfalls kritische Worte für die Anträge von Merz und seiner Union: „Indem er zwei Anträge und eine Gesetzesänderung noch vor der Wahl im Bundestag einbringt, zementiert er seine Position.“ Das mache Verhandlungen mit SPD und Grünen nach der Wahl schwieriger.

„Denn Merz schließt aus, mit der AfD zu regieren. Und für eine Mehrheit mit der FDP dürfte es kaum reichen. Das heißt auch: Die Chance ist groß, dass Merz eine Lösung vorschlägt, die er gar nicht umsetzen kann.“ Es sei denn, so „Die Presse“, Merz würde die Brandmauer einreißen. „Dann hätte Europa seine politische Mitte verloren.“

NZZ: Bruch mit Merkel-Kurs „wäre gut für die Demokratie“

Die portugiesische Zeitung „Publico“ äußert Verständnis dafür, dass Merz das Thema aufgreift, kritisiert ihn aber für seine fehlende Vorbereitung: „Die Einwanderung ist ein Thema, das die Parteien der Mitte angehen müssen, da die Gefahr besteht, dass das Gespräch von der radikalen Rechten dominiert wird, die ihre eigene Fremdenfeindlichkeit und ihren Rassismus in dieses Thema einbringt. Leider hat die politische Mitte eine Unfähigkeit und Unvorbereitetheit an den Tag gelegt, die ein Thema von solcher Bedeutung nicht verdient hat.“

Die schweizerische Neue Zürcher Zeitung (NZZ) kann dem Merz-Kurs etwas abgewinnen. Sie schreibt: „Für den CDU-Chef Merz ist Merkels Intervention gefährlich, denn immer noch gibt es in der Partei viele Anhänger der so wenig konservativen und dafür umso Grün-affineren Alt-Kanzlerin.“

Und weiter: „Bleibt die Partei aber trotzdem geschlossen – und dafür spricht der in der CDU-DNA eingeschriebene Wille zur Macht –, dann ist das eine große Chance für die Partei. Sie könnte endlich und ein für alle Mal mit dem Merkel-Kurs brechen. Das wäre gut für die Demokratie in Deutschland – war es doch Merkels ‚Refugees welcome!‘-Politik, die eine riesige Repräsentationslücke rechts von der Union aufriss und das Erstarken der AfD erst ermöglichte.“