Heino rockt und gründet Heavy-Metal-Band der Volksmusik
Heinos neues Rock-Album ist voll von alten Klassikern im neuen Gewand. Gemeinsam mit einer ungewöhnlichen Metal-Formation rockt er im Video die Bühne.
München.
Stefan Mross zertrümmert seine Gitarre, Patrick Lindner rockt am Bass, die Wildecker Herzbuben stehen als Security-Mitarbeiter im Bühnengraben und im Publikum recken Rentner in Leder-Kluft ihre Krückstöcke in die Höhe. Volksmusik-Ikone Heino hat sich für die Promotion seines neuen Albums einiges einfallen lassen – und für sein neues Musikvideo eine Heavy-Metal-Band aus Volksmusik-Stars gebastelt.
„Das Video ist geil geworden“, sagte Heino der „Bild“-Zeitung. „Meine lieben Kollegen haben alle bewiesen, dass echte Rocker in ihnen stecken.“
Der 86-jährige Gotthilf Fischer steht am Schlagzeug, während ein schwarz gekleideter Heino beschwörend die Arme ausstreckt und eine dröhnende Rock-Version seines Klassikers „Blau blüht der Enzian“ donnert. Zum Schluss lässt er sogar eine Taube in Flammen aufgehen – wenn auch nur „digital geröstet“, wie die „Bild“ schreibt.
Weniger melodiös, dafür ein bisschen härter
Der „Enzian“ ist die erste Single-Auskopplung aus Heinos neuem Album „Schwarz blüht der Enzian“, das an diesem Freitag, einen Tag vor seinem 76. Geburtstag, auf den Markt kommt. Darin rockt er weiter: Nach seinem großen Erfolg mit dem Cover-Album „Mit freundlichen Grüßen“ bringt er jetzt ein Rock-Album mit seinen eigenen Liedern heraus – „Enzian“ und „Haselnuss“ als Heavy-Metal-Version.
Erst haben Sie aus Rock-Songs Heino-Lieder gemacht, jetzt funktioniert es umgekehrt und Sie bringen Ihre eigenen Lieder in Rockversionen heraus. Warum?
Heino: Ich hab‘ im vergangenen Jahr 80 bis 100 Rockkonzerte gemacht und dabei habe ich gemerkt, dass die jungen Leute dann rufen: „Enzian“, „Schwarze Barbara“, „Haselnuss“. Das sind alles Titel, die ich zwar zu Hits gesungen habe, die vom Arrangement her aber jetzt alle nicht mehr zeitgemäß sind. Deswegen habe ich mir gedacht, ich mache das jetzt alles im Rock-Bereich, ein bisschen härter, nicht mehr so melodiös, sondern moderner und rockiger. Und das ist dabei rausgekommen.
Wie gefallen Ihnen die Lieder denn selbst in der rockigen Version?
Heino: Ich muss schon sagen: Der „Enzian“ ist jetzt moderner. Er ist zwar anders – ich hab nicht mehr so die Happy-Melodie, wie ich sie damals 1972 mitkomponiert habe. Es ist aber auch schön geworden. Ich habe die Titel in Auftrag gegeben und ab und an musste ich ein bisschen korrigieren und etwas harmonischer machen, aber im Grunde genommen bin ich mit dieser Produktion mehr als zufrieden.
Entspricht Ihr neuer Stil eigentlich Ihrem persönlichen Musikgeschmack?
Heino: Wenn ich ehrlich bin, höre ich privat gar keine Musik, weil ich jeden Tag mit Musik unterwegs bin. Aber ich könnte nie Musik machen, die mir nicht gefällt. Ich hab immer nach meinem Gefühl Musik gemacht und meine Gefühle waren auch meistens die Gefühle der anderen.
Gab es auf Ihren neuen Stil auch wütende Reaktionen langjähriger, treuer Fans?
Heino: Im Gegenteil: Viele alteingesessene Heino-Fans, die immer belächelt und gehänselt wurden, haben sich gefreut, dass ich jetzt etwas Modernes mache. Natürlich haben einige gesagt: Jetzt will ich den Heino nicht mehr, aber da muss man mit leben. Ich hab mehr als 300 000 Exemplare meines letzten Albums verkauft und bin mehr als glücklich.
Könnte es sein, dass alteingesessene Fans diesmal heftiger reagieren, wenn es um alte, liebgewonnene Heino-Klassiker geht?
Heino: Man muss sich entscheiden. Wenn die jungen Leute auf meinen Rockkonzerten in Chören den „Enzian“ fordern, dann kann ich das ja nicht einfach ignorieren aus Angst, dass ich dadurch meine alten Fans verliere. Ich habe im vergangenen Jahr mein Publikum bestimmt um 40 Jahre verjüngt. Man muss auch schon mal ein bisschen mit der Mode gehen und darf sich nicht verschließen und sagen, das ist alles Kram. Ich habe mich für den Rock-Bereich entschieden und jetzt muss man abwarten, was die Zukunft bringt. Ich glaube, das Album, das ich da gemacht habe, ist wieder richtig im modernen Trend.
Sie treten heute neben völlig anderen Musikern auf als früher. Ist das ein anderes Arbeiten?
Heino: Nein, im Grunde ist es das Gleiche – es ist nur moderner. Wenn ich ein Konzert machen würde, wo nur Leute ab 50 oder 60 sind, da würde ich dann eher meine alten Hits in der herkömmlichen Version spielen. Aber dazu komme ich ja gar nicht mehr. Ich werde engagiert, um Rockkonzerte zu geben. Also komme ich gar nicht mehr in die Gefahr, was anderes zu tun – und ich muss sagen, das gefällt mir.
Gibt es denn nichts, das Sie vermissen? Nichts, das im Musikantenstadl vielleicht schöner war als in Wacken?
Heino: Nein, eigentlich nicht. Den Rock-„Enzian“ würden die im Musikantenstadl wahrscheinlich sowieso nicht nehmen, weil der zu rockig ist. Aber es macht mir auch nichts aus, da nicht aufzutreten. Ich fühle mich auch wirklich anders, wenn ich bei Stefan Raab bin oder bei DSDS. Das ist ein schönes Arbeiten und vor allem DSDS hat mir unheimlich viel Freude gemacht. Die jungen Leute halten ja auch mich jung. Damit will ich nicht sagen, dass ich nie wieder ein Volkslied singen werde – nur eben in einem anderen, moderneren Stil. Es geht alles – man muss es nur schön machen. Die jungen Leute haben schon ein Gespür dafür, was schön ist und was nicht.
Finden Sie eigentlich auch, dass Sie klingen wie Rammstein?
Heino: Man könnte auch sagen, Rammstein klingt wie Heino… Till rollt das R genau so wie ich – und ich habe es schon zwanzig Jahre vor ihm so gerollt. Aber zu Rammstein muss ich sagen: Ich hab ja mit denen in Wacken gesungen und die waren so professionell, so nett, so freundlich und zuvorkommend, tolerant und respektvoll. Ich bin nie von jungen Leuten so respektvoll behandelt worden wie von Rammstein. Und was die auf der Bühne abliefern, das ist erste Sahne. (dpa)