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„Belle de jour“ finanzierte Doktorarbeit mit Sex

„Belle de jour“ finanzierte Doktorarbeit mit Sex

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Foto: AFP

London. Es gibt viele Wege zum Doktortitel. Brooke Magnanti hat sich ihr Studium in London als Callgirl „Belle de Jour” verdient und dabei ein anonymes Internettagebuch geführt. Doch mit dem Doppelleben ist nun Schluss: Die 34-Jährige hat sich geoutet.

Die Neurotoxikologin musste offenbar einem fiesen Ex-Freund zuvorkommen und ihre Identität preisgeben. Und wie ernüchternd die ist: Informatik und Epidemiologie sind ihre eigentlichen Fachgebiete, ihr Arbeitsplatz liegt mittlerweile in einem Krankenhaus-Labor in Bristol. Doch für Dr. Magnanti stellt sich gar nicht erst die Frage, ob diese Durchschnittskarriere es wert war, ihren Körper zu verkaufen. Sie sieht das Ganze eher praktisch: „Als ich die Dissertation schrieb, konnte ich ja in meinem Feld noch nicht arbeiten – ohne Doktortitel kein Job. Viel Zeit hatte ich auch nicht – und meine Ersparnisse schmolzen nur so dahin.” Am Ende stand die Frage danach, „was sofort Geld einbringt, keine Ausbildung oder Investitionen erfordert und genug Freiraum für die Uni lässt”.

Magnantis Antwort darauf dürfte der Tagtraum ungezählter Männer (und Albtraum vieler Eltern) sein: Eine kluge und witzige Studentin, die freiwillig als Prostituierte arbeitet – und ihre Erlebnisse vor globalem Publikum ausbreitet. So unterhaltsam war ihr Erzähl-Striptease, dass „Belle de Jour” (Name spielt auf den gleichnamigen Erotik-Klassiker an) einen Blogger-Preis einheimste, das Blog zu einem Buch wurde und das Buch zum Film. Zwei- bis dreimal pro Woche hat sie Kunden besucht – und das Gros der 300 bis 450 Euro Stundenlohn behalten dürfen. „Ich hatte nicht den Eindruck, mir zu schaden”, sagt sie.

Magnantis leidenschaftslose Kalkulation klingt so gerade heraus, dass Zweifel laut werden, ob der Tauschhandel „Sex gegen Geld” wirklich so simpel ist. Klar ist vor allem: Er kommt häufiger vor, als viele meinen. Seit ihrem Outing verbreitet sich in Großbritannien das „Belle de Jour”-Phänomen, bei dem einige Akademikerinnen ihre geheime Vergangenheit enthüllen.

Feministinnen jubeln: Endlich mal eine Sex-Arbeiterin, die sich nicht zerstören lässt und ihre Erfahrungen vermarktet, heißt es. Nur der Erzbischof von York mahnte, dass Prostitution zum Glamour-Job erhoben werde, die Realität sei eher deprimierend.

Für Brooke Magnanti sind die wilden Jahre vorbei. In einem Abschieds-Blog-Eintrag schreibt sie: „Belle de Jour und ich waren zu lange getrennte Persönlichkeiten. Ich musste sie zusammenbringen. Und ich fühle mich seither besser.”