Duisburg.
„Ihr könnt gerne hier stehen, aber macht mir nicht meinen Garten kaputt, ja?“ – Dieter Trogisch (55) lächelt, nachdem er diese Bitte aus seinem Fenster im ersten Stock auf die Henriettenstraße in Marxloh gerufen hat.
Dort stehen etwa 30 Männer. Sie schauen hoch zu Trogisch, nicken, lächeln ebenfalls. Dann treten sie einen Schritt weg von dem adrett umzäunten Straßenbaum mit den Frühlingsblumen drumherum.
Männer-Gruppen vor dem Haus des toten Jungen in Marxloh
Die Männer versammeln sich am Dienstag nach Ostern am Haus gegenüber. Hier, im zweiten Stock, lebt die Familie, deren Sohn (14) am späten Sonntagabend einen tragischen Tod gestorben ist: Bei einem Streit gegen 23 Uhr vor dem Haus traf den Jungen ein Stich in den Rücken, später verblutete er im Krankenhaus.
Auch sein Vater (40) sowie ein weiterer Mann wurden verletzt. Die Täter sind noch auf der Flucht
.
„Wir sprechen kein Deutsch“
Worum ging es bei dem Streit? Dazu will sich niemand der Männer äußern. Gesehen hätten sie auch nichts. Kopfschütteln allerorten, abweisende Blicke.
„Wir sprechen kein Deutsch“, heißt es immer wieder. „Nur Türkisch.“ Volle Blockade. Und misstrauische Blicke zu den Reportern, die nach und nach an der Spielstraße eintrudeln.
Ein Polizeibully parkt zufällig vor dem Haus, vor dem der Junge tödlich verletzt wurde. Verkehrskontrolle. „Hier in Marxloh stehen oft Menschengruppen auf der Straße“, sagt einer der Polizisten. „Das ist normal. Aber diese Männer hier werden heute wegen des Vorfalls da sein.“
Beschützen die Männer die Familie des Jungen?
Das sagt auch ein Nachbar, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen will: „Unter den Anwohnern heißt es, die Männer würden die Familie beschützen und ihren Respekt ausdrücken.“ Wovor beschützen? Hat die Familie weiter Angst? Das kann der Nachbar nur vermuten.
„Ich weiß nicht, worum es bei dem Streit ging. Aber: Seit Sonntagnacht brennt Licht in der Wohnung.“ Er fügt aber an, damit drücke die bulgarische Familie auch ihre Trauer aus. Vor etwa drei Jahren sei sie zur Henriettenstraße gezogen. „Es ist das erste Mal, dass sie auffällig geworden ist.“
Gewalt und Müll im Viertel sei normal
Ansonsten seien Streit und Tumulte wie der am Sonntagabend im Viertel nicht selten – „seit viele rumänische Menschen hierhergezogen sind“. Zunehmend würden auch die Straßen vermüllen.
Am Dienstag ist davon auf der Henriettenstraße zwar nichts zu sehen – „aber nur, weil seit kurzem extra Straßenreinigungs-Schichten hier gefahren werden“, sagt der Anwohner.
Eigentlich lebe er gerne in Marxloh, käme mit allen soweit klar. „Aber es müssen sich eben alle Mühe geben für ein Miteinander.“
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