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Beschäftigt bei den Glücklichsten

Glücklich in Groningen

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Foto: WAZ FotoPool
Deutsche Studenten führen Touristen durch die angeblich glücklichste Stadt Europas: Groningen. Auch Mathias Horn aus Dortmund ist dabei.

Groningen. 

Hier also wohnt das Glück. Man hätte sich diesen Ort anders vorgestellt, sagen wir: heiter bis sonnig. Aber es regnet Katzen und Hunde und Bindfäden, es ist, als müsste diese Stadt, in der die Europäer laut einer Studie am glücklichsten sind, von irgendetwas reingewaschen werden, Donner, Blitz und Wolkenbruch! Zum Glück aber suchen die deutschen Touristen unter ihren Schirmen, in den durchweichten Wetterjacken nicht das Glück. Sie suchen die Geschichte Groningens. Und Mathias Horn aus Dortmund zeigt ihnen den Weg.

Gerade hat der 25-jährige Student der Internationalen Betriebswirtschaft etwas gemurmelt von „gefühlten 364 Tagen Regen“, aber nun lächelt er tapfer hinauf zum Martini-Turm, dem „höchsten der Niederlande“, dass ihm das Wasser in den Kragen läuft. G wie Groningen steht auf seiner orangefarbenen Jacke, es könnte aber auch G wie „Gids“ heißen – niederländisch für Reiseführer. Mathias Horn erklärt den deutschen Gästen die mittelalterliche Stadt im Norden des Nachbarlandes aus deutscher Sicht; er glaubt, „so fühlt man sich geborgener“.

1500 Städtetouristen haben deutsche Studenten durch Groningen geführt, seit das örtliche Marketing im vergangenen Jahr diese „kleine Idee“ hatte, aus der eine „große Sache“ wurde. „Am Wochenende“, weiß Horn, der von Anfang an dabei ist, „hört man auf dem Markt mehr Deutsch als Holländisch“; die Grenze ist nicht weit und die Provinzhauptstadt eine dieser niedlich-niederländischen Kaufmannsstädte voller Läden, Kneipen und Cafés. „Unser junger, frischer Tick“, so Horn, „macht die Sache interessant.“

Ohne Antjes Akzent

Er erzählt aber auch wirklich nett und eben ganz ohne Frau Antjes Akzent von den Fensterläden in „grachtengrün und hollandbeige“, vom Bier, das des Mittelalters Apfelschorle gewesen sei, von den 190 000 Einwohnern, die in den Semesterferien um 55 000 Studenten schrumpfen, von den über 200 Gaststätten: „Die Studenten wollen bespaßt werden!“

Und von den Gasthäusern für Pilger, die irgendwann leer blieben, „weil die Pilger kapiert haben, dass das mit dem Seelenheil nicht so stimmte“ und die gewissermaßen folgerichtig Heilanstalten wurden. „Da packten die Groninger sonntags ihren Picknickkorb und gingen durch die Gitterstäbe Verrückte angucken. Wir gucken heute Big Brother.“ Und seine Touristen angestrengt ins Dunkel hinter den gardinenlosen Fenstern: Da wohnen ja noch Leute!

Solche Stadtgeschichte müssen die Studenten aus Deutschland zusätzlich zu ihrem Uni-Stoff lernen, außerdem, wie man mit den Leuten umgeht und mit den vielen Fahrrädern, und dass man nicht herumsteht vor der Reisegruppe „wie ein schlapper Sack“. Was Deutsche wollen: „Immer das Größte, Älteste, Tollste“, erfährt der Nachwuchs von allein. Acht Theoriestunden, zehn praktische, Prüfung. Und dann braucht Groningen natürlich immer neue Stadtführer, es liegt ja in der Natur des Studenten, dass er selten ewig bleibt.

Geld vom Staat

Allerdings hat er auch etwas davon. Ein paar Euro für jede Tour. Und Geld vom Staat: Es gibt in den Niederlanden kein Bafög für deutsche Studenten – es sei denn, sie arbeiten, 32 Stunden im Monat. Nur, „was soll einer machen, der kein Niederländisch spricht“, fragt Horn: „Teller waschen? Büros putzen?“ Deutschsprachige Stadtführungen! Für den Staat ist das: „eine Leistung für die Gesellschaft“. Und für die Studenten ein Glück.