David Gilmour, Roger Waters, Nick Mason, Richard Wright, Syd Barrett: Die Geschichte der britischen Kult-Band Pink Floyd ist ohne ihre faszinierenden Persönlichkeiten nicht zu erzählen. Was steckt hinter dem Pop-Phänomen Pink Floyd, das jetzt sein 16. Album auf den Markt gebracht hat?
Die Giganten sind zurück. Na ja, es sind ziemlich alte Giganten. Fossile der Rockkultur. Dinos. Doch ihr unverwechselbarer, zeitloser Sound treibt den Fans – egal wie alt – immer noch Tränen in die Augen. Die einzigartige Kultband Pink Floyd stellt heute ihr neues Album „The Endless River“ vor. Es ist in der fast 50-jährigen Geschichte der britischen Gruppe das 16. Und alle sind typisch Pink Floyd.
Wie kommt Rockmusik von Herrschaften, die deutlich über 60 Jahre alt und zum Teil nicht mehr unter den Lebenden weilen, bei der jüngeren Generation so magisch an? Die „Zeit“-Autorin Christina Rietz, deutlich unter 30, schreibt: „Manche haben ihren Goethe-Moment, anderen geht bei Hölderlin das Herz auf, mein Leben wurde durch Pink Floyd ein anderes.“
Lyrik, Emotion, Kraft und musikalisches Pathos sind die Ingredienzien der wohl begabtesten Rockband aller Zeiten. Warum? Sind und waren Zauberer am Werk? Oder nur richtig gute und bisweilen auch unausstehliche Musiker? Es ist die Story von fünf Männern und fünf Geheimnissen. Jede einzelne Figur erzählt eine Geschichte von Aufstieg und Fall einer ungewöhnlichen Epoche der Musik. Eine Liste voller Glamour, Tragik und Tücken.
David Gilmour (68)
Der populärste Musiker von Pink Floyd ist seit 1985 der unbestrittene Kopf der Band, die mittlerweile nur noch aus ihm und dem Schlagzeuger Nick Mason besteht. Der ehemalige Architekturstudent entstammt einer Akademiker-Familie aus Cambridge, sein Vater war Professor für Genetik.
Gilmour gilt als einer besten Gitarristen aller Zeiten, seine unvergleichlichen Soli in „Comfortably Numb“, „Shine On You Crazy Diamond“, „Time“, „Dogs“ oder „Have A Cigar“ sind zeitlose Highlights, die Musikgeschichte geschrieben haben.
Ein großer Musiker und Menschenfreund, der oft genug seine Kunst in den Dienst der Gesellschaft gestellt hat. Beispielsweise hat Gilmour eines seiner Londoner Häuser verkauft und den Erlös von umgerechnet fünf Millionen Euro britischen Obdachlosen gespendet. Nicht zuletzt deswegen wurde er 2003 mit dem Orden „The Most Excellent Order of the British Empire“ ausgezeichnet. Außerdem hat ihm die Anglia Ruskin Universität in Cambridge 2009 die Ehrendoktorwürde verliehen.
Auf seinem Themse-Hausboot „Astoria“ hat er Aufnahmestudios eingerichtet, in denen auch ein Teil des neuen Albums „The Endless River“, das dem toten Freund und Pink Floyd-Keyboarder Richard Wright gewidmet ist, produziert wurde.
Gilmore ist zum zweiten Mal mit der Journalistin Polly Samson verheiratet, die bisweilen die Texte für seine Songs schreibt. Das Paar hat drei gemeinsame Kinder. Außerdem ist Gilmour Vater von vier weiteren Kindern aus erster Ehe, zudem hat er einen Sohn Pollys aus einer frühen Beziehung adoptiert. Die Familie lebt in der Grafschaft Sussex, in der Nähe von Nick Mason.
Nick Mason (70)
Er würde am liebsten noch ewig weiter spielen, denn Musik machen ist für ihn „das Schönste“ was es gibt. Der joviale Gentleman Nicolas Berkeley Mason, dessen gepflegte Erscheinung so gar nicht zum Image eines Rock-Drummers passen will, ist im exklusiven Londoner Hampstead-Distrikt aufgewachsen.
Als Heranwachsender nahm er Geigen- und Klavierunterricht und studierte nach der Internatszeit zunächst Architektur und wäre wohl auch Architekt geworden, wenn ihn nicht die Musik so fasziniert hätte. Während des Studiums am Regent-Street-Polytechnikum lernte er Roger Waters und David Gilmour kennen. Mason ist eines der Gründungsmitglieder von Pink Floyd, hatte sich aber mit Roger Waters zerstritten. Erst seit 2000, als sich die beiden zufällig als Urlauber in der Südsee trafen, reden sie wieder miteinander.
Mason, der 2012 bei der Schlussfeier der Olympischen Spiele in London mit dem legendären Pink Floyd-Hit „Wish you were here“ als Schlagzeuger auftrat, lebt mit seiner zweiten Frau Annette Lyndon (zwei gemeinsame Töchter) auf Middlewick House bei Corsham zwischen London und Bristol. In dem feudalen Anwesen wohnte früher Camilla Parker Bowles, mittlerweile die Ehefrau von Prinz Charles, mit ihrem ersten Mann; 1996 kaufte Nick Mason den Landsitz.
Der Pink-Floyd-Drummer besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen von historischen Autos und Rennwagen der Welt. Er nimmt regelmäßig an Oldtimer-Rennen auf dem Nürburgring oder in Le Mans teil.
Roger Waters (71)
Der Bassist, Sänger, Komponist und Texter war gut 15 Jahre der diktatorische Frontmann von Pink Floyd. Nach dem Ausscheiden von Syd Barrett (1968) bestimmte Waters die musikalische und inhaltliche Richtung der Band. Auf ihn gehen zu einem großen Teil die Megaerfolge mit Alben wie „Dark Side Of The Mood“, „Wish You Were Here“ und „The Wall“ zurück, andererseits sprengte er mit seiner egomanischen Art die Band, die er 1983 völlig auflösen wollte.
Waters ist der Sohn eines britischen Offiziers aus dem Zweiten Weltkrieg, der vor seiner Soldatenkarriere Mitglied der kommunistischen Partei Englands war und schließlich in Italien bei Kämpfen gegen die deutsche Wehrmacht fiel. Auch der Großvater hatte im Ersten Weltkrieg den Soldatentod erlitten. Diese Schicksale hat Roger Waters nie verwunden. Er schrieb beißende Songs gegen Autoritätsgläubigkeit und formulierte eine oft zynische Gesellschaftskritik, vor allem im Album „The Wall“.
Mit seinen Bandkollegen ging Waters nicht besonders freundschaftlich um, was 1985 zum endgültigen Bruch führte: Waters verließ Pink Floyd, die Trennung wurde von einem langwierigen juristischen Gefecht begleitet. Die anschließende Solokarriere setzte zwar einige interessante Akzente, war aber bei weitem nicht so erfolgreich wie die mit Pink Floyd. 2005 stand er noch einmal mit seiner ehemaligen Band für vier Songs in London auf der Bühne, einen Wiedereinstieg lehnte jedoch sein Kollege David Gilmour vehement ab.
Waters war dreimal verheiratet und hat zwei Söhne und eine Tochter. Er lebt mit seiner vierten Frau, der Filmemacherin Laurie Durning, in London und macht in jüngster Zeit Schlagzeilen mit seinen Boykottaufrufen gegen Israel, dessen Regierung er mit dem früheren südafrikanischen Apartheid-Regime vergleicht, was heftige jüdische Reaktionen hervorgerufen hat.
Richard Wright (65, gest. 2008)
Dem 2008 verstorbenen Keyboarder der Jahrhundertformation Pink Floyd ist das finale Album „The Endless River“ gewidmet. Die Rolle des schüchternen Rick, der aber unumstrittener Sympathieträger war, wird von Kritikern oft mit der von George Harrison bei den Beatles verglichen. Beide standen zwar im Schatten großer Musiker, trotzdem waren sie tragende Säulen ihrer Gruppen.
Ricks Freund David Gilmour sagte einmal, dass nicht nur Wrights Kompositionen, sondern auch seine Aura Alben wie „Dark Side of the Moon“, „Meedle“ und „Wish You Were Here“ eine Leichtigkeit verliehen hätten, „die Pink Floyd nicht mehr besaß, nachdem Ricks Persönlichkeit vom größten Ego in der Band an den Rand gedrängt worden war.“ Gilmour meinte damit Roger Waters, der Rick 1981 rausgeekelt hatte. Er zog auf eine griechische Insel und kehrte erst 1994 zurück, als David Gilmour der musikalische Kopf der Band war.
Der Sohn eines Londoner Biochemikers lernte Water, Gilmour und Mason ebenso beim Architekturstudium in London kennen. Eigentlich kam er von der Klassik her und hatte mit Rockmusik nicht viel am Hut. „Ich bevorzugte Jazz. Die Musik von Coltrane, Eric Dolphy und Miles Davis weckte den Wunsch in mir, selbst Musiker werden zu wollen“, sagte er später. Seine Jazz-Akkorde verliehen der epischen Musik Pink Floyds jene zeitlose Unverwechselbarkeit, die sie in den 70er-Jahren zum Massenphänomen machte.
An der Seite von David Gilmour produzierte Rick das Album „The Division Bell“, das 1994 erschien und von Wrights Einflüssen geprägt war. Die Freundschaft zu David Gilmour hielt bis an Ricks Lebensende. Anfang der 2000er-Jahre war der fragile Musiker an einem Gehirntumor erkrankt. Er starb am 15. September 2008 in seinem Haus im Londoner Stadtteil Kensington.
Syd Barrett (60, gest. 2006)
Der Londoner Gitarrist, Sänger, Texter und Komponist, der eigentlich Roger Keith Barrett hieß, gilt als Urvater von Pink Floyd. Mit Roger Waters, Rick Wright und Nick Mason gründete er 1965 eine Band, die er „The Pink Floyd Sound“ nannte, nach den Vornamen der Blues-Musiker Pink Anderson und Floyd Council. Später wurde daraus schlicht Pink Floyd.
Der genialisch-kreative Barrett prägte den Psychedelic Rock der Gruppe und ihre ersten Erfolge. Gleichzeitig experimentierte er immer häufiger mit Drogen, vor allem mit LSD. Nicht nur Freunde bemerkten eine Persönlichkeitsveränderung. Bei Konzerten stand Syd oft teilnahmslos auf der Bühne und starrte wie aus toten Augen ins Publikum.
1968 holte er seinen Freund David Gilmour in die Band, der ihn unterstützen und bei neuerlichen Schüben von Realitätsverlust als Musiker ersetzen sollte. Noch im gleichen Jahr war es soweit: Es ging nicht mehr, und Syd Barrett verließ als drogensüchtiges Wrack die Band. Psychoaktive Drogen hatten ihn in den Wahnsinn getrieben. David Gilmour sagte, dass er wegen Syd bis heute ein schlechtes Gewissen habe.
Pink Floyd unterstützte finanziell das abgestürzte Genie Zeit seines Lebens und widmete ihm das Album „Wish You Were Here“ mit dem tragenden Stück „Shine On You Crazy Diamond“. Zu den Aufnahmen in den Abbey Road Studios kam 1975 auch ein dicklicher älterer Herr mit Glatze als Zaungast, den niemand kannte und der sagte, er hätte gerade beim Metzger Koteletts gekauft und wolle nun ein paar Takte guter Musik hören. Ein Irrer! Erst nach einigen Stunden erkannte David Gilmour seinen Freund Syd Barrett und brach, wie auch die anderen, in Tränen aus.
Barrett lebte zeitweise bei seiner Mutter auf dem Land. Die alte Frau kümmerte sich um den nun auch an Diabetes und Krebs erkrankten Musiker, der am 7. Juli 2006 in seiner Heimatstadt Cambridge starb. Doch der tote Stern strahlt weiter. Shine on you crazy diamond.