Marcus Kuno ist der Schlager-Kommissar. Im Zivilleben ist der Dortmunder Polizist. Aber er setzt auf eine Musik-Karriere – und Mr. Grand Prix glaubt an ihn.
Dortmund.
Es ist der 24. April 1982. Nicole gewinnt für Deutschland den Eurovision Song Contest. „Ein bisschen Frieden“, singt die 17-Jährige mit dem zarten Stimmchen. Zeitgleich sitzt in Dortmund jemand vor dem Fernseher und verdrückt Tränen der Rührung. Es ist Marcus Kuno, neun Jahre ist der Kleine.
Inzwischen ist er 37 und blickt zurück: „Das Lied hat mich umgehauen. Damals haben alle gesehen, dass Deutschland nicht nur Panzer fahren kann, sondern auch vom Frieden träumt.“ Marcus Kuno ist ein emotionaler Mensch. Er zeigt Gefühl, schämt sich nicht fürs Weinen, redet gerne. Er lacht herzlich, zeigt blank-weiße Zähne, nimmt Mitmenschen mit Freude in den Arm. Dieser Mann würde sich selbst mit der englischen Palastwache unterhaken. Nicht unbedingt üblich für einen Polizisten, aber die perfekten Voraussetzungen für einen Schlagersänger. Marcus Kuno ist beides und Schlagersänger neuerdings ein bisschen mehr. Seit Grand-Prix-Veteran Ralph Siegel den singenden Kommissar für sich entdeckt hat.
Wo geht’s denn hier ins Rampenlicht? Wenn irgendwo ein Fernsehteam auftaucht, ist Marcus Kuno schon da. Seine Auftritte müssen nicht immer etwas mit Musik zu tun haben. Für die Kabel-1-Reihe „Die Super-Handwerker“ lässt er sich eine Badewanne ins Wohnzimmer bauen. „Ich mache jeden Quatsch mit.“ Einen seiner ersten TV-Einsätze legt er 2004 in der Kabel-1-Reihe „Helden der Kreisklasse“ hin. In der Doku-Soap ging’s um eine fußballgurkende Vorort-Mannschaft. Kuno schließt sich dem Verein an, um unscheinbaren Sport vor laufenden Kameras zu zeigen. Schlecht am Ball, aber in der Kabine ein Entertainer. „Du musst unbedingt etwas machen, das die Leute unterhält“, empfehlen ihm seine Freunde schon vor Jahren.
Er selbst sieht das auch so, und er sieht noch etwas: eine große Chance im Schlagergeschäft. In seinem Alter sei die Konkurrenz nicht allzu groß, glaubt der Dortmunder, der nie Gesangsunterricht genommen hat. „Es geht hier nicht nur ums Singen. Man muss das Gesamtbild erfüllen und darf sich nichts vormachen: Diese Gesellschaft ist oberflächlich.“
Für die „Helden der Kreisklasse“ schreibt Marcus Kuno ein Lied. Für seine Polizei-Kollegen aus der Abteilung Verkehrssicherheit erfindet er die „Gi-Ga Giraffe“, ein Kinderlied, das schon beim ersten Anhören so tief ins Ohr kriecht, dass es dort nie wieder rauskommt. Ein weiteres Stück heißt „Dortmund, meine Stadt“. Dazu gibt’s ein Video, in dem Kuno bei Kaiserwetter mit Sonnenbrille in einem Porsche Cabrio durch die Straßen braust. Zuckersüßer Schlagerkitsch. Ganz nach dem Geschmack von Produzent Ralph Siegel.
Vorsingen in München
Der bekommt das Ding in die Finger und ist hin und weg. Er ruft bei Marcus Kuno an: „Siegel hier.“ Kuno ist platt, aus seiner Sicht telefoniert er gerade mit einer lebenden Legende. „Ich dachte, ich fliege mit der Couch aus dem Fenster.“ Ob er vorbeikommen könne, zum Vorsingen, fragt Siegel. Und Kuno sagt: „Selbst wenn ich auf den Knien bis nach München rutschen müsste.“ Das ist jetzt eineinhalb Jahre her, und rutschen musste er nicht. „Ich war in Siegels königlichen Hallen. Ich habe dort gesessen, wo sie alle saßen: Nicole, Roberto Blanco, Jürgen Drews.“
Auftritt am Ballermann
Kuno singt, in Siegels Kopf arbeitet es. Der berühmte Produzent ist begeistert von dem frischen Gesicht. Deutschland sucht den Superstar, Siegel will einen kommenden Star gefunden haben. Davon geht er zumindest selbst aus und komponiert ein Lied für den singenden Polizisten: „Flieg’ mit mir zum siebten Himmel“. Wenn es in München etwas zu feiern gibt, ist der Dortmunder von nun an dabei, taucht zwischen Dieter-Thomas Heck, Michael Holm und Roberto Blanco auf. In die Hitparaden bringt ihn das nicht, dafür aber zum Ballermann. Er singt Lieder, für die sich nur dort keiner schämt. Einer findet sie richtig gut, Jürgen Drews. Der „König von Mallorca“ ernennt Kuno zum „Prinz von Mallorca“.
Jetzt will der Polizist es wissen. Er träumt von einem Auftritt bei Florian Silbereisen. Alles klar, Herr Kommissar.