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Unterwegs mit 70 Sachen

Unterwegs mit 70 Sachen

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Franziska Neuling studiert in Köln und startet bei der Speedskating-Europameisterschaft, die vom 20. bis 27. Juli in Gera (Thüringen) stattfindet. Im DerWesten-Interview erzählt die junge Sportlerin von der „Faszination Speedskating“, Narben und Medaillenhoffnungen.

Frau Neuling, Sie betreiben eine sehr junge Sportart. Wie sind Sie zum Speedskaten gekommen?

Franziska Neuling: Ich komme gebürtig aus Gera, und dort hatte meine Mutter vor zehn Jahren einen Job in der Geschäftsstelle des RSV Blau-Weiß Gera angenommen. Zu ihren Aufgaben gehörte unter anderem die Betreuung diverser Rollschnelllaufprojekte an Schulen. Irgendwann hat sie mich gefragt, ob ich nicht auch mal mitmachen möchte. So habe ich zum ersten Mal auf damals noch klassischen Rollschuhen gestanden.

Was nicht ganz dasselbe ist wie auf Skates.

Neuling: Natürlich nicht. Aber über die Rollschuhe bin ich zum Skaten gekommen und nicht viel später dann auf Speedskates umgestiegen. Von da an nahm alles seinen Lauf. Ich hatte das Glück, von Anfang an in einem der besten Vereine Deutschlands zu trainieren. Der RSV Blau-Weiß Gera leistet eine hervorragende Nachwuchsarbeit.

Sie sind beim Speedskating geblieben. Was macht für Sie die Faszination dieses Sport aus?

Neuling: Erstmal die Geschwindigkeit. Bei einem Wettkampf fahren die Frauen im Schnitt mit 33 Stundenkilometern, ich bin aber im Windschatten eines Autos auch schon mal 70 km/h gefahren. Dann der Vollkontakt mit den anderen Sportlern: Im Gegensatz beispielsweise zum Eisschnelllaufen fahren wir in großen Rennfeldern. Es kommt dabei sehr auf Technik und Taktik an. Wie beim Radsport. Zudem finde ich das Material faszinierend, weil es sich rasend schnell verändert, immer besser wird. Es macht Spaß, an seinen Skates rumzuwerkeln. Nicht zuletzt finde ich die Sportart sehr ästethisch – vor allem für Frauen.

Die EM lockt vom 20. bis 27. Juli Speedskater aus ganz Europa nach Gera. Auch Sie treten in Ihrer Heimatstadt beim Marathonlauf an. Ist so eine Europameisterschaft „zu Hause“ etwas ganz Besonderes?

Neuling: Auf jeden Fall. Vor allem weil ich noch sehr intensive Erinnerungen an die Juniorenmeisterschaften habe, die 1999 ebenfalls in Gera ausgetragen wurden. Außerdem haben wir Heimvorteil, das heißt, ich starte in einer vertrauten Umgebung, wo natürlich zahlreiche Freunde, Verwandte und Bekannte zum Anfeuern am Streckenrand stehen werden. Ich freue mich deshalb ganz besonders auf die EM.

Die Favoriten im europäischen Speedskating kommen aus Italien und Frankreich.

Neuling: In Frankreich beispielsweise gibt es zwei Leistungsstützpunkte, in denen die besten Fahrer des Landes vorbildlich ausgebildet werden. Und in Italien gibt es flächendeckend hochwertige Pisten. Nur mit ausreichend Trainingsstätten können wir viele Nachwuchsfahrer für den Sport gewinnen und halten, aus denen dann die späteren Topläufer werden.

Hat die deutsche Nationalmannschaft bei der EM überhaupt eine Chance?

Neuling: Ja, vor allem bei den Damen haben wir ein starkes Team. Sabine Berg zum Beispiel. Die ist mit 17 Jahren bereits Juniorenweltmeisterin und zehnfache Junioren-Europameisterin. Oder Jana Gegner, die in diesem Jahr beim World Inline Cup am Suersee den ersten Platz gemacht hat. Da ist auf jeden Fall mit Medaillen zu rechnen. Bei den Männern wird es darauf ankommen, wie sich das Team findet, ob das Team gut zusammenarbeitet. Wenn das gelingt, ist auch da alles drin. Medaillen wird es aber auf jeden Fall im Sprint und in den Staffeln geben.

Wie geht es nach der EM für Sie weiter?

Neuling: Das Wochenende nach der EM werde ich am Samstagabend in Berlin sein bei der 10 Kilometer-City Night. Die Strecke führt direkt über den Ku’damm, und ich habe dort schon zweimal gewonnen. Am Sonntag werde ich dann in Jüterbog bei einem German Blade Challenge Wertungslauf starten über 42,135 Kilometer. Danach leite ich gemeinsam mit meiner Schwester ein Speedskating-Trainingscamp für Kinder in Österreich.