Sie sollen eine junge Frau länger als ein Jahr gefangen gehalten und misshandelt haben: Wegen Geiselnahme, Körperverletzung und sexueller Nötigung stehen im baden-württembergischen Mosbach ein 51-Jähriger und seine 46 Jahre alte Frau vor Gericht.
Mosbach.
Im Fall der „Haussklavin“ von Haßmersheim hat am Donnerstag vor dem Landgericht Mosbach der Prozess gegen die beiden mutmaßlichen Täter begonnen. Dem Ehepaar wird vorgeworfen, eine 20-jährige Frau gefangen gehalten zu haben. Die Staatsanwaltschaft legt dem Paar Geiselnahme und dem Mann zudem gefährliche Körperverletzung und sexuelle Nötigung zur Last.
Ihr Martyrium sorgte bundesweit für Schlagzeilen: Fast ein Jahr lang wurde eine gebürtige Würzburgerin nach eigenen Angaben von einem Ehepaar gefangen gehalten, misshandelt und missbraucht. Jetzt stehen die mutmaßlichen Täter, ein 51-Jähriger und seine 46 Jahre alte Ehefrau, in Mosbach vor Gericht.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Geiselnahme und dem Mann zudem gefährliche Körperverletzung und sexuelle Nötigung vor. Das Ermittlungsverfahren gegen ihren minderjährigen Sohn, der ein Teilgeständnis abgelegt hat, wurde inzwischen eingestellt. Er hatte zugegeben, an der Drangsalierung und Misshandlung des Opfers beteiligt gewesen zu sein.
Mutmaßliches Opfer hatte Kontakt übers Internet bekommen
Die heute 21-Jährige hatte den Sohn über das Internet kennengelernt. Als sie sich wenige Monate nach ihrer Hochzeit von ihrem Mann trennte, schlüpfte sie zunächst bei Bekannten unter und zog Mitte 2010 schließlich zu der Familie des jungen Mannes in Haßmersheim – ohne zu ahnen, welche Hölle sie dort erwartete.
Nach eigenen Angaben musste sie unentgeltlich im Haushalt schuften, bekam kaum etwas zu essen und es setzte Schläge, wenn dem Hausherrn etwas nicht gefiel. Der Familienvater soll unter anderem mit einem Besen auf die junge Frau losgegangen sein und sie zudem sexuell belästigt haben. Auch sein Sohn soll zugeschlagen, seine Ehefrau zugeschaut haben. Ständig soll mindestens ein Familienmitglied die junge Frau bewacht und an der Flucht gehindert haben.
Anfang Juni 2011 konnte sie dennoch durch ein offenes Fenster entkommen und die Polizei informieren. Ein Sondereinsatzkommando nahm das Ehepaar und den Sohn wenige Tage später fest.
Nachbarn hielten die junge Frau für ein Familienmitglied
In dem kleinen nordbadischen Ort mit rund 5000 Einwohnern war die Geiselnahme bis dahin unbemerkt geblieben. Die Familie war neu in Haßmersheim, Bewohner hielten das stark abgemagerte Opfer für eine Angehörige. Der Hausmeister des leicht verfallenen Anwesens, in dem die Familie wohnte, sagte, die junge Frau habe ab und zu in Begleitung das Haus verlassen und sei sehr schweigsam gewesen. Sie habe einen ungepflegten und ungesunden Eindruck gemacht.
Die Angeklagten bestreiten zwar alle Vorwürfe, doch vieles spricht gegen sie. So sind beide einschlägig vorbestraft: Bereits 2002 wurden der Mann und die Frau vom Landgericht Heidelberg zu einer Haft- und einer Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem sie eine minderjährige Verwandte der Frau monatelang zu Hausarbeiten gezwungen hatten. Auch das damalige Opfer konnte fliehen.
Im aktuellen Fall hält die Staatsanwaltschaft die Schilderungen des Opfers für sehr glaubhaft. Demnach haben medizinische Untersuchungen Verletzungsmuster ergeben, die auf Misshandlungen hindeuten und mit den Angaben der Geschädigten übereinstimmen.
Für den Prozess sind zunächst vier Verhandlungstage angesetzt. (dapd)