Das Gespräch hatten sie sich anders vorgestellt. Dabei wollen die Mitglieder der altlinken Senioren-WG nur nett sein, als sie bei den Nachbarn klingeln, um sich als „die Neuen“ im Mietshaus vorzustellen. Der Plausch verläuft nicht gerade herzlich, wie Anne, Eddi und Johannes feststellen müssen: Die jungen Studenten aus dem Stockwerk über ihnen sind so ganz anders als einst sie: ehrgeizig, brav, ordentlich. Schlechte Schwingungen beim Antrittsbesuch – Johannes empört sich hinterher über die picobello saubere Altbaubude der Jungakademiker: „Da waren keine Bierflaschen, keine Schlafsäcke, nichts!“ Früher sahen studentische Wohngemeinschaften irgendwie gemütlicher aus.
Kleinkrieg im Treppenhaus
Das Gegensätzliche der Generationen ist das zentrale Thema dieser Komödie von Ralf Westhoff um den Neubeginn dreier Althippies: Anne (Gisela Schneeberger), Eddi (Heiner Lauterbach) und Johannes (Michael Wittenborn) sind über 60, kennen sich seit gemeinsamen Studentenjahren und reaktivieren nun ihre alte Wohngemeinschaft. Eigene Wohnungen können sie sich im teuren München nicht mehr leisten, nach 18 Semestern Studium haben sie nie viel Geld verdient. Fröhlich-lärmend beziehen sie das neue Apartment, trinken wie in den wilden 70er-Jahren am Küchentisch Rotwein, tanzen und ignorieren die Zimmerlautstärke. Das Leben könnte so schön sein. Nur mit den Jungen aus der Etage drüber haben sie nicht gerechnet. Barbara (Karoline Schuch), Katharina (Claudia Eisinger) und Thorsten (Patrick Güldenberg) sind Karikaturen von Jurastudenten: Spießer, die sich jede Ruhestörung verbitten, die Reinigung des Treppenhauses einfordern, an ihrer Karriere basteln, in Alltagsdingen aber überfordert sind. Der neurotische Thorsten etwa fotografiert den Herd, um jederzeit kontrollieren zu können, ob er ihn wirklich ausgemacht hat. Es beginnt ein Kleinkrieg.
Regisseur Westhoff lenkt die Sympathien des Zuschauers eindeutig zugunsten der Alten. Anne als sensible, an der Schnelllebigkeit der neuen Zeit verzweifelnde Biologin, Johannes als intellektueller Softie und Eddi, ein Mann mit harter Schale um den verletzlichen Kern – diese Figuren sind mit ihren profilierten Darstellern perfekt besetzt. Sie sind es, die dem Film eine ansatzweise Tiefe verleihen. Es geht natürlich um den Zusammenprall der Generationen, aber auch um steigende Mieten, Leistungsdruck und neue Formen des Zusammenlebens. „Hört ihr mal auf mit diesem Pflegefall-Gelaber?“, heischt Eddi seine Genossen an, als die ihm die praktischen Vorzüge des Projekts Alten-WG schmackhaft machen wollen.
„Wir sind die Neuen“ könnte eine richtig gute Komödie mit einem hochkarätigen Ensemble und relevanten Themen sein – leider wirkt sie unausgereift. Die Charakterzeichnung der Jungen bleibt oberflächlich, wirklich sympathisch kommen sie nicht rüber. Visuell ist der überwiegend mit Handkameras in geschlossenen Räumen gedrehte Film keine
Luxusware. Das aber macht er mit pointierten Dialogen halbwegs wett. „Das Festhalten an der Jugend“, wirft Barbara den Alten in einer Szene vor, „führt nicht in die Jugend, sondern in die Lächerlichkeit.“ So ironisch wird im Fernsehen selten von Ü-60-Jährigen erzählt.
Fazit: Flotter Film, bis in die Nebenrollen gut besetzt. Für mehr Sterne aber zu seicht.
ARD, 20.15 Uhr