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Warum der Traumberuf Topmodel ein Job voller Risiken ist

Warum der Traumberuf Topmodel ein Job voller Risiken ist

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Germany s next Topmodel by Heidi Klum 2015 am 10 05 2015 in der Stadthalle Heidelberg v l n r Ka Foto: imago
Dank Castingshows wie „Germany’s Next Topmodel“ träumen Mädchen vom Modeln. Doch eine Expertin warnt vor den Risiken des angeblichen Glamour-Berufs.

Köln. 

Traumjob Model? Zig Mädchen sehen das so. Der Laufsteg lockt mit der Aussicht, zu den Reichen und Schönen aufzusteigen. Dazu trägt auch Heidi Klum mit ihrer Sendung „Germany’s Next Topmodel“ bei. Über 150.000 Kandidatinnen haben sich bislang für die Shows beworben. Im Finale der zehnten Staffel wird am Donnerstag, 14. Mai 2015, (20.15 Uhr, ProSieben) die nächste Siegerin gekürt. Verena Koll, Autorin des Buchs „Erfolgreich als Model“, erklärt, was es braucht, um sich im Modelgeschäft zu behaupten.

Welchen Einfluss auf den Model-Wunsch von Mädchen haben Castingshows wie „Germany’s Next Topmodel“?

Verena Koll:

Die Models, mit denen wir bei unserer Recherche gesprochen haben, sagen, dass die Sendung die Model-Welt verändert hat. Die Konkurrenz ist größer geworden, mehr Models sind auf den Markt geströmt. Der klassische Weg führt nach wie vor über eine Agentur, aber Castingshows bieten eine weitere Möglichkeit und senken die Hemmschwelle, sich um einen Einstieg in das Geschäft zu bemühen. Der Modelagent Peyman Amin meint zum Beispiel: Kandidatinnen mit wenig Talent zum Modeln böte die Show die Chance, bekannt zu werden. Das könne ein Grund sein, gebucht zu werden. Kandidatinnen, die aber größer als 1,74 Meter und zudem bildhübsch seien, die gingen ihren Weg auch ohne die Show.

Was gehört noch dazu, um es nach oben zu schaffen?

Koll: Ganz wichtig ist, gesund zu sein. Sonst hält man den oft anstrengenden Beruf nicht durch. Für Werbe- und Katalogmodels gilt, dass sie Konfektionsgröße 36 haben müssen, Laufstegmodels Größe 32.

Angesichts solcher Maße machen sich nicht nur Eltern Sorgen. Größe 32 klingt nach Unterernährung, zu der die Mädchen durch den Job getrieben werden könnten.

Koll: Wer als Model erfolgreich sein will, darf nicht hungern. Eine vernünftige Ernährung und Sport sind der richtige Weg. Das haben alle Experten bestätigt. Und das erfolgreiche Hamburger Model Sigi Buchsbaum hat zwar erzählt, dass sie immer mal wieder Hungermodels begegne, jedoch frage sie sich dann, ob die Karriere das Model magersüchtig gemacht habe, oder ob die Krankheit nicht schon vorher da gewesen sei. Und sie hat von Models erzählt, denen die Ernährung so viel Stress bereitet habe, dass diese Frauen in den Big-Size-Bereich ab Größe 42 gewechselt sind. Damit seien sie glücklich geworden.

Das Geld, die Reisen, das Jetset-Leben – was genau fasziniert junge Menschen an diesem Beruf?

Koll: Die Gründe sind unterschiedlich. Den Jüngeren geht es darum, bekannt zu sein und Blicke auf sich zu ziehen. Und seien es nur 15 Minuten in einer TV-Show. Sie möchten Anerkennung für ihr Aussehen bekommen. Wer länger im Job ist, den fasziniert vor allem das Reisen.

Wie sollten Eltern reagieren, wenn ihr Kind Model werden will?

Koll: Der Essener Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Christian Lüdke empfiehlt, zu ergründen, um was es geht. Sucht das Kind nur nach Anerkennung oder möchte es wirklich in den Beruf. Wenn es tatsächlich einen festen Berufswunsch gibt, sollten die Eltern ganz eng dabei bleiben. Schon allein weil Einsamkeit für viele Models ein großes Thema ist. Das viele Reisen, die Hotels. . .

Und woran erkennt man eine seriöse Modelagentur?

Koll: Ein erstes Indiz kann das Velma-Siegel sein. Ein Qualitätssiegel des Verbands lizenzierter Modelagenturen. Wichtig ist auch, dass die Agentur eine Adresse hat, zu der ich hingehen kann, also eine, die nicht nur im Internet existiert. Die Alarmglocken sollten läuten, wenn die Agentur vorab Geld kassieren will.

Und wenn der Einstieg über eine Show wie „Germany’s Next Topmodel“ erfolgen soll?

Koll: Dann muss man sich darüber im Klaren sein, was einen erwartet. Das ist eine Unterhaltungssendung, in der Rollen bedient werden. Im Finale der aktuellen Staffel stehen Anuthida, Vanessa, Katharina und Ajsa. Die erfüllen die Rollen der Exotin, der rheinischen Frohnatur, der Sportlichen und der Außergewöhnlichen.

Es geht nicht nur ums Modeln, sondern vor allem um die Abendunterhaltung. Erst recht in den Szenen, in denen die Kandidatinnen regelrecht vorgeführt werden. Eltern müssen wissen, ob sie ihrem Kind das zumuten wollen.

Wie stark muss ein Mädchen sein, um es auszuhalten, vor der Kamera heruntergeputzt zu werden?

Koll: Dafür kann niemand stark genug sein. Möchte aber ein Kind Model werden, wird es natürlich im Beruf auch viel Ablehnung erfahren, weil es nicht jedes Casting gewinnen wird. An der Stelle sind ganz klar die Eltern gefragt. Sie müssen ihrem Kind vermitteln, dass es in dem Geschäft nur um Äußerlichkeiten geht, nicht um innere Werte. Wenn ein Mädchen abgelehnt wird, dann darf es sich das nicht zu Herzen nehmen, sonst frisst einen das auf. Man kann sich aber antrainieren, mit Ablehnung umzugehen, professionelle Trainer oder Therapeuten helfen da beispielsweise.

Für den Ratgeber „Erfolgreich als Model“ (Edition Innsalz, 142 S., 16,50 Euro) haben die beiden Autoren Verena Koll und Irving B. Wolther mit Experten aus der Branche gesprochen. Darunter sind Psychologen, Stylisten, Fotografen, Ernährungs- und Sportwissenschaftler sowie Model-Agenten.