13 Jahre lang gab es in den USA offiziell keinen Alkohol. Der TV-Sender Arte erinnert ab Dienstag in einer Doku-Reihe an die Prohibition in Amerika. Warum gab es sie, wieso wurde sie schließlich wieder abgeschafft? Fünf Folgen geben Antworten auf diese Fragen.
Essen.
Man muss sich das mal vorstellen, jetzt, wo die WM läuft. Dass man nicht anstoßen kann auf den Sieg seiner Mannschaft. Jedenfalls nicht mit Alkohol. Oder den Frust über die Niederlage mit ein paar Bierchen herunter spült. Weil es keines zu kaufen gibt.
Was für viele Deutsche heutzutage unvorstellbar ist, war für die Amerikaner 13 Jahre lang Realität. „Prohibition – Eine amerikanische Erfahrung“ heißt die fünfteilige Dokumentation, mit der Arte von diesem Dienstag an (20.15 Uhr), an die Zeit des Alkoholverbotes in den USA von 1920 bis 1933 erinnert.
Was haben sie aber auch gebechert in den Staaten. Im Rückblick scheint es fast Pflicht gewesen zu sein, sich regelmäßig ordentlich einen hinter die Binde zu kippen. Schon 1830 verbraucht ein über 15-jähriger Durchschnittsamerikaner fast 26,5 Liter reinen Alkohols pro Jahr – dreimal mehr als heutzutage. Und die Neuankömmlinge, die in den darauffolgenden Jahrzehnten ins Land strömen, egal ob sie aus Deutschland, Italien oder Irland kommen, machen die Sache nicht besser.
Im Gegenteil. Trinkfest und gerne bereit, den größten Teil ihres kargen Lohnes zu nutzen, um Einsamkeit und Elend im Schnaps zu ertränken, wird für viele der Saloon zum zweiten Wohnzimmer. Viele Prosits, aber keine Gemütlichkeit. Dafür jede Menge Prostitution und Kriminalität. So kann es nicht weitergehen.
Anti-Saloon League (ASL) fordert landesweites Alkoholverbot
Schon 1873 schließt sich in der Kleinstadt Hillsboro in Ohio eine Gruppe von Frauen zusammen, um zur Abstinenz aufzurufen. In einem radikalen Akt zivilen Ungehorsams blockieren sie überall im Land die Eingänge von Saloons und Kneipen. Gut gemeint ist das, bringt aber relativ wenig.
Deshalb gründet sich die Anti-Saloon League (ASL) und fordert ein landesweites Alkoholverbot unter dem Namen Prohibition. Wayne Wheeler heißt der Mann, unter dessen Führung die ASL zu einer der erfolgreichsten Lobbyorganisation in der amerikanischen Geschichte aufsteigt. Im Januar 1920 sind die Anti-Alkoholiker am Ziel. Eine Minute nach Mitternacht tritt das Verbot in Kraft – in Form eines Zusatzartikels zur Verfassung. Amerika ist trockengelegt.
Dock kein Alkohol ist auch keine Lösung. Es wird nicht weniger getrunken, es wird nur heimlicher getrunken. Und Alkoholschmuggel und –verkauf verhelfen dem organisierten Verbrechen zum Durchbruch. 1933 ist der Spuk schließlich vorüber. Die Große Depression versetzt der Prohibition den Dolchstoß. Produktion von Alkohol soll die Wirtschaft wieder ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen.
Ulrich Noehten ist der Erzähler
Ken Burns hat sich Zeit genommen, um diese Jahre aufzuarbeiten. Obwohl fünf Teile für einen, den man in der Branche „König des Marathon-Dokumentarfilms“ nennt, fasst schon ein Kurzfilm sind. Man muss sich also Zeit nehmen für diese Reihe.
Und wer deutsche „History“-Dokus gewohnt ist, muss sich auch umstellen. Burns arbeitet nämlich nicht mit nachgestellten Szenen, dem so genannten „Reenactment“, sondern setzt auf Authentizität. Was in diesem Fall bedeutet, dass viel grobkörniges Filmmaterial aus den 1920er-Jahren über den Bildschirm flimmert. Aus einer Zeit, als die Bilder eben gerade erst laufen lernten.
Dafür glänzt die Reihe durch geschichtliche Genauigkeit und liebevolle deutsche Bearbeitung. Ulrich Noethen ist der Erzähler, aber auch Christian Brückner, Kornelia Boje und Marcus Off sind zu hören. Zum Auftakt gibt es heute drei Folgen am Stück, die übrigen zwei werden am Dienstag 24. Juni ausgestrahlt. Eine gute – wenn auch zwischenzeitlich etwas trockene – Aufarbeitung einer einzigartigen Ära.