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Die Guttenbergs und der Lena-Faktor in der Politik

Die Guttenbergs und der Lena-Faktor in der Politik

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German Economy Minister zu Guttenberg and his wife Stephanie arrive on the red carpet for the opening of the Bayreuth Wagner opera festival

Essen. 

In den frühen Morgenstunden Fitness. Am Abend der Auftritt bei der Charity­Gala. Dazwischen die Arbeit gegen Kinderpornografie: Stephanie Freifrau von und zu Guttenberg hat es als Politikergattin zu etwas gebracht – und sie gibt auch: zum Beispiel ihrem Ehemann Karl Theodor den letzten Schliff.

Die Guttenbergs sind „das Glamour-Paar der Republik“, schreibt der Focus. Der Verteidigungsminister ist in der Schickeria angekommen, mit Foto­strecken in People-Magazinen oder Boulevard-Blättern.

„Die Nachrichtenwerte ­haben sich eben verändert“, sagt der Parteienforscher Rudolf Korte. „Politainment“ – also: Politik mit Unterhaltungswert – gehöre inzwischen zur ­normalen Berichterstattung.

Modern und flexibel

Im Schatten des Verteidigungsministers sind zuletzt eine Reihe anderer junger, smarter Politiker zu Rang und Namen gekommen. Zum Bei­spiel Christian Lindner, 32, FDP-Generalsekretär. Oder dessen Parteifreund Philip Rösler, 37, Gesundheitsminister. Kristina Schröder, 33, Familienministerin. Manuela Schwesig, 36, stellvertretende SPD-Chefin, Jens Spahn, 30, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU sowie Dorothee Bär, 32, familienpolitische Sprecherin der CSU.

„Die Politik versucht, sich anzupassen, modern und flexibel zu sein“, erklärt Korte ­diese offenkundige Dominanz der attraktiven 30-plus-Generation. Eine Generation, die sich professionell vermarktet, was der Politik insgesamt einen frischeren Auftritt gebe.

Manuela Schwesig zum ­Beispiel. Seitdem sie zur stellvertretenden Chefin der SPD aufgestiegen ist, gilt sie als Hoffnungsträgerin der Sozialdemokraten.

Wie ein Fotomodell

Nicht nur, weil sie jung ist und klug, sondern weil ihr Äußeres sofort ins Auge fällt: Mit der blonden Mähne und den strahlenden Augen wirkt sie eher wie ein Fotomodell, das für die SPD wirbt, als eine Verhandlungsführerin in ­Sachen Hartz-Reform.

Oder die CDU-Frau Julia Klöckner, 38, die adrett und bodenständig gerade dabei ist, den eher behäbigen Mainzer Ministerpräsidenten Kurt Beck herauszufordern. Die Ex-­Weinkönigin „entspricht konservativen Klischeevorstellungen, dass es schon fast weh tut“, schreibt die „Zeit“.

Was Schwesig und Klöckner gemein haben außer ihrem makellosen Lächeln: Sie ­stehen für eine pragmatische statt intellektuelle Politik.

Politisch bindungslose Menschen

„Das ist auch nötig“, meint Politikprofessor Korte. Weil sich die klassischen sozial­demokratischen und konservativen Milieus auflösten, die Menschen politisch bindungslos seien. „Politiker müssen stärker an ihrem Profil arbeiten, damit sich die Wähler orientieren können“, sagt er.

Also präsentieren sich die Jungen mit Bildern, die bei professionellen Shootings entstehen. Korte: „Fitness, Lifestyle, die tägliche Laufstrecke: das alles wird dabei präsentiert, aber nicht das Privatleben“. Damit richte sich die junge Generation nach den Geboten der globalisierten Welt.

Dies färbt auch auf gestandene Politiker ab – beispielsweise Ursula von der Leyen. Einst steckte sie altbackene Haarkämme in ihre blonden Haare, präsentierte ihr Familienleben samt adventlicher Hausmusik und Kleintierhaltung. Inzwischen bleibt die Familie außen vor und sie stellt sie sich mit perfektem Schnitt und Hosenanzug der Kanzlerin entgegen – wie zuletzt, als sie ohne Absprache eine Frauenquote in der ­Wirtschaft forderte.

Das Studium passt zur Polit-Karriere

Kristina Schröder, die junge Familienministerin, oder ihr Parteifreund Jens Spahn ­ma- chen – anders als von der Leyen – keine Umwege über einen Beruf oder eine familiäre Auszeit: „Die vertreten die neuen Berufspolitikertypen, die ihr Studium gleich so gewählt ­ha­ben, dass es für eine Parteikarriere passt“, sagt Korte. Ganz pragmatisch eben, so wie ihre Politik: Weil Kristina Schröder weiß, dass sich die Frauenquote nicht so leicht durch­setzen lässt, mischt sie sich das Gesetz zur freiwilligen Selbstverpflichtung zurecht, mit dem der Frauenanteil in Betrieben erhöht werden soll.

Zurück zu Karl Theodor zu Guttenberg, den manche ­Menschen als „Lichtgestalt“ feiern. Wenn er die jüngsten Angriffe nach diversen ­Bundeswehraffären übersteht, schrieb neulich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, dann habe er die „Feuertaufe“ bestanden – dann habe Guttenberg noch eine wahrhaft große Karriere vor sich.

Die Zeichen, dass er dies schafft, stehen gut. Die Wähler trotzen der durchaus ­schlechten Presse und wählen ihn ungerührt zum beliebtesten Politiker. Offenbar befriedigt das Gesamtpaket Guttenberg den unbewussten Wunsch nach Inszenierung, Schönheit, Pragmatismus. Bis zur Perfektion.