Eine Region entdeckt ihre Lust auf das Wasser: Yachthäfen in Bergkamen-Rünthe, in Oberhausen, Duisburg, Dortmund oder Datteln. Dazu Hausboote, die Urlaub auf der Ruhr möglich machen. Vieles spielt sich inzwischen am und auf dem Wasser ab.
Essen.
Nicht ein Krümel Kohle ist heute mehr zu sehen. Ganz zu schweigen von der großen Halde, die noch in den 90er-Jahren über Rünthe hervortrat wie ein großer Wegweiser. Wer dieses verstaubte Klischee-Ruhrgebiet erleben wollte, der war hier richtig.
Vorbei! Das letzte Brikett ist weggefegt, aus dem einstigen Kohleumschlaghafen ist einer der bezauberndsten Teile Bergkamens geworden, die Marina Rünthe am Datteln-Hamm-Kanal nämlich, und damit ein Vorzeigeprojekt, wenn es um den Strukturwandel geht. Denn der hat längst nicht nur mit Industriekultur und neuen Radwegen auf alten Bahntrassen zu tun, sondern außerdem mit einem Ruhrgebiet, bei dem sich das Leben auf dem und am Wasser abspielt.
Rünthe: ein kleines Hafenstädtchen
Auch wenn es etwas weiter kanalaufwärts noch Industrie gibt, so sieht es dennoch in Rünthe heute aus wie in einem dieser Hafenstädtchen, die man im Urlaub so gerne besucht. Mit Promenade, Lokalen und Skippern, die sich um ihre Motor- oder Segelboote kümmern. Ganz schön nautisch. „Bergkamen ist unsere erfolgreichste Marina“, sagt Axel Biermann, Geschäftsführer der Ruhr Tourismus GmbH. Aber längst nicht die einzige. Duisburg hat eine, Oberhausen hat eine, Haltern hat eine und Dorsten auch.In Lünen ist der Preußenhafen zu einem Ziel von Radfahrern und Spaziergängern geworden und erst der Phoenixsee in Dortmund-Hörde. Wer hätte vor 20 Jahren geahnt, dass es einmal einen Yachtclub geben wird und einen Hafen mit 45 Liegeplätzen auf dem Gelände, wo Jahrzehnte lang Stahlarbeiter schufteten?
Das Ruhrgebiet hat heute nah am Wasser gebaut. Mit dieser Entwicklung steigt auch die Zahl der Segel- und Bootclubs. Das Interesse wächst weiter. Man darf also davon ausgehen, dass etliche Besucher aus dieser Region demnächst auf der Messe Boot in Düsseldorf (18. bis 26. Januar) auftauchen werden.
Trendsport Stand-Up-Paddling in Bochum und am Möhnesee
„Wasser bietet einen enorm hohen Freizeitwert. Es steht für Lebensqualität und bindet die Menschen an die Region“, sagt Tourismus-Chef Axel Biermann. Und es macht möglich, das ganze Ruhrgebiet und Regionen wie den Niederrhein oder das Sauerland mal aus einer anderen Perspektive zu erkunden. Vom Boot aus. Und das müssen nicht immer die bekannten Ausflugsdampfer sein – Entschuldigung, liebe Santa Monika, liebe Schwalbe, liebe MS Möhnesee.
Das zunehmende Interesse auch an Flüssen und Seen bringt neue Möglichkeiten mit sich: Beispielsweise die Trendsportart Stand-Up-Paddling, Stehpaddeln. Dabei steht der Sportler aufrecht auf einer Art Surfbrett und bewegt sich mit einem Paddel fort. Die Surfschule „Westufer“ am Kemnader See bietet Kurse an, an der Südsee in Xanten werden Boards verliehen und die Surfschule „Wild Boards“ macht Unterricht auf dem Möhnesee.
Eine Nummer größer und gemütlicher: ein Hausboot
Wer es eine Nummer größer mag und einen Urlaub der anderen Art, dafür aber direkt um die Ecke plant, für den könnten ein paar Tage auf dem Hausboot etwas sein. Noch ist die Zahl der Anbieter zwischen Ruhrgebiet und Niederrhein überschaubar, doch es gibt sie. Die Grüne Flotte in Mülheim beispielsweise. Ihre Hausboote zum Mieten heißen „Escargot“ – französisch für Schnecke. Das hat seinen Grund. Wer mit der Escargot über die Ruhr schippern möchte, der darf keinen wilden Ritt und keinen Tiger im Tank erwarten. Gemächlich, gemütlich, komfortabel soll es sein.
Auch in Xanten, genauer auf der dortigen Nordsee, sollen demnächst Hausboote liegen (allerdings nicht fahren). Zehn an der Zahl, laut Anbieter „Floating Houses“ in Berlin sind neun bereits verkauft zu Preisen zwischen 180 000 und 210 000 Euro. Diese sollen von ihren Eigentümern an Feriengäste vermietet werden können. „Ein Ansichtsexemplar liegt bereits im Hafen“, sagt Sabine van der List von der Tourist Information Xanten.