Busse und Straßenbahnen, Kitas, Müllabfuhr – die Verdi-Streiks im öffentlichen Dienst haben in den vergangenen Wochen immer wieder weite Teile des täglichen Lebens lahmgelegt. Die Gewerkschaftsmitglieder wollten damit bei den Tarifverhandlungen ein starkes Ergebnis durchsetzen.
Nachdem die Fronten zwischen den Arbeitgebern von Bund und Kommunen einerseits sowie den Gewerkschaften andererseits völlig verhärtet waren und auch die Arbeitskämpfe nichts bewegten, kam es zu einer sogenannten Schlichtung (>>> hier mehr dazu) – und am Sonntag (6. April) zu einer Einigung. Doch sind die Verdi-Streiks damit vom Tisch? Daran gibt es Zweifel. Denn unter den Gewerkschaftsmitgliedern sind Wut und Unverständnis groß.
Verdi-Chef über Tarif-Einigung: „Schwieriges Ergebnis“
Dass das Ergebnis der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen nicht der große Wurf für die Beschäftigten ist, sehen auch die Verhandlungsführer so. „Mehr war eben nicht drin“, betonte Karin Welge aus Sicht der kommunalen Arbeitgeber mit Verweis auf die leeren Kassen. Verdi-Chef Frank Werneke sagte für die Arbeitnehmerseite: „Es ist ein schwieriges Ergebnis in schwierigen Zeiten.“ Für die Gewerkschaft „dbb Beamtenbund“ erklärte Volker Geyer: „Das waren harte Verhandlungen, das waren zähe Verhandlungen. Wir mussten jeden Cent, jede Minute und jeden noch so kleinen Fortschritt der Arbeitgeberseite von Bund und Kommunen abringen.“
+++ Deutsche Post: Nach Streiks und Einigung – jetzt der Kahlschlag +++
Die Gewerkschaften waren mit einer Forderung nach 8 Prozent mehr Einkommen bei einer Tarifvertragslaufzeit von 12 Monaten ins Rennen gegangen. Das sind die nun vereinbarten Eckdaten der Einigung für den öffentlichen Dienst in den Kommunen und beim Bund:
- 3 Prozent mehr Einkommen rückwirkend zum 1. April 2025
- 2,8 Prozent mehr Einkommen ab Mai 2026
- Höheres „Weihnachtsgeld“ ab 2026
- Zusätzlicher Urlaubstag ab 2027
- Höhere (Wechsel-)Schichtzulagen
- Arbeitnehmer können freiwillig ihre Wochenarbeitszeit auf bis zu 42 Stunden erhöhen oder Teile des „Weihnachtsgeldes“ in bis zu drei freie Tage umwandeln.
- Laufzeit des Tarifvertrags bis März 2027
Gewerkschaftsmitglieder wütend: „Wofür haben wir gestreikt?“
Statt 8 Prozent mehr Geld für 12 Monate nun also 5,8 Prozent gestreckt über 27 Monate – trotz der wochenlangen Verdi-Streiks im öffentlichen Dienst liegen Forderung und Ergebnis weit auseinander. Viele Verdi-Mitglieder sind auf 180, wie zum Beispiel auf der Facebook-Seite der Gewerkschaft Hunderte Kommentare belegen. „Wofür haben wir gestreikt? Für diese beschissene Einigung?“, fragt ein Mitglied. Ein anderer Nutzer schreibt: „Das ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Mitarbeiters im ÖD.“ Ein weiterer Kommentar: „Sehr schlecht. Also, das ist echt ’ne Frechheit.“ Ein anderer Gewerkschafter meint in Richtung Verdi: „Mut habt ihr ja, uns DAS als Ergebnis zu präsentieren. Es ist so unterirdisch, dass man gar nicht mehr weiß, was man dazu noch sagen soll.“ Und noch ein Kommentar: „Wozu werden überhaupt Forderungen aufgestellt? Man verlangt 8 Prozent bei 12 Monaten. ‚Verhandelt‘ bekommt man dann unglaubliche 5,8 Prozent auf 27 Monate. Sorry, aber dafür braucht man keine Verhandlungen führen.“
Und immer wieder kommt in der Diskussion zur Sprache, dass die Mitglieder der Einigung nicht zustimmen sollten. Neue Verdi-Streiks im öffentlichen Dienst wären die Folge. So schreibt ein Nutzer: „Jetzt ist es dann an den Mitgliedern, der Gewerkschaft und den Arbeitgeberverbänden zu zeigen, was man von dem Ergebnis hält… Einfach bei der Versammlung gegen das Ergebnis stimmen.“ Ein anderes Mitglied schreibt: „Ich hoffe, die Mitglieder geben in der Abstimmung über das Ergebnis dem Vorstand und der Verhandlungskommission die passende Antwort.“ Und noch ein Gewerkschafter meldet sich, bringt es auf den Punkt: „Jetzt haben wir Mitglieder es in der Hand und dürfen dem Abschluss nicht zustimmen!“
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Dass die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und somit auch die Verdi-Streiks vom Tisch sind, ist also noch nicht ausgemachte Sache. Wie groß bei den Beschäftigten die Sorge um den öffentlichen Dienst ist, zeigt unterdessen zum Beispiel diese Aussage: „Dieses Ergebnis wird dafür sorgen, dass noch mehr Personal in die normale Wirtschaft wechselt und den öffentlichen Dienst verlässt. Der Abschluss hätte so sein müssen, dass man neue Menschen motiviert und vorhandene hält.“