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Bundestagswahl: Grünen-Boom in Hochwasser-Gebiet? Wähler aus Erftstadt deutlich: „Wer es jetzt nicht kapiert hat…“

Bundestagswahl: Grünen-Boom in Hochwasser-Gebiet? Wähler aus Erftstadt deutlich: „Wer es jetzt nicht kapiert hat…“

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Erftstadt. 

Es war für die Menschen in NRW, Rheinland-Pfalz und darüber hinaus ein Schock: Die Hochwasser-Katastrophe im Juli 2021. Auch zwei Monate später kämpfen viele Betroffene mit den Folgen der Flut, haben Hab und Gut oder ihr Zuhause verloren.

Für viele Klimaaktivisten war das Hochwasser acht Wochen vor der Bundestagswahl 2021 ein wichtiges Argument im Wahlkampf für die Grünen und Annalena Baerbock. Die Menschen in Erftstadt haben ihre ganz eigene Meinung dazu.

Bundestagswahl: Hochwasser-Drama in Erfstadt – wählen nun alle grün?

Während Deutschland die kommende Bundestagswahl mit Spannung erwartet, haben die Menschen in Erftstadt (NRW) ganz andere Sorgen. Noch immer laufen in Blessem die Aufräumarbeiten, der riesige Krater, der Häuser verschluckte, erinnert an die dramatische Flut – ist er auch ein Mahnmal für den Klimawandel, eine stille Werbung für die Grünen?

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Mehr zur Bundestagswahl 2021:

  • In diesem Jahr wird der 20. Deutsche Bundestag gewählt.
  • Die Wahl findet am 26. September 2021 statt.
  • Es gibt 299 Wahlkreise, in denen Direktkandidaten mit der Erststimme gewählt werden.
  • Nach der Bundestagswahl wird Angela Merkel als Kanzlerin abtreten.

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Waltraud Groten hat ihr Haus nun direkt neben der klaffenden Grube, ihr Garten endet in einem riesigen Erdloch. Ihr Mann hat damals viereinhalb Jahre an dem Eigenheim gebaut. Für sie steht fest: „Die Umwelt ist wichtig! Wenn wir nicht handeln, erleben wir noch viel schlimmere Katastrophen als diese hier.“ Besonders für ihre Enkel wünscht sich die 78-Jährige, dass endlich etwas passiert.

Groten, die vermutlich erst nächstes Jahr in ihr Haus zurück kehren kann, befürwortet daher eine grüne Politik. „Armin Laschet ist nicht mein Mann“, erklärt sie gegenüber DER WESTEN. Die CDU mache „Politik für die Reichen“, die SPD denke dagegen nicht nur an die Wirtschaft.

Während der Flut-Katastrophe hat sich Waltraud aber von niemanden in der Politik gut betreut gefühlt – das lag vor allem an dem bürokratischen Aufwand für staatliche Hilfen: „Das kostet Zeit und Nerven – wir werden damit im Stich gelassen.“

Außerdem fordert die Rentnerin von den Politikern ein besseres Warn- und Alarmsystem, denn die (strombetriebene) Sirene in Erftstadt hat beim Hochwasser nicht funktioniert. „Auf wen können wir uns verlassen, um uns sicher zu fühlen?“

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Bundestagswahl: Erftstädter über Armin Laschet – „Das war sein Verderben“

Ratlos ist auch der 75-jährige Ulrich Dunkel. „Wen soll ich wählen?“, fragt er gegenüber DER WESTEN. Von der Politik ist er schon lange enttäuscht – bürokratische Hürden für Soforthilfen und der Abzug von Spendemitteln auf das Hilfsgeld verstärken beim Rentner diese Gefühl.

„Normal bin ich ein SPD-Mann“, gibt Dunkel zu, der nach dem Hochwasser auf einem Schaden von 85.000 Euro sitzt und sein Haus komplett renovieren muss. Bei der kommenden Bundestagswahl will er spontan nach Gefühl entscheiden, die Grünen haben für ihn kein zukunftsfähiges Konzept – und Armin Laschet tut ihm leid. „Das Lachen im Hochwasser-Gebiet war sein Verderben“, so der 75-Jährige. „Das hätte ihm nicht passieren dürfen, da hat er schwer verloren.“ Persönlich übel nimmt er den Vorfall dem CDU-Kanzlerkandidaten allerdings nicht, findet den Fauxpas menschlich.

Wer soll Nachfolger von Angela Merkel werden? „Wir haben Kummer und Sorgen hier, da ist das alles so ein bisschen nebensächlich. Hauptsache derjenige macht was.“

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Bundestagswahl: Nach Hochwasser in Erftstadt – „Was muss noch passieren?“

Dass endlich etwas getan wird, wünscht sich auch ein weiterer Anwohner. Mit Blick auf den Krater stellt er klar, dass er in diesem Jahr zum ersten Mal die Grünen wählen möchte. „Die machen Druck. Ich beobachte schon länger, dass es in Sachen Klimaschutz nicht weiter geht“, erklärt der 70-Jährige gegenüber DER WESTEN seine Entscheidung.

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Die Folgen des Klimawandels sehe man „ja nicht nur hier, sondern auch überall in den Nachrichten. Ich habe Enkelkinder, was soll mit denen werden? Die sollen diesen Scheiß nicht mitmachen.“ Dass Deutschland mit der Entwicklung von erneuerbaren Energien hinterher hinkt, ärgert den Rentner. „Was muss noch passieren? Wer es jetzt nicht kapiert hat…“ Ihm ist klar, dass der Wandel Zeit braucht, „so 10-15 Jahre. Aber man muss anfangen.“

Von der aktuellen Regierung ist der Mann enttäuscht, dort koche jeder sein „eigenes Süppchen“. Und auch CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet ist bei dem 70-Jährigen unter durch: „Das Lachen im Hochwasser-Gebiet finde ich unmöglich. Das ist ein Grund, ihn nicht zu wählen.“ Ein Politiker müsse sich in solch einer Situation zusammen reißen können.

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Bundestagswahl: Hochwasser in Erftstadt – „Naturereignisse passieren irgendwann“

Helmut, dessen Haus direkt am Krater liegt, sieht den Lacher von Laschet dagegen gelassen – doch das hat einen traurigen Grund: „Ich hatte zu dem Zeitpunkt andere Gedanken im Kopf.“ Das Eigenheim des 69-Jährigen ist unbewohnbar, wie lange eine Renovierung dauern wird, ist noch nicht absehbar. „Ich weiß nicht, was aus meinem Haus wird“, gibt er gegenüber DER WESTEN an.

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Von der Politik fühlt er sich im Stich gelassen: „Es hat sich bisher niemand um Lösungen und Hilfe für uns bemüht, zumindest nicht die, die man als Bürger erwartet.“ Der Erftstädter hätte jemanden gewollt, der ihn bei den bürokratischen Anträgen an die Hand nimmt – zeitweise hatte er selbst „weder Nerven noch Internet“ dafür.

Auch wenn ihn die Regierung während der Hochwasser-Katastrophe enttäuscht hat, wirkt sich das Drama nicht auf seine Wahlentscheidung aus. „Es war Regen. Regen kann immer vorkommen“, so Helmut. „Naturereignisse passieren irgendwann.“ Ob er die Grünen wählen wird, weiß er noch nicht – ein Bekannter will ihn noch überzeugen.

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Helmut hätte sich dagegen das Versprechen der CDU, dass in den Hochwasser-Gebieten nach der Wahl noch einmal richtig geholfen wird, gewünscht. Aber: „Die CDU hat weder in Berlin noch in NRW einen guten Job gemacht.“ Welchen Kanzlerkandidaten er bei der Bundestagswahl wählen wird, bleibt offen.