- Dortmunds US-Nationalspieler Christian Pulisic denkt oft an sein Zuhause.
- Für ihn war der Umzug nach Deutschland das Schwierigste, was er je in seinem Leben gemacht habe.
- Ein Traum einer Fußballprofi-Karriere war jedoch nur in Europa möglich.
Bad Ragaz.
Locker und entspannt sitzt Christian Pulisic in der Lobby des Grand Resort Bad Ragaz. Seine Sätze sind reflektiert und abgeklärt. Zu keiner Sekunde wirkt Pulisic wie der 17-jährige Jugendliche, der er in Wirklichkeit noch ist. Vielleicht ein Resultat seiner bewegten Vergangenheit: Mit 15 kam der hochtalentierte Offensivspieler aus den USA in die Jugendabteilung von Borussia Dortmund. Später wurde er mit der U17 Deutscher Meister, erhielt im Winter einen Profivertrag, kam zu ersten Einsätzen und nahm im Sommer mit der US-Nationalmannschaft an der Copa América teil. Und obwohl es immer aufwärts ging: Leicht war die Zeit nicht, wie Pulisic im Gespräch verrät.
Pulisic über …
… seine Kindheit: Es war eine verrückte Zeit. Ich liebe Fußball. Als wir ein Jahr in England wohnten, habe ich erstmals gemerkt, dass ich richtig gut darin bin, dass ich zu den Besten gehören und das zu meinem Beruf machen könnte. Ich habe dann in Amerika immer weiter gespielt, hatte tolle Trainer, von denen ich viel gelernt habe.
… den ersten Kontakt zum BVB: Das war, als ich mit der U17-Nationalmannschaft der USA unterwegs war. Wir hatten zwei Turniere, eines in Florida und eines in der Türkei. Da haben sie mich beobachtet. Dann haben sie auch bald mich, meine Familie und meinen Berater angesprochen.
… den Umzug nach Deutschland: Das war das Schwierigste, was ich je in meinem Leben gemacht habe. Es ist immer noch nicht leicht. Ich vermisse die Heimat jeden Tag. Aber das ist ein Opfer, das ich bringen muss. Ich wusste, wenn ich im Fußball Erfolg haben wollte, müsste ich irgendwann nach Europa.
… den Start in neuer Umgebung: Ich ging in eine normale deutsche Schule, was wirklich schwierig war. Ich konnte überhaupt kein Deutsch. Aber ich hatte jeden Tag Sprachunterricht und lernte immer mehr, fand Freunde, mit denen ich reden konnte. Anfangs durfte ich nicht für die BVB-Jugend spielen, weil ich kein EU-Bürger und noch nicht 18 Jahre alt war. Dank der kroatischen Staatsbürgerschaft, die ich dann bekommen habe, hat sich das geändert.
… den gleichaltrigen Felix Passlack: Wir sind von Anfang an sehr gute Freunde gewesen. Dass wir zusammen zu den Profis gewechselt sind, dass ich nicht allein als Jüngster dazu kam, hat mir geholfen.
… seinen Cousin Will, der auch in Dortmund spielt: Er kam für einen Monat nach Deutschland und durfte mit Dortmunds U19 trainieren. Er ist Torhüter in der U19-Nationalmannschaft. Er hat den Verantwortlichen gut gefallen und sie wollten, dass er ein Jahr bleibt, um zu sehen, wie er sich macht. Das ist ja auch unglaublich, oder?
… das Leben als Fußballprofi: Manchmal frage ich mich, wie es ohne Fußball wäre, wenn ich einfach nur ein normales Leben führen würde. Aber Fußball war mein Traum, ich wollte so leben. Deswegen kann ich nicht sagen, dass ich enttäuscht bin oder meine Jugend verpasst habe. Aber ich sehe meine Freunde, ich sehe Bilder und Videos, wie sie spaßige Dinge unternehmen, und ich wäre gerne Teil davon. Aber andererseits würden sie liebend gerne auch in meinen Schuhen stecken.
… die Rolle von US-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann: Er hilft mir sehr. Vor sechs Monaten hätte ich nie erwartet, dass ich mit den Profis von Borussia Dortmund spiele und sogar in die Nationalmannschaft berufen werde. Das ging alles so schnell. Klinsmann hat mich immer beruhigt, hat gesagt: Wir tun nur, was am besten ist für deine Entwicklung. Er glaubte, dass ich bereit sei, mit zur Copa América zu fahren. Er redet sehr viel mit mir, er ist ein wirklich guter Typ.
… den Konkurrenzkampf mit den vielen Neuzugängen: So funktioniert Fußball, so funktioniert jeder Sport. Man muss jeden Tag im Training um seine Position kämpfen. Die Jungs sind bereit, dies anzunehmen – und das bin ich auch.
… die Integration der Neuen: Ich versuche zu helfen, wo ich kann. Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht, obwohl ich immer noch jünger bin. Sie werden auch Schwierigkeiten haben, aber ich werde versuchen, ihnen zu helfen.
… den Umbruch in der Mannschaft: Es läuft sehr gut. Wir kommen gut miteinander aus, die Chemie im Team ist sehr gut, wenn man bedenkt, dass wir viele Neue dazu geholt haben. Ich denke, wir werden uns stetig verbessern und eine gute Saison spielen.