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Kriminelle Clans: Aussteiger packt aus – nur so lassen sich Clans wirklich bekämpfen

Kriminelle Clans: Aussteiger packt aus – nur so lassen sich Clans wirklich bekämpfen

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Die Polizei geht derzeit vermehrt gegen Clans vor. Foto: dpa

Berlin. 

Kriminelle Clans erhalten in diesen Tagen eine besondere Aufmerksamkeit. Die Meldungen von Polizeieinsätzen gegen Großfamilien in mehreren Bundesländern überschlagen sich. In Berlin wurde Clan-Chef Arafat Abou-Chaker nach einem Prozess verhaftet.

Öffentlich halten sich die Clanmitglieder bedeckt. Medial erhält der Zuschauer nur in Serien wie „4 Blocks“ und „Dogs of Berlin“ einen fiktiven Einblick ins Innenleben der Clans.

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Aussteiger packt aus

Jetzt spricht einer, der in der echten Welt das Leben einer kriminellen Großfamilie erlebt und mitgestaltet hat – und dem ganzen System den Rücken kehrte.

In der „Welt am Sonntag“ spricht Clan-Aussteiger „Khalil“, wie er genannt werden will, über seinen Lebenslauf in der Großfamilie. Die Familie kam aus dem Libanon nach Deutschland. Ein Onkel in Berlin hatte ihnen gesagt, „Kommt her, hier gibt’s Geld für nix!“

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Die Familie gehört zur Volksgruppe der Mhallami aus der Südosttürkei. Khalil lebte erst in Bayern, Anfang der 90er-Jahre kam er als Teenager nach Berlin, wo viele seiner Verwandten lebten.

Aufstieg als Drogendealer

Er fand schnell einen Hang zur Gewalt. Drogendealer wurden zusammengeschlagen und ausgeraubt. Ein Ruf entstand. Verfahren wegen Körperverletzung endeten mit einer Ermahnung. „Pillepalle“, wie er sagt. Über erste Kontakte in die Drogenszene entstand das eigene Geschäft mit dem Rauschgift.

Aus der Familie wurde ein Netzwerk. Geheiratet wurde nur innerhalb des Clans.

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Khalil erzählt, wie das Drogengeschäft mit Kokainhandel samt Taxikurier expandiert wurde. Eine Bewährungsstrafe nach Jugendstrafrecht und ein Razzia der Polizei hielten ihn nicht auf. Eine Karriere wie im Mafiafilm.

Aussteiger nennt den empfindlichsten Punkt der Clanmitglieder

Erst, als seine Frau krank wurde und er auf seinen Sohn aufpassen musste, kam ihm der Sinneswandel. Khalil stieg aus. Er wurde Sozialarbeiter und hilft heute kriminellen Jugendlichen einen anderen Weg einzuschlagen.

„Wenn man so aus der Vogelperspektive draufschaut, sieht man noch mal, was für ein Wichser man war“, sagt er.

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Er kennt den empfindlichsten Punkt, um Clanmitglieder zu treffen: den Status. Strafmaßnahmen müssten voll ausgeschöpft werden, sagt er in dem Bericht, um den Kriminellen Vermögen und Immobilien zu nehmen. Das mache Eindruck in der arabischen Szene.

Falsches Bild von Väter-geführten Clans

Berlin will ein Aussteigerprogramm einrichten. Davon hält „Khalil“ nichts. „Es geht ja hier nicht um irgendeinen Extremismus, um links oder rechts, sondern um Blut“, sagt er der „Welt“.

Khalil erzählt, dass es in der Öffentlichkeit ein nicht ganz stimmiges Bild von Clans entsteht, dass Clans von Vätern als Pate geführt werden. Väter wie seiner hätten es nicht geschafft ihn von der Straße fernzuhalten. Andere Väter aber würden das Verbrechen vorleben.