Früher war alles besser – Weit mehr Deutsche als vor einem Jahr stimmen dem zu. Das Lieblingsjahrzehnt der Deutschen: die 1980er Jahre.
Berlin.
Die Deutschen blicken sehnsüchtiger in die Vergangenheit als noch vor einem Jahr. Während im vergangenen Jahr nur jeder Vierte (26 Prozent) der Aussage „Früher war alles besser“ zustimmte, sind es inzwischen 41 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. „Früher war alles schlechter“ – dieser Aussage stimmen dagegen nur 4 Prozent der befragten Deutschen zu. Die Mehrheit gibt ein neutrales Urteil ab: „Früher war es genauso gut oder schlecht wie heute“, finden demnach fast die Hälfte der Deutschen, nämlich 47 Prozent.
Als besonders verlockend bewerten die Befragten die 80er Jahre: Fast jeder Zweite (47 Prozent) meint, dass es damals besser war. Ein positives Urteil über die 90er und 70er Jahre fällten immerhin noch jeweils 43 Prozent, über die 60er noch 31 Prozent. Danach geht es mit den Bewertungen der Attraktivität der Jahrzehnte bergab: Die Mehrheit der Deutschen schätzt die Lebensumstände der Menschen in den 50er Jahren, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und im 19. Jahrhundert als schlechter als heute ein.
Die 80er – ein Goldenes Jahrzehnt des Wohlstandslebens
Unterschiedliche Einschätzungen im Osten und im Westen Deutschlands gibt es vor allem zu den 70er und den 80er Jahren. Während die Westdeutschen das Jahrzehnt mit Neuer Deutscher Welle und Mauerfall zu 48 Prozent als „besser als heute“ beurteilen, stimmen dem nur 42 Prozent der Ostdeutschen zu. „Schlechter als heute“ finden es 14 Prozent im Osten und 10 Prozent im Westen.
„Die 80er Jahre waren nicht nur ein Jahrzehnt von Tschernobyl und Kaltem Krieg, sondern auch ein Goldenes Jahrzehnt des Wohlstandslebens in Deutschland“, sagte der Zukunftswissenschaftler Prof. Horst Opaschowski zu den positiven Bewertungen im Westen. „Den Menschen ging es gut und immer besser. Und mit dem Fall der Mauer breitete sich 1989 Zukunftshoffnung im Land aus. Es herrschte geradezu Hoch-Stimmung.“
Deutsche blicken pessimistischer in die Zukunft
Besonders sehnsüchtig Richtung Vergangenheit blicken laut Umfrage die 50- bis 59-Jährigen: Von ihnen glauben 51 Prozent, dass früher alles besser war. Die jungen Deutschen zwischen 18 und 29 Jahren sind mit ihrer Einschätzung weniger rückwärtsgewandt: Nur 30 Prozent stimmen dem positiven Blick nach hinten insgesamt zu. „Mitte der 80er Jahre waren die Mitglieder dieser Altersgruppe junge Erwachsene. Ein Alter, das häufig als spannend, aktiv und allgemein positiv in Erinnerung bleibt und in dem sowohl Gegenwart als auch Zukunft als positiv und angstbefreit empfunden werden“, sagte Prof. Ulrich Reinhardt von der Stiftung für Zukunftsfragen.
Laut Umfrage blicken die Deutschen auch pessimistischer in die Zukunft. Wie das Leben für Menschen in 50 Jahren aussehen werde? „Schlechter als heute“, meinen 49 Prozent der Befragten. „Besser als heute“, glauben dagegen nur 15 Prozent und „Genau so gut bzw. schlecht wie heute“, vermuten immerhin 22 Prozent.
„German Angst“ ist wieder da
Nach Einschätzung von Opaschowski liegt das daran, dass die „German Angst“ wieder da ist, wozu auch Flüchtlingskrise und Terrorbedrohungen beitragen. „Der demografische Wandel und die Überalterung der Bevölkerung in Deutschland lassen wenig Raum für Zukunftsoptimismus. Die Politik sagt immer nur, was gerade noch geht. Die Bürger aber wollen wissen, wohin es geht. Zukunftsgewissheit ist zum Fremdwort in Deutschland geworden“, meinte der Experte.
Sein Kollege Reinhardt sieht das ähnlich: Viele unbeantwortete Herausforderungen prägten den Alltag in Deutschland, vom Klimawandel über die unsicheren Arbeitsbedingungen bis hin zur Flüchtlingsthematik. Auch hätten viele Sorge, den eigenen Lebensstandard nicht halten zu können. „All dies bereitet breiten Bevölkerungsschichten Zukunftsangst. Sie haben hierbei das Gefühl, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren und vertrauen parallel auch Politik, Wirtschaft, Medien und klassischen Institutionen immer weniger“, meinte der Zukunftsforscher. (dpa)