Seine Lieder haben Generationen begleitet. Er sang für eine bessere Welt, war musikalisches Sprachrohr der Linken, schuf Hits wie „Heute hier, morgen dort“, die längst auf keiner Jugendfreizeit mehr fehlen dürfen. Am Samstag feiert Hannes Wader seinen 70. Geburtstag. Er hat noch einiges vor.
Essen.
Hannes Wader hat bereits mehrere Generationen mit seinen sozialkritischen Liedern beim Aufbruch in ihr politisches Leben begleitet. Er war musikalisches Sprachrohr der westdeutschen Linken und Studentenbewegung, lieferte mit „Es ist an der Zeit“ eine Hymne der Friedensbewegung und konnte miterleben, wie das Lied 20 Jahre später in Berlin auf einer Großdemonstration gegen den Irak-Krieg seine zeitlose Gültigkeit bewies. Am Samstag (23. Juni) feiert der aus der ostwestfälischen Provinz stammende Wader seinen 70. Geburtstag. Ein Interview.
Sie haben zum 65. gesagt, Sie könnten nicht aufhören zu singen, weil die Rente nicht reicht. Gilt das noch, oder haben Sie einfach noch Spaß daran, auf der Bühne zu stehen?
Hannes Wader: Ja natürlich. Das mit der Rente stimmt schon, ist aber nicht der erste Grund. Denn ich merke, je älter ich werde, umso mehr Spaß am Singen habe ich. Vielleicht liegt es daran, dass in mir die Furcht steckt, irgendwann aufhören zu müssen. Schließlich geht es ab jetzt nur noch in eine Richtung. Deswegen will mein Unterbewusstsein wohl jetzt noch mal richtig aufdrehen.
Sie sind also immer noch auf Tour. Was hören die Leute heute in Ihren Konzerten? Sind Sie so kämpferisch und unangepasst wie eh und je?
Wader: Zum Teil. Ich glaube, der Begriff altersmild trifft schon auf mich zu. Und vor allem bin ich langsamer geworden. Aber kann ich das eigentlich dem Alter anlasten? Schnell war ich ja noch nie. Bis ich was begriffen hatte, hat’s immer lange gedauert. Und was ich singe? Ich entdecke manchmal Lieder nach 30 Jahren wieder, aber auch neue kommen dazu. Das „Lied vom Tod“ etwa, in dem ich mich mit der Endlichkeit befasse. Das hat mir so einen Spaß gemacht, ich konnte gar nicht aufhören, daran weiter zu schreiben – jetzt hab ich Strophen zur Auswahl.
Tribut-Album zum Geburtstag
Das klingt nicht nach Verbitterung. Sie sind also keiner von denen geworden, der sagt: Die Welt ist schlecht, und die Jugend erst, ach. . .
Wader: Nein. Ja. Doch. Die Welt ist schlecht. Aber die Jugend macht mir große Freude. Auf dem Tribut-Album zu meinem Geburtstag, singen junge Leute, die meine Enkel sein könnten, meine Lieder auf ihre Weise. Max Prosa ist dabei, Philipp Poisel, Slime. Und die Toten Hosen haben auf ihrer neusten CD auch ein Lied von mir mit drauf.
Gefällt Ihnen, was dabei heraus gekommen ist?
Wader: Ja, aber ich könnte das so nicht, und ich würde das so auch nicht machen. Ich bin ja der Mann mit der Gitarre. Aber dass junge Leute Wader-Lieder singen, auf ihre ganz eigene Art, das finde ich ganz großartig.
Und Sie? Singen Sie selbst Ihr „Heute hier, morgen dort“ auch noch gern, oder können Sie es nicht mehr hören?
Wader: Na klar singe ich das. Damit beginne ich jedes Konzert – seit Jahren. Dann fühle ich mich sofort sicher und gut aufgehoben.
Hannes Wader hat immer noch Lampenfieber
Jetzt sagen Sie nicht, Sie haben nach all den Jahren immer noch Lampenfieber. . .
Wader: Aber ja. Jeder neue Titel, jede neue Tour ist ein Anfang. Und ich hab immer Angst, dass ich mich verheddere. Die werd ich auch wohl in diesem Leben nicht mehr los.
Auf ihrer Homepage steht ein sehr detaillierter, munterer Lebenslauf. Warum hört der im Jahr 2006 plötzlich auf?
Wader: Ehrlich: Ich hatte keine Lust mehr, weiterzuschreiben. Aber mein Manager drängelt. . .
Aber dann sagen Sie es uns: Was ist denn danach noch passiert?
Wader: Nach 25 Jahren in Schleswig-Holstein bin ich mit meiner Frau nach Kassel gezogen, weil sie da einen Job bekommen hat. Getreu unserm Motto: Heute hier, morgen dort… Die Kinder sind ja nun schon groß.
Mit den Toten Hosen
Was wünschen Sie sich zum Geburtstag?
Wader: Gar nichts. Ich krieg nicht gerne Geschenke und ich mache auch nicht gern welche – ich laufe durchs Kaufhaus und bin nass vor Angstschweiß, weil ich nicht weiß, was ich besorgen soll. Übrigens sehr zum Leidwesen meiner Familie. Aber ich kriege natürlich trotzdem welche – und habe für den Geburtstag schon mal ein bisschen das Freuen geübt.
Aber es muss ja auch nichts Materielles sein. Hat Hannes Wader noch Wünsche für die Zukunft? Vielleicht ein gemeinsames Konzert mit den Toten Hosen oder so?
Wader: Ach, das wär ein Ding. Ich find die Jungs so klasse, ganz wunderbar. Aber ich fürchte, ihr Publikum würde das mit mir nicht dulden. Nein, ich glaube, das können wir uns abschminken.