Die Bundesregierung plant die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr. Die bisherige Einsatzerfahrung habe gezeigt, dass unbemannte Aufklärungsflugzeuge mit Waffen zum Schutz der Soldaten „unbedingt erforderlich“ seien, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Antwort der Regierung auf eine parlamentarische Anfrage. Die endgültige Entscheidung soll spätestens Mitte des Jahres fallen.
Berlin.
Mindestens zweimal schon hat die Bundeswehr in Afghanistan auf den Einsatz bewaffneter Kampfdrohnen zurückgegriffen: Nach Informationen der WAZ Mediengruppe feuerte eine US-Drohne auf Anforderung der Bundeswehr im November 2010 auf eine Gruppe Aufständischer, die an einer Versorgungsstraße im Distrikt Chahar Darrah gerade eine behelfsmäßige Sprengfalle anbrachte. Vier Aufständische starben. 14 Monate zuvor zerstörte in derselben Region eine US-Drohne eine weitere Sprengfalle, deren Aufbau von deutschen Soldaten über Luftaufklärung beobachtet worden war. In beiden Fällen hatte die Bundeswehr für den Einsatz aus der Luft die Unterstützung der US-Armee erbitten müssen, deren „Predator“-Drohnen Präzisionsbomben und Luft-Boden-Raketen tragen.
Rasche Entscheidung
Doch damit soll jetzt Schluss sein: Die Bundesregierung plant aus den Erfahrungen vor allem in Afghanistan die Beschaffung eigener bewaffneter Drohnen, die spätestens 2016 einsatzbereit sein sollen – bislang verfügt die Bundeswehr nur über unbewaffnete Aufklärungs-Flugkörper, 60 davon im Auslandseinsatz, vor allem in Afghanistan. Schon Mitte des Jahres soll die Entscheidung fallen. Die bisherige Einsatzerfahrung habe gezeigt, dass unbemannte Aufklärungsflugzeuge mit Waffen zum Schutz der Soldaten „unbedingt erforderlich“ seien, erläutert die Bundesregierung.
Die Debatte ist heikel, das Verteidigungsministerium hat den Protest etwa von Kirchen und Friedensorganisationen schon einkalkuliert. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin beklagte einen „blinden, verantwortungslosen Umgang mit militärtechnologischem Fortschritt“, die Linke sprach von einem „brutalen Waffensystem“.
Drohnenkrieg der USA
Im Hinterkopf haben Kritiker den massiven Drohnen-Einsatz der USA, die ferngesteuerte Kampf-Fluggeräte gegen Aufständische und Terroristen vor allem in Pakistan einsetzen und dabei auch zivile Opfer in Kauf nehmen. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) versichert indes, die Bundeswehr werde Drohnen nur im Rahmen des jeweiligen Bundeswehr-Mandats verwenden. Auch bewaffnete Drohnen seien, sagt der Minister, „ethisch neutral“: Alle wesentlichen Entscheidungen bei einem Angriff würden weiter von Menschen getroffen.
Bislang ist die Bundeswehr auf dem zukunftsträchtigen Gebiet der unbemannten Luftfahrzeuge, das technologisch die USA und Israel dominieren, indes Nachzügler. Nach internen Regierungsinformationen verfügt die Truppe über etwa 350 unbemannte Fluggeräte, darunter aber vor allem Minidrohnen zur Nahbereichsaufklärung vom Typ „Mikado“ und die Kleindrohne „Aladin“. Für Afghanistan hat die Bundeswehr bis 2014 deshalb zusätzlich israelische „Heron“-Aufklärungsdrohnen geleast, die jede immerhin über tausend Kilo wiegt.
Bundeswehr begeistert
Doch alle Geräte sind unbewaffnet und dienen nur der Erkundung aus der Luft. Die allerdings lobt die Bundesregierung in höchsten Tönen: Die Drohnen könnten auch in großen Höhen, unbemerkt und ohne Gefährdung eigener Soldaten „hervorragende Aufklärungsleistung“ erbringen: „So kann für ein Einsatzkontingent der Bundeswehr schon im Vorfeld einer Operation durch eine unerkannte Aufklärung ein hochwertiges Lagebild erzeugt werden, das die deutschen Soldaten schützt“, heißt es in einem neuen Schreiben an den Bundestag.
Forderung der Luftwaffe
Doch die Bewaffnung dieser Fluggeräte, die bislang fehlt, sei notwendig, um auf „plötzlich auftretende Lageveränderungen“ reagieren zu können. Die Waffen dienten zugleich der „glaubhaften Abschreckung“, der Handlungsspielraum des Gegners werde damit eingeengt. Die Luftwaffe verlangt bereits vehement die neue Aufrüstung: „Drohnen müssen bewaffnet sein“, fordert Luftwaffen-Inspekteur Karl Müllner. Die deutsche Industrie hat allerdings nichts Passendes im Angebot: Erwogen wird in Berlin daher die Anschaffung von amerikanischen „Predator“-Fluggeräten oder eines bewaffneten „Heron“-Nachfolge-Modells aus Israel.
Doch diskutiert wird auch über eine europäische Lösung, bei der Deutschland mit Frankreich und Großbritannien eine Drohne entwickeln würde. Darauf dringt auch die SPD, die grundsätzlich keine Bedenken gegen das Rüstungsprojekt hat: Aber statt überstürzt Fakten zu schaffen, solle die Regierung „den europäischen Weg“ gehen, verlangt SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold.