Das Landgericht Essen hat am Freitag die Suspendierung des Schalker Aufsichtsratsmitgliedes Axel Hefer (38) vorerst gestoppt. Ein Kommentar.
Essen.
„Ärger im Aufsichtsrat“: Was auf den ersten Blick nach einer Negativschlagzeile „typisch Schalke“ aussieht, ist auf längere Sicht womöglich eine eher positive Nachricht für die Anhänger von Königsblau. Lässt sie doch darauf schließen, dass der S04-Aufsichtsrat – entgegen der landläufigen Meinung – nicht länger eine seinem großen Vorsitzenden Clemens Tönnies blind ergebene Tafelrunde ist.
Seit Jahren beklagen kritische Schalke-Mitglieder, dass ihrer Kontroll-Instanz, deren Chef zuletzt vermehrt exekutive Funktionen ausübte, jegliche Streitkultur fehlt. Das unabhängige Magazin „Schalke-news.de“ hätte es nicht schöner formulieren können, um was es sich bei dem Gremium handele: um ein „Gebilde, in dem seit Jahren einer laut und viel redet, manche evtl. noch hinter verschlossenen Türen mitdiskutieren wollen, andere den nickenden Wackeldackel machen oder für den Konsum der Kuchenspezialitäten zuständig sind bzw. waren“.
Axel Hefer will nicht mehr Teil einer Schalker Abnick-Runde sein
Immer wieder hatten Mitglieder vergeblich auf frischen Wind durch neue Aufsichtsratmitglieder gehofft. Der 2014 gewählte Hagener Axel Hefer wollte nun jedoch nicht mehr Teil einer bloßen Abnick-Runde sein. Seine Hauptstoßrichtung gilt dem sogenannten „Eilausschuss“, dem neben Tönnies nur noch der schon einmal als Aufsichtsrat abgewählte Wirtschaftsmanager Peter Lange angehört. Hefer beklagt, in seinem ersten Amtsjahr seien bis auf eine Ausnahme alle sportlichen Entscheidungen von diesem Ausschuss getroffen worden. Darin eine Entmachtung der übrigen Mitglieder zu sehen, ist wohl kaum zu weit hergeholt.
Dass sich freilich jemand erlaubt, diesen Teil der Geschäftsordnung zu hinterfragen, ist auf Schalke augenscheinlich nicht vorgesehen. Weil Hefer sich wohl zunehmend isoliert sah, gab er – nach eigenen Angaben auch aus Haftungsgründen – ein Rechtsgutachten in Auftrag. Woraufhin ihn der Schalker Ehrenrat für drei Monate suspendierte. Hefer habe mit der Einschaltung eines Anwalts Schalker Interna nach außen getragen, so die Begründung, die die Verschwiegenheitspflicht jeden Rechtsbeistandes geflissentlich ignoriert. Der Vorwurf des „Geheimnisverrats“ mutet umso grotesker an, weil die Spatzen von den königsblauen Dächern pfeifen, wo die wirklichen Lecks, aus denen sich vorzugsweise der Zeitungsboulevard bedient, zu orten sind.
Mit der Aufhebung seiner Suspendierung per einstweiligem Verfügungsverfahren ist Hefer am Freitag ein erster Teilerfolg gelungen. Mag er von manchen Schalker Mitgliedern auch als Nestbeschmutzer oder profilierungssüchtiger Rebell abgestempelt werden – definitiv hat sich der 38-Jährige heute schon um mehr Transparenz in seinem Verein verdient gemacht.
Apropos Transparenz: Die Sitzung des Ehrenrates fand, wie an dieser Stelle berichtet, bereits vor der diesjährigen Jahreshauptversammlung am 28. Juni statt. Warum die Suspendierung von Hefer erst nach der Mitgliederversammlung bekanntgegeben wurde, ist unschwer zu erraten …