Das Netz der „Margiris“ ist so groß, dass ein Jumbo-Jet Platz finden würde, so Greenpeace. Trotz aller Bedenken von Umweltschützern und Politikern kann das holländische Fischereischiff vor der Südküste Australiens mit dem Fang beginnen. 600 Tonnen kann der Super-Trawler an einem Tag fischen. Ansässige Fischer fürchten um ihre Erträge.
Essen.
Immer spärlicher wird die Ausbeute der heimischen Fischer, viele europäische Fischgründe sind ausgebeutet. Die übliche Küsten- und Kutterfischerei lohnt sich kaum noch. Fischereiexperten beobachten daher einen Trend zu immer größeren Fangschiffen, die weltweit auf Beutezug gehen. Internationale Fischereinkonzerne sichern sich lukrative Fangquoten und setzen riesige Trawler ein, um die ergiebigsten Gebiete abzugrasen.
Die „Margiris“ ist ein solcher Super-Trawler. Sie ist im Grunde eine gigantische schwimmende Fischfabrik. Das holländische Schiff ist 142 Meter lang und kann ganze Schwärme in einem Rutsch einsaugen. Das Schleppnetz ist rund 600 Meter lang und hat eine Öffnung, die ein 200 Meter großes Maul ergibt. „Sie können einen Jumbo-Jet durch die Öffnung des Netzes steuern und hätten noch Platz“, kommentiert Greenpeace den Einsatz des zweitgrößten Fangschiffes der Welt, das derzeit im Südpazifik vor Australien auf Makrelenfang geht.
Greenpeace blockierte die Halteleinen
Die Umweltschutzorganisation setzt sich für ein Verbot dieser Superschiffe ein. Im Juli hatten Aktivisten sechs Tage lang die Halteleinen der „Margiris“ im Hafen der niederländischen Stadt Ijmuiden blockiert, um ein Auslaufen des Schiffes zu verhindern. Damit wollten sie zugleich gegen die EU-Fischereipolitik und die Überfischung der Weltmeere protestieren. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind heute etwa 75 Prozent der kommerziell genutzten Arten überfischt.
Hinter der europäischen Super-Trawler-Flotte steht laut Greenpeace die niederländische „Pelagic Freezer Association“. Zu dieser Firma gehörten auch sechs Hochsee-Trawler, die unter deutscher Flagge fahren. Doch die zuständige Ministerin Ilse Aigner äußert sich dazu nicht. Das Ministerium teilte auf Anfrage dieser Zeitung lediglich mit: „Wir halten uns mit einer Bewertung zurück.“ Man erwarte die Fischereireform der EU im nächsten Jahr, die nachhaltige Prinzipien verankern werde.
600 Tonnen pro Tag
Im südaustralischen Port Lincoln sorgt die „Margiris“ indes für wachsenden Ärger. Fischer und Umweltschützer protestieren gegen die europäischen Groß-Trawler. Sie befürchten sinkende Erträge und ökologische Schäden, denn die Makrelen, von denen die „Margiris“ insgesamt 18 000 Tonnen fischen, verarbeiten und einfrieren darf, dienten Seevögeln und größeren Fischen wie dem Thunfisch als Nahrung.
Umweltschützer klagen, dass Schiffe wie die „Margiris“, die täglich 600 Tonnen Fisch fangen kann, dazu beigetragen hätten, bereits die Bestände vor Europa, im Südpazifik und vor Westafrika zu plündern. Die Riesennetze seien zudem tödliche Fallen für Robben, Delfine und Haie.
Der Fang beginnt
Trotz aller Proteste aber darf die „Margiris“ jetzt mit dem Fang vor Tasmanien im Süden Australiens beginnen. Der australische Umweltminister Tony Burke sagte, er habe keine Handhabe, das Schiff an die Leine zu legen. „Laut internationalen Umweltschutzgesetzen kann ich das Schiff nicht am Fischfang hindern“, sagte Burke dem Fernsehsender ABC.
Gerd Kraus, Leiter des Instituts für Seefischerei in Hamburg, sieht in dem Einsatz großer Fangschiffe im Prinzip kein Problem: „Ob drei kleine oder ein großes Schiff ihre Netze auswerfen – es kommt darauf an, dass zum Schutz der Bestände die Quoten eingehalten werden“, sagte er dieser Zeitung.
Verkaufte Quoten
Das Problem aber sei, dass solche global operierenden Hochsee-Trawler häufig in Gebieten operieren, wo die wissenschaftlichen Grundlagen für die Festlegung von Fangquoten oft ungenügend seien. Kraus wörtlich: „Ärmere Staaten, etwa in Westafrika, verkaufen offensiv hohe Fangquoten an Unternehmen oder andere Staaten, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen.“ Die großen Fischereikonzerne wüssten ganz genau, wie sie an günstige Quoten kommen können, so Kraus.
Gestörtes Gleichgewicht
Werden Bestände massiv überfischt, erziele man zwar kurzfristig hohe Erträge, auf lange Sicht aber würden die Fangmengen sinken und das ökologische Gleichgewicht werde gestört. Wenn Fangschiffe im Südpazifik große Makrelenbestände wegfischten, könne dies den Lebensraum vieler Meerestiere grundlegend verändern. „Der Mensch als Räuber muss sich schlau verhalten“, sagt Fischereiexperte Kraus. „Leider ist dies häufig nicht der Fall.“