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Doris Day wirkte stets wie die Frau von Meister Proper

Doris Day wirkte stets wie die Frau von Meister Proper

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Foto: afp
Sie war Hollywoods Sauberfrau. Doris Day spielte zeitlebens Rollen mit kühler Leidenschaft und züchtigen Manieren. Das Privatleben der Tochter deutscher Einwanderer war allerdings deutlich wilder als ihr Leinwand-Image. Am Donnerstag wird sie 90.

Essen. 

Ach ja, wir erinnern uns mit einem Schmunzeln. Wenn Doris Day bei einem ihrer süßen Wutausbrüche am Herd die Hände in die Hüften stemmte und ein bisschen herumschimpfte, dann war das schon der Gipfel weiblichen Aufbegehrens. Und die Welt war so heil, wie sich das Männer in diesen Tagen nur wünschten konnten – sofern ihnen Frauchen lieber waren als Frauen.

Während Joan Crawford, Barbara Stanwyck und Katherine Hepburns hoffnungslos unterlegenen Burschen wie Cary Grant, James Stewart und Spencer Tracy in den 40er-Jahren Mores beibrachten, fügte sich Doris Day in einer historischen Rolle rückwärts brav ins Klischee der Nachkriegsjahre: Sie presste das prüde Sauberfrauleben der amerikanischen Vorstädte in den Fünfzigern und Sechzigern so sehr in die Kinoleinwände, dass es für eine Weile Spuren hinterließ. So wie ihre superblonde Betonfrisur, in der über die Jahrzehnte eine Haarsprayfabrik untergekommen sein muss, stilbildend wurde in jenen Jahren.

Doris Day drehte vor 46 Jahren letzten Film

Alles aber hat seine Zeit: Doris Day hat vor 46 Jahren ihren letzten Film gedreht. Ein 2011 veröffentlichtes Album mit Aufnahmen aus den 80ern kletterte immerhin noch in die britische Hitparade. Das Cypress Inn, ein Hotel im herausgeputzten Städtchen Carmel an der kalifornischen Küste gehört ihr, in ihrem privaten Anwesen tummeln sich Katzen und Hunde. Der Tierschutz ist ihr großes Thema geworden, von den Menschen hat sie sich schon lange zurückgezogen. „Mit mir halte ich das Schlimme und Schmerzhafte besser aus“, soll sie dazu in einem ihrer seltenen Interviews einmal gesagt haben.

Wenn man weiß, dass Doris Mary Ann Kappelhoff in Nachtclubs sang, sich in vier Ehen verschliss, mit 17 ihren Sohn bekam und etliche Liebhaber hatte, darunter Ronald Reagan, den späteren Präsidenten, dann bekommt man eine Ahnung davon, wie sehr Leben und Filmrollen auseinanderdrifteten. „Ich kannte Doris, bevor sie Jungfrau wurde“, lästerte der große Komiker Groucho Marx einst. Als Mike Nichols ihr aber 1967 anbot, die laszive Mrs. Robinson zu werden und Dustin Hoffman im späteren Welterfolg „Die Reifeprüfung“ zu verführen, lehnte sie ab. Das war nicht mehr die Welt der Doris Day.

Alles blieb stets hübsch keimfrei

Die federleichten Komödien wie „Bettgeflüster“ und „Ein Pyjama für zwei“ mit denen sie an der Seite von Rock Hudson weltberühmt geworden war, spielten zwar ganz zart mit zwischenmenschlichen Anzüglichkeiten, aber alles blieb stets hübsch keimfrei und wurde vorzugsweise in gestreiften Polyesterschlafanzügen aufgeführt. Schließlich ging es in diesen chauvinistischen Streifen im Kern stets darum, dass eine hübsche Frau einen hübschen oder wenigstens reichen Kerl heiratet, um endlich in den Adelsstand der glücklichen Familienmutter erhoben zu werden. „Ich habe keine Lust, Leuten beim Sex zuzusehen“, sagte Doris Day in den späten Sechzigern, als selbst das amerikanische Kino ganz langsam sein Keuschheitsgelübde aufkündigte und sie für sich keine passenden Rollen mehr sah.

Zu selten hatten Regisseure ihr indes die Chance gegeben, zu zeigen, dass mehr in ihr steckte. In Hitchcocks brillantem Krimi „Der Mann, der zu viel wusste“ bewies sie, dass sie auch Charakterrollen spielen kann. Immerhin schaffte sie es, dass sich eine Szene ins kollektive Filmgedächtnis eingebrannt hat: Wenn Doris Day „Qué será“ schmettert, um ihrem entführten Sohn Mut zu machen, muss man schon aus Stein sein, um nicht weich zu werden.

Am Donnerstag wird die Schauspielerin, Sängerin und Tochter deutscher Einwanderer aus Cincinnati, Ohio, 90 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch.