Alte Atomkraftwerke in Deutschland abschalten? Das geht sofort, sagt der Sachverständigenrat für Umweltfragen. Das Expertengremium ist davon überzeugt, dass die alten Meiler für die Grundversorgung mit Strom unnötig sind.
Berlin.
Ein sofortiges Abschalten der sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke gefährdet nach Ansicht des Sachverständigenrats für Umweltfragen nicht die Grundversorgung mit Strom. Es müsste in diesem Fall auch nicht auf importierten Atomstrom zurückgegriffen werden. Der Generalsekretär des Sachverständigenrates der Bundessregierung, Christian Hey, sagte am Montag auf Anfrage der dapd Nachrichtenagentur: „Die Frage nach der Brückentechnologie stellt sich radikaler“ nach den Atomunfällen in Japan.
Sollten die neuen „Sicherheitsregeln für Atomkraftwerke“ inkraft gesetzt werden, so stelle sich die Frage, ob es wirtschaftlich sei, die alten Kraftwerke nachzurüsten, soweit dies überhaupt möglich sei, sagte Hey. „Wenn sie abgeschaltet würden, wäre die Grundversorgung nicht gefährdet“, sagte Hey. Es gebe keine Stromlücke. Deutschland habe in der jüngsten Vergangenheit sogar Strom exportiert. „Wir sind in einer derart komfortablen Situation, dass man sie sofort abschalten kann.“
„Systemische Konstruktionsfehler“ bei alten AKW
Hey sagte, unter dem Eindruck der Ereignisse in Japan stelle sich die Frage nach der Brückentechnologie Atomkraft „radikaler als bisher“. Der Sachverständigenrat sei in einem Gutachten von ende Januar nicht über die Grundvoraussetzungen des Atomausstiegs von 2000 hinausgegangen. Aber nun müsse in Betracht gezogen werden, dass die alten Kraftwerke nicht mehr dem neuesten Regelwerk entsprächen, auch wenn dessen Inkrafttreten derzeit ausgesetzt sei. „Die alten Kraftwerke in Deutschland haben ähnliche systemische Konstruktionsfehler“ wie diejenigen, die jetzt in Japan von der Atomkatastrophe betroffen seien, sagte er.
Laufzeitverlängerung eher kontraproduktiv
Der Sachverständigenrat hatte Ende Januar ein Gutachten „Wege zur 100 Prozent erneuerbaren Stromversorgung“ veröffentlicht. Darin geht er der Frage nach wird, ob die zeitweise Beibehaltung konventioneller Techniken die Entwicklung der erneuerbaren Energien behindert. Darin wurde die Frage nach den alten Reaktoren wie Neckarwestheim oder Brunsbüttel gar nicht gestellt. Allerdings kam das Gutachten zu dem Schluss, dass eine Laufzeitverlängerung eher kontraproduktiv für das erklärte Ziel sei.
Die Aussage des Gutachtens lautete: „100 Prozent Vollversorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien ist möglich, sicher und bezahlbar.“ Sie bezog sich gemäß der Aufgabenstellung allerdings auf das Jahr 2050. (dapd)