Suzi Quatro wird 65 – und denkt auch als Großmutter nicht ans Aufhören. Eigentlich sind nur die Lederoutfits der Sängerin etwas weniger freizügig.
Hamburg.
Acht Jahre ist Susanna Kay Quatrocchio und noch ganz klein, als sie zusammen mit ihrem Vater in ihrer US-Heimatstadt Detroit zum ersten Mal auf der Bühne steht. Mit 14 teilt sie ihren Eltern mit, dass sie die Familie verlässt, um mit ihren Schwestern eine Band zu gründen und lässt sich Suzi Lane rufen. Knapp sieben Jahre später nennt sie sich Suzi Quatro und steht in halb Europa auf dem ersten Platz der Hitparaden. Heute wird sie 65 Jahre alt.
Es ist Mickie Most, zu seiner Zeit eine Art britischer Dieter Bohlen, der sie Anfang der 1970er-Jahre in den USA entdeckt und nach England holen will. Doch das ist nicht leicht, er ist nicht der einzige, der auf sie aufmerksam geworden ist. Innerhalb einer Woche flattern der 21-Jährigen zwei Verträge auf den Tisch. Eine große Firma will sie zur neuen Janis Joplin machen. Sie aber will nicht „die neue irgendwer“ sein, sondern „Suzi Quatro I.“. Deshalb folgt sie Most nach England. „Er sah den Wildfang in mir, aber auch das Androgyne.“
Suzi Quatro in der Glam-Pop-Ecke
Er bringt sie mit dem Songwriter-Duo Chinn/Chapman zusammen, die damals ganze Hitparaden alleine füllen könnten. Mud, Sweet, Smokie, Racey, wer mit den beiden arbeitet, wird ein Star.
Auch Quatro bringen sie groß raus. „Can The Can“ ist der erste Hit. „48 Crash“, „Daytona Demon“ und „Devil Gate Drive“ folgen. Die Presse steckt sie in die Glam-Pop- Ecke, wie sie selbst sagt. „Das war alles Rock’n’Roll.“ In engen Lederanzügen und hohen Stiefeln singt sie ihn, singt sich die Seele aus dem Leib und zupft einen Bass, um den manch männlicher Kollege sie nur beneiden kann.
Vielleicht war Suzi Quatro eine Spur zu hübsch
Und wenn sie bei der Aufzählung der wichtigsten Frauen in der Geschichte der Rock-Musik meist vergessen wird, dann liegt das wahrscheinlich daran, dass Quatro einfach eine Spur zu hübsch war. Und sich noch dazu gerne mit laszivem Blick auf schweren Motorrädern räkelte. Nicht zu freizügig, aber dennoch sexy. So etwas kommt damals nicht bei allen Musikkritikern gut an.
Ihren Erfolg kann das viele Jahre nicht schmälern. 50 Millionen Platten verkauft sie und erscheint – in Deutschland noch wichtiger – als Starschnitt in der „Bravo“. In ihren vollen 152 Zentimetern Lebensgröße. Als sie eine Version von Elvis Presleys Lied „All Shook Up“ aufnimmt, lädt der King höchstpersönlich sie nach Graceland ein. „Ich war ein Idiot und habe abgelehnt, weil ich zu nervös war, um meinen Helden zu treffen“, bedauert sie ihre Absage bis heute.
Ihren letzten großen Hit feiert Suzi Quatro 1979
„Stumblin’ In“, ein Duett mit dem Ex-Smokie-Leadsänger Chris Norman wird 1979 ihr letzter großer Hit, in den USA wird es sogar ihr größter. Aber Quatro ist ein Multitalent. Sie spielt in einer erfolgreichen TV-Serie, spielt viele Jahre die Titelrolle im Musical „Annie get Your Gun“ und moderiert Radiosendungen bei der BBC. „Aber das Wichtigste in meinem Leben“, sagt sie stets, „ist der Rock’n’Roll.“
Zwischendurch wird sie zwei Mal Mutter. Vater ist Len Tuckey, Gitarrist ihrer Band, den sie 1978 geheiratet hat. Mittlerweile allerdings ist sie mit dem deutschen Konzertveranstalter Rainer Haas verheiratet, lebt abwechselnd in Essex und Hamburg und vermisst noch immer ein wenig ihre Heimat. Schon weil dort alles größer ist. „Ich werde mich wohl nie an die schmalen Straßen und die kleinen Autos in Europa gewöhnen.“
Große Party in der Heimat
Gefeiert wird dann in diesem Jahr auch dort, wo sie aufgewachsen ist. „Ganz viele Familienmitglieder, die ich seit Jahren nicht gesehen habe, fliegen aus den ganzen USA ein“, erzählt Quatro und freut sich auf „ein echtes Familientreffen, das in unserem Leben so wahrscheinlich nicht noch einmal passieren wird“.
Dafür unterbricht sie gerne die Tour, die sie gerade macht. Erst durch Australien, dann durch Großbritannien. Immer noch ganz in Leder kommt sie daher, aber das sieht auch mit 65 Jahren nicht albern aus. Etwas weiter geschnitten ist der Anzug, nicht so tief geöffnet der Reißverschluss. Deshalb will sie weiterhin auf der Bühne stehen, auch wenn sie längst Großmutter ist. Und wenn man sie fragt, wie lange noch, dann gibt sie eine Antwort, die auf englisch schöner klingt, als auf deutsch:
„I’ll still be rocking when I’m in my rocking chair.“ – „Ich werde noch rocken, wenn ich in meinem Schaukelstuhl sitze.“