Er spielte im „Großstadtrevier“, bei den „Lottokönigen“ und in der Daily-Soap „Lena – Liebe meines Lebens“. Doch die Rolle seine Lebens hatte Wichart von Roëll als „Klimbim-Opa“. Vierzig Jahre nach dem Start der Serie erzählt er, warum er seinen Parade-Charakter nicht verflucht. Und wie er lernte, wie er zu sprechen.
Herne.
Opa wird Wichart von Roëll, da ist er gerade Mitte 30. Wenig Haar, aber viel Schnurrbart trägt er damals, Monokel im Auge und viele Orden am Morgenmantel, in dem er durch die Wohnung schlurft. Und immer hat er was zu meckern. Vor allem über die Eier, die sie ihm zum Frühstück vorsetzen. „Wieder viel zu hart.“ So wird er in den 1970er-Jahren zum bekanntesten Großvater Deutschlands. Benedikt heißt er in der Rolle, aber alle nennen ihn nur den „Klimbim-Opa“ – nach der Comedy-Serie, in der er mitspielt.
Mehr als 40 Jahre später ist er tatsächlich Opa, aber flott ist sein Gang, fast voll das Haar und fest der Händedruck zur Begrüßung. Und wie er da so steht im legeren Sakko und mit Jeans, die unten umgeschlagen sind, da kann der 77-Jährige auch für Mitte 60 durchgehen. „Ein paar Probleme mit dem Herzen“ hat er mal gehabt, aber sonst nichts. „Treibe aber auch viel Sport“, sagt er. Schwimmen geht er regelmäßig und zum Yoga. Das hält ihn fit.
Für die Textprobe klingelte der Wecker auch nachts
Muss es auch, denn es ist immer noch viel zu tun. Im „Großstadtrevier“ hat er mitgespielt und bei den „Lottokönigen“. Gerade erst war er für Dreharbeiten zu einem Krimi in der Bretagne, und an diesem Morgen ist er nach Herne in den Mondpalast geeilt, um die Patenschaft für das Theaterstück „Die Wilde Rita“ zu übernehmen. Es ist auch noch nicht lange her, da hat er in der Daily-Soap „Lena – Liebe meines Lebens“ mitgespielt. An drei Sets wird da gleichzeitig gedreht, von früh am Morgen bis manchmal spät in die Nacht. Am ersten ist man schon verheiratet, am zweiten laut Drehbuch gerade erst verliebt. „Das war schon fordernd“, erinnert sich von Roëll.
Aber nichts im Vergleich zu Klimbim. So viel Text hat er damals, dass er sich nachts alle zwei Stunden den Wecker stellt, um zu lernen. „Morgens war ich dann müde, hatte aber alles drauf.“ Den Feuerwehrmann, den Conférencier, vor allem aber den militanten Großvater, der ihn bis heute verfolgt. Wobei von Roëll wohl eher „begleiten“ sagen würde. Weil er den Klimbim-Opa nie als „Fluch“ empfunden hat. Regisseur Michael Pfleghar hat ihm die Rolle gegeben und sich hinterher gewundert, wie er den stets schimpfenden Senior mit der Kommissstimme spielt: „Woher kannst du das so gut?“ Er kann es so gut, weil es nicht nur die Rolle seines Lebens ist, sondern auch eine, die er sich vom Leben abgeguckt hat. „Mein Vater war Berufsoffizier im 2. Weltkrieg. Später hat er mich öfter zu Kameradschaftsabenden mitgenommen. Da wurde dann wirklich so gesprochen. Ich habe nur nachgemacht, was ich selber erlebt habe.“ So begeistert er das Publikum. Mit Ausnahme seines Vaters. Er spricht fortan nicht mehr mit ihm. Erst kurz vor seinem Tod versöhnen sich die beiden.
Frühstückseier am liebsten weich
30 Folgen Klimbim dreht von Roëll, bevor die Sendung 1979 eingestellt wird. 2004 gehen die Schauspieler noch einmal gemeinsam auf eine Theatertournee. „348 Gastspiele und alle ausverkauft. Irgendwie ist diese Serie zeitlos.“ Mittlerweile ist sie nur noch Erinnerung. Horst Jüssen, Helmut Holger und Elisabeth Volkmann sind tot, Peer Augustinski ist nach einem Schlaganfall nicht gut zurecht. „Aber mit Ingrid Steeger telefoniere ich hin und wieder.“ Von Roëll will weitermachen. „Nur Rente empfangen, das ist nichts für mich.“ Impro-Comedy würde er gerne mal probieren. „Da muss man sich ungeheuer konzentrieren, das hält den Geist fit“, glaubt er.
Seit vielen Jahren lebt er mit seiner Frau in Recklinghausen. Enkel hat er, aber die kennen ihn nicht als Klimbim-Opa. Deshalb werden sie ihn auch nicht fragen, wie er seine Frühstückseier mag. Obwohl er es genau weiß: „Weich“, sagt von Roëll. „Hart waren sie lang genug.“