Andy Borg verlässt den Musikantenstadl nach neun Jahren. Vor dem großen Finale in Kroatien lässt der 54-Jährige einen Blick hinter die Kulissen zu.
Pula.
Andy Borg (54) verabschiedet sich am Samstag, 20.15 Uhr, im Ersten vom „Musikantenstadl“ – nicht ganz freiwillig. Vor dem großen Finale im kroatischen Pula sprach der Sänger und Moderator mit Jürgen Overkott.
Moderieren Sie Ihre letzte Stadl-Ausgabe mit einer Träne im Kopfloch?
Andy Borg:
Hundertprozentig. Ich bin gut vorbereitet. Aber wenn die wirklich letzte Moderation im Stadl kommt, dann ist es schon komisch. Melancholie ist schon dabei. Aber die Realität wird mich schnell einholen, weil wir diesmal eine andere Deko haben. Wir sind ja in einem Amphitheater, und zum ersten Mal in meiner Stadl-Zeit auch noch Open Air und deshalb werden auch die Zuschauer gleich bei den ersten Bildern merken: Ah, der (Andy Borg) ist woanders.
Warum?
Borg:
Sonst ändert sich der Ort, aber nicht unsere Deko; die haben wir ja immer dabei gehabt.
Der äußere Rahmen Ihrer letzten Stadl-Ausgabe erinnert an die Sommer-Specials von „Wetten, dass..?“.
Borg:
(lacht) In dieser Zeit weiß ich gar nicht, ob dieser Vergleich gut oder schlecht ist. „Wetten, dass..?“ gibt es ja auch nicht mehr. Andererseits: Der Gottschalk ist groß und schlank, und ich bin so ziemlich das Gegenteil.
Musikantenstadl-Moderator Andy Borg ist eine Rampensau
Trotzdem gibt es eine Schnittmenge zwischen Ihnen: Sie gelten beide als Rampensau.
Borg:
Das fasse ich als Kompliment auf.
So war’s gemeint.
Borg:
Ja, das kann ich so stehen lassen. Menschen, die meinen Musik-Geschmack haben, kann ich unterhalten. Punkt.
Haben Sie Gottschalk mal getroffen?
Borg:
Nein. Leider. Ich habe mir gemütlich die Show zu seinem Fünfundsechzigsten angeschaut. Dabei ist er auf den Stadl zu sprechen gekommen. Und der Name des Moderators fiel ihm nicht gleich ein. Da meinte Gottschalk dann nur: Ach, das ist doch der ohne Hals. Und dann zeigte er einen Vogel und sagte: Den schmeißen Sie raus, weil sie einen Jüngeren wollen. Na ja, alles ändert sich. Ich sehe es ja selbst bei meiner Mutter, die für eine ältere Generation steht, die es angeblich nicht so mit den Computern haben soll. Sie sagte letztens: Oh, an diesem Wochenende habe ich den Florian (Silbereisen; Red.) nicht gesehen – dann seh ich’s mir in der Mediathek an.
Haben Volksmusik-Shows eine Zukunft im Internet?
Borg:
Ich weiß es nicht. Sonst würde ich schon in diese Richtung planen.
In der Schlagerszene ist es schon so, dass sie in den großen Fernsehkanälen nicht mehr vertreten sind. Da sie aber nach wie vor Hunderttausende Fans hat, ist sie inzwischen stark im Internet vertreten.
Borg:
Das Internet ist stark im Kommen, und beim Thema Livestreams, egal ob mit Bild oder nicht, sind wir schon mittendrin. Aber: Wenn ich die Container und die Lkw sehe, die für den Stadl unterwegs sind, weiß ich, das Ganze kostet sehr, sehr viel Geld. Und da braucht man die entsprechenden Einnahmen, um den riesigen Aufwand zu refinanzieren.
Aber zurück zum Fernsehen. Die Marktanteile des Stadl liegen in Österreich sehr viel höher als in Deutschland. Woran liegt’s?
Borg:
Das Genre mit Lederhose und Dirndl kommt von uns. Also ist es für die Menschen zumindest auf dem Land selbstverständlich, diese Musik beim Feuerwehrfest oder sonst wo zu hören. Und außerdem gibt es fast in jedem zweiten Haushalt noch jemanden, der Gitarre spielt zum Geburtstag, zur Goldenen Hochzeit, zu Weihnachten. Die Grundidee vom Karl (Moik) war, mit dem Stadl eine regionale Veranstaltung zu machen. Dass er damit mal in Moskau und in San Francisco landen würde, hätte er nie gedacht.
Das ist der Blick nach hinten. Wenn wir uns jetzt umsehen, entdecken wir Andreas Gabalier. Welche Rolle spielt er?
Borg:
Er hilft uns ungemein. Während sich bei RTL alles um Casting-Shows und Disney-Songs gedreht hat, ist Andreas wohl als einziger in der Lederhose aufgetreten. Er zeigt: Es ist nicht schlimm, wenn man sofort sieht, wo einer herkommt. Bei ihm wurde es sogar mit zum Markenzeichen.
Andy Borg freut sich über Dialekt im Fernsehen
Kehrt das Regionale zurück?
Borg:
Sonst gäbe es die ganzen Sokos mit Lokalkolorit im Fernsehen nicht. Ich finde die Entwicklung gut, dass Schauspieler wieder Dialekt sprechen dürfen.
Andererseits verbreiten sich regionale Gebräuche durchs Fernsehen.
Borg:
Ich habe 26 Jahre lang im Rheinland gelebt, bei Köln. Und als ich wegging aus Wien, war Karneval dort kein Thema. Mittlerweile gibt es in meinem Heimatbezirk, dem 21. Wiener Bezirk, einen Riesenkarnevalsverein mit Rosenmontagszug und Kamelle. Und selbst in meinem jetzigen Wohnort bei Passau gibt es ein Prinzenpaar. Die Leute in Bayern und Österreich haben gesehen: Im Rheinland können sie richtig feiern – das können wir auch.
Andy Borg vor dem letzten Musikantenstadl: „Ich bin ein Narr“
Haben Sie sich auch ins närrische Treiben gestürzt?
Borg:
Ich bin ja ein Narr.
Hatten Sie auch eine Pappnase auf?
Borg:
Wenn man in Köln oder Düsseldorf keine trägt, kann es zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch schon mal schwierig werden. Meine Tochter lebt immer noch in Siegburg, und sie ist so was von jeck. Und wissen Sie was?
Nein.
Borg:
Wenn Sie mit Ihrer Frage nach der Stadl-Kultur auf die junge Leute Zuschauer abzielen: Die Jungen Leute sind viel toleranter als die Fernsehmacher, die die Entscheidungen über die Sendungen treffen. In Hamburg laufen sie mit Lederhosen zum Konzert von Andreas Gabalier; die würden sie sonst niemals anziehen, aber sie sehen das Konzert als Event, und dazu gehören dann eben auch die Lederhose und das Dirndl. Und dann ist’s wieder gut.
Ihr Aus beim Stadl ist begründet worden mit dem Stichwort Verjüngung. Dazu muss man wissen: Sie sind mit 54 vier Jahre jünger als Günther Jauch, der auch 2016 „Wer wird Millionär?“ moderiert. Was war aus Ihrer Sicht der Knackpunkt?
Borg:
Das Argument Verjüngung lasse ich genauso wenig gelten wie die Einschaltquote. Nennen Sie mir eine (Traditions-)Sendung, die bei der – beim Stadl noch vergleichsweise stabilen – Quote nichts verloren hat…
Sie haben zum Stadl-Finale auch ein Greatest-Hits-Album veröffentlicht. Es trägt den Titel ihres ersten Hits: „Adios Amor“. Das klingt nach Abschied.
Borg:
Das ist es auch. Aber es gibt ja diese Redensart: Wenn sich eine Tür schließt, geht eine andere auf. Und ich habe folgendes beobachtet: Plötzlich gibt es eine Riesenwelle bei Facebook, und wenn ich den Saal betrete, klopfen die Leute auf den Tisch. Das kannte ich bisher so nicht, obwohl ich – wenn ich das mal so sagen darf – doch halbwegs prominent bin. Das hätte ich ohne das Ende der Sendung vielleicht nie so erfahren.
Wie geht es weiter für Sie?
Borg:
Im Grunde wie bisher. Ich war als Schlagersänger immer unterwegs. Ob beim Feuerwehrfest oder als Gast in Schlagersendungen: Ich mache so weiter wie bisher. Meine Frau ist immer mit mir unterwegs und sie sieht das wie ich: Ach, wir haben so viele Anfragen. Allein bis Ende des Jahres habe ich Auftritte in acht Ländern.