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Flunkern fürs Fußballmärchen

Flunkern fürs Fußballmärchen

Die vermeintlichen Live-Bilder der Uefa entstehen vor dem Spiel. Unliebsames wird dafür gar nicht gezeigt.

Essen. 

Die Fußballwelt staunt über den lässigen Bundestrainer, der nach gut 21 Spielminuten im Spiel gegen die Niederlande die Nerven hat, einem Balljungen das Leder aus der Armbeuge zu stupsen und ihm dann freundschaftlich auf die Schulter zu klopfen. Indes: Als die vermeintlichen Live-Bilder über die Fernsehschirme flimmerten, waren sie eine Dreiviertelstunde alt. Löw hatte sich den Spaß erlaubt, als die Mannschaft sich vor dem Anpfiff ebenfalls locker machte.

ZDF-Chefredakteur Peter Frey: „Das entspricht nicht unseren journalistischen Standards. Wir erwarten von der Uefa, dass sie uns künftig darauf hinweist, ob sie während einer Live-Übertragung aufgezeichnetes Material verwendet.“

„Kritik ist überzogen“

Auch WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn betont: „Für uns wäre jede Form von Zensur oder Manipulation nicht tragbar. Gerade deshalb haben wir gegenüber der Uefa sehr deutlich gemacht, dass das deutsche Publikum erwartet, dass live drin ist, wenn live drauf steht. Live ist live und muss live bleiben.“ Allerdings machte er auch gestern noch deutlich: „Die Kritik an der Uefa insgesamt ist überzogen, wir arbeiten mit ihr sehr gut zusammen.“

KommentarDoch die netten Szene vom Rand hat jetzt ein politisches Nachspiel. Neben den Medienmachern werfen auch Politiker dem europäischen Fußballverband Uefa Flunkerei fürs Fußballmärchen vor. Mag die Löw-Szene harmlos sein, so bekommt der Zuschauer während des Spiels viele andere Dinge auch nicht zu sehen: leere Ränge, randalierende Fans, Böller und Bengalos – sie tauchen gar nicht oder nur in in Momentaufnahmen auf.

Die Uefa entscheidet, was wir sehen

Grund: Die Uefa entscheidet, was die Welt zu sehen bekommt. Sie lässt von einer Produktionsfirma ein so genanntes „Weltbild“ fertigen. Die nationalen Fernsehanbieter, in unserem Fall ARD und ZDF, können diese Bilder ergänzen und haben eigene Kameras im Stadion. Davon machen die Sendeanstalten jedoch bislang kaum Gebrauch: Die Kamerastandorte sind mit dem Veranstalter abgestimmt, meist sind sie für Interviews nach dem Spiel positioniert.

Schneidet der Regisseur fürs deutsche Fernsehen eigene Bilder in den Strom der Uefa, so kann er nie sicher sein, wie gut sie hineinpassen. Angesichts der jetzt deutlich gewordenen Manipulation der vermeintlichen Livebilder setzt in den Sendeanstalten Nachdenken ein.

Mehr Einsatz von den Sendern gefordert

Marc-Jan Eumann, NRW-Medienstaatssekretär hingegen fordert mehr Einsatz von den gebührenfinanzierten Sendern: „Es ist legitim, dass Bürgerinnen und Bürger die Bühne des Fußballs nutzen, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es, darüber zu berichten. Einheitsbilder sind kein Beitrag zur Vielfaltsicherung.“

Ruth Hieronymi, Vorsitzende des WDR-Rundfunkrates betont ebenfalls: „Das ist nicht in Ordnung. Die Gremien des WDR haben für die anstehenden Verhandlungen mit der Deutschen Fußball-Liga und der Fifa gefordert, dass bei allen Bildern klar ist, wer sie produziert hat. Auch für Zuschauer muss klar sein, aus welcher Quelle das Bild kommt.“

Die Uefa findet die eingespielte Löw-Szene übrigens nicht tragisch: „Es ist eine international übliche Praxis, dass bei Liveübertragungen solche Szenen als Wiederholungen eingespielt werden“, heißt es.