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„Brezeln für den Pott“ liefert Revier-Klischees satt

„Brezeln für den Pott“ liefert Revier-Klischees satt

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Brezeln für den Pott. Pressebilder. ARD Foto: ARD Degeto/Willi Weber
Die ARD-Komödie „Brezeln für den Pott“ liefert einen Plot, der wie eine deutsche Version von „Willkommen bei den Sch’tis“ wirkt. Tatsächlich aber ging der Versuch, einen Schwaben ins Ruhrgebiet zu verfrachten, gründlich schief. Gott sei Dank liefert der Film aber auch Lichtblicke.

Köln/Duisburg. 

Die Verlockung war zu groß. Die französische Komödie „Willkommen bei den Sch’tis“ entpuppte sich in Deutschland mit zwei Millionen Kino-Zuschauern als Überraschungshit. Und das Muster, so schien es, war leicht zu kopieren: Ein überheblicher Mann wird aus dem sonnigen Südfrankreich in dem kalten Norden an der belgischen Grenze strafversetzt. Nebenher erzählt der Film eine neue Variante von „Des Widerspenstigen Zähmung“.

Der Kölner Produzent Michael Souvignier und seine Firma Zeitsprung glaubten, die Geschichte auf deutsche Verhältnisse übersetzen zu können, in dem sie einen bräsigen Bäckerei-Manager (Hans-Jochen Wagner) aus Schwaben ins Ruhrgebiet verfrachten. Seine Mission lautet: „Brezeln für den Pott“ (ARD, 20.15 Uhr).

Das Gegensatz-Duo Hans-Jochen Wagner und Marian Meder funktioniert prächtig

Hans-Jochen Wagner (46) ist erstens Schwabe und zweitens perfekt für die Rolle des Managers mit unterentwickeltem Feingefühl und überentwickeltem Spardrang. Geiz und Ehrgeiz mischen sich unheilvoll. Wagners Gesicht wirkt stets leicht mürrisch. Deshalb wird er gern als Fiesling oder doch zumindest als Gegenspieler der Hauptfigur besetzt. Wagner spielt sie mit Hingabe – so auch hier.

In dem Film von Regisseur Matthias Steurer nach einer Vorlage von Peer Klehmet und Franz Müller ist Wagners Gegenfigur der eigentliche Sympathieträger: Marian Meder (33) als Chef-Assistent Dietmar Grabowski. Der gebürtige Herdecker verkörpert im besten Sinn den kleinen Mann mit Einsatz, Witz und Herz. Zugleich tegtmeiert Meder nicht, sondern setzt seinen Ruhr-Akzent nur in homöopathischen Dosen ein. Das machen längst nicht alle im Ensemble. Vielmehr bedient das Gros der Schauspieler den klassischen Ruhr-Sound.

Überhaupt geht die Komödie an keinem Revier-Klischee vorbei. Gleich auf der Fahrt des Brezel-Bäckers nach Duisburg bietet der Film alle optischen Ikonen herkömmlicher Ruhrgebietswahrnehmung auf: dampfende Schlote, Autos im Stau, grauer Himmel. Nebenher macht der Film glauben, im Revier stehe die Zeit still: Der Backbetrieb sieht aus wie ein Freilichtmuseum für Industriekultur. Und vor der neuen Wohnung des zugereisten Schwaben steht ein Kleinkraftrad aus den 70ern. Noch Fragen?

Wo bleibt die zeitgemäße Ruhrgebietskomödie?

Und die Menschen? Schlichte Gemüter mit goldenem Herzen. Fußball und Kneipe reichen zum Glück. Das Revier als Verlierer-Region. Wobei die Autoren gelegentlich Kenntnisse der Realität vermissen lassen. Was die Menschen im Revier drückt, sind nicht die Kosten für Butter, Brot, Bananen. Es sind die Energie-Preise.

Dass ausgerechnet das Taubenvater-Klischee das tragende Element der Sympathie-Werbung für die Ruhris sein soll, verrät, was im Fernsehen fehlt: eine zeitgemäße Ruhrgebietskomödie.