Yvonne Catterfeld kämpft gegen ihr braves Image. Hart wird sie aber nicht: Als Jurorin der Show „The Voice“ bricht sie in Tränen aus.
Berlin.
Diesen Auftritt wird Yvonne Catterfeld (36) nicht vergessen. Die 22-jährige Diana betritt die Bühne, zusammen mit ihrer Zwillingsschwester. Diana ist Catterfelds großer Fan, schreibt ihr regelmäßig Briefe, nun singt sie einen Hit ihres Idols: „Pendel“. Ein sympathischer Auftritt, aber gesanglich dünn. Catterfeld muss jetzt konsequent sein.
Nein, sagt sie zu Diana, es habe leider nicht gereicht, sie müsse objektiv bleiben. Als sie merkt, wie verletzt das Mädchen reagiert, kommen Catterfeld die Tränen. Sie läuft hinter die Bühne, tröstet ihren enttäuschten Fan. Einige Minuten später kehrt sie zu ihrem Stuhl mit dem roten Knopf zurück und wirkt verstört.
Die Szene, die am Donnerstag zum Start der neuen Staffel „The Voice of Germany“ (20.15 Uhr, ProSieben) zu sehen ist, steht exemplarisch dafür, wie schwer sich Catterfeld damit tut, ihr braves Image abzustreifen. Sie will den Menschen zeigen, dass sie junge Talente erkennen und fördern kann. Dass sie als Musikerin erwachsen geworden ist.
Catterfeld zögerte nach dem Angebot
Das Fernsehstudio Adlershof am Stadtrand von Berlin: Flachbauten wie in einem Gewerbegebiet. Das ist Catterfelds neuer Arbeitsplatz. Die Erfurterin ersetzt in der aktuellen Runde Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß (31). Ihre Kritiker werden sich bestätigt sehen: Catterfeld, der ehemalige Soap-Stern und Bohlen-Liebling, macht in einer Castingshow mit – das sieht ihr ähnlich.
Aber so einfach ist es nicht. Catterfeld sagt, sie habe sich schwergetan, das Angebot anzunehmen. „Das ist kein Job, bei dem man abends nach Hause geht und nicht mehr daran denkt.“ Sie spricht von Verantwortung. „Für manche Talente bedeutet eine Absage einen richtigen Einschnitt.“
Bei „The Voice“ stehe die Musik im Mittelpunkt, nicht die Inszenierung. Zur Konkurrenz von DSDS wäre sie nie gegangen. Obwohl sie Dieter Bohlen (62) schon seit Anfang des Jahrtausends kennt – er komponierte ihren Überhit „Für dich“, mit dem Catterfeld 2003 berühmt wurde. Heute mag sie das Lied mit so schnulzigen Textzeilen wie „Für dich schiebe ich die Wolken weiter“ nicht mehr. „Ich höre den Song einfach nicht mehr gerne. Dieses naive Mädchen, das hat mit mir gar nichts mehr zu tun.“
Das Thüringer Mädchen aus GZSZ
Viele sehen in ihr immer noch das Thüringer Mädchen, das artig Dieter Bohlens Lieder sang und als Darstellerin bei Seifenoper „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ ein Teenie-Idol war. Inzwischen ist Catterfeld seit 13 Jahren im Geschäft, sie hat Kinofilme gedreht und ist Mutter eines zweieinhalbjährigen Sohnes. Trotzdem ist sie „die ewig Unterschätzte“, wie die „Stuttgarter Nachrichten“ notierten.
Sogar ihr jetziger Partner, der Schauspieler Oliver Wnuk (40), den sie an einem Filmset kennenlernte, hatte vor dem ersten Treffen offenbar das Bild der Soapdarstellerin vor Augen: Er soll gar nicht begeistert gewesen sein, ausgerechnet mit Catterfeld einen Film zu drehen.
Wer sich mit ihr unterhält, erlebt eine freundliche, zurückgenommene Frau, die schnell spricht und viel sagt. Sie sondert keine Plattitüden ab. Ihr „The Voice“-Jurykollege Andreas Bourani (32), der sie schon aus der Sendung „Sing meinen Song“ kennt, lobt ihre Warmherzigkeit und Empathie. Er habe sie als Jurorin zunächst unterschätzt. Auch Samu Haber (40), neben Catterfeld, Bourani sowie Smudo und Michi Beck von den Fantastischen Vier der fünfte Juror, sagt über seine Vorurteile: „Ich habe anfangs gedacht, da kommt diese hübsche Popsängerin.“ Tatsächlich sei sie der Boss, wie Haber nach den ersten Aufzeichnungen gemerkt hat.
Catterfeld startete selbst bei Castingshow
Die Zuschauer im Studio erleben eine Frau, die sich ihrer Verantwortung als Expertin bewusst ist, die aber niemandem wehtun möchte. Gefällt ihr ein Auftritt, wirft sie den Kandidaten Kusshändchen zu und wippt im Takt. Wenn nicht, findet sie trotzdem für jeden ein nettes Wort. Sie weiß, wie sich die Talente fühlen. Als Jugendliche hat sie selbst an einem kleinen Casting im MDR teilgenommen. „Es hätte mich früher viel Überwindung gekostet, bei ‚The Voice‘ mitzumachen“, sagt Catterfeld. „Ich war als junges Mädchen sehr bescheiden und zurückhaltend, also so richtig schüchtern.“ Als Fernsehjurorin will sie nun endlich allen beweisen, was in ihr steckt.