Bettina Wulff, die Ehefrau des Bundespräsidenten, hat eins, Fußballstar David Beckham hat viele: Tattoos sind in allen Gesellschaftsschichten angekommen. Bei der „Tattoo-Convention“ in Dortmund trifft sich jetzt die Szene.
Dortmund.
Bettina Wulff, David Beckham und Robbie Williams haben etwas gemeinsam: Sie sind tätowiert. Bunte Bilder auf blanker Haut sind in allen Schichten angekommen. Das ist bei der Tattoo-Messe in Dortmund zu sehen. Wie haben es die Tattoos raus aus der Schmuddelecke und bis unter das schicke Kostüm von Frau Wulff geschafft? Carolin Stutzmann von Messe-Veranstalter „Wildcat“ und Dirk-Boris Rödel vom Tätowier-Magazin blicken auf die Entwicklungen.
Die Anfänge
Die ersten Tätowierungen sollen aus Versehen passiert sein. Ungefähr so: Steinzeitmann stürzt, ratscht sich die Haut auf, Dreck gerät in die Wunde, die verheilt, der Dreck bleibt. Experten gehen davon aus, dass sich Völker, verteilt über den Erdball, vor tausenden von Jahren auch schon absichtlich tätowiert haben. Beispielsweise mit Tierfellmustern oder Kennzeichen ihres Stamms. Ötzi, der alte Gletschermann, war so ein Fall. An der Mumie wurden 15 Tattoos entdeckt, Kohlenstaub, der in Wunden gerieben war.
Seefahrer und Knastis
„Es ist ein Klischee, dass früher nur zwielichtige Gestalten tätowiert waren“, sagt Dirk-Boris Rödel, der Chefredakteur des Tätowier-Magazins. Im 18. Jahrhundert ließen sich gerne auch Edelmänner bemalen – der Hochadel, der dazu Tätowierer aus Asien einlud. Aber diese Anker-auf-Arm-Geschichte unter den Matrosen war natürlich trotzdem weit verbreitet: „Viele Wochen auf hoher See konnten langweilig werden“, sagt Rödel. Also warum nicht aus Zeitvertreib mal ein bisschen auf sich selbst rumkritzeln? Ähnliches galt für die Knastbrüder.
Der Durchbruch
MTV hat nicht nur Bilder zur Musik, sondern auch Bilder auf der Haut populär gemacht. In den 70er-Jahren waren Punks und Rocker tätowiert, die schafften es ins Musikfernsehen und damit ins Bewusstsein der Zuschauer. „Das Fernsehen hat Tattoos gesellschaftsfähig gemacht“, sagt Dirk-Boris Rödel. Wenn Ozzy Osbourne mit bunter Haut schockrockte oder Jon Bon Jovi sein Superman-Zeichen auf dem Arm in die Kamera hielt, schaute das MTV-Publikum ganz genau hin.
Die Studios
In den 90er-Jahren sind die Tattoo-Studios in die Innenstädte gezogen und wurden für den Normalbürger erreichbar. Vorher war es so, dass man sich ohne kugelsichere Weste kaum zu einem Tätowierer getraut hätte. Denn der saß im Hinterzimmer eines Rocker-Clubs und vor ihm lungerten diese bulligen Typen mit dem unbarmherzigen Blick herum.
Tipp bei der Studiosuche: Vor allem auf die Hygiene achten. Wenn Wollmäuse oder – noch schlimmer – richtige Mäuse in der Ecke liegen, schnell wieder raus!
Die Motive
Auch hier gibt es Moden. Mit Blumen und Teufeln ging’s los, es folgten das Steiß- bzw. „Arschgeweih“ und Sternchen. „Inzwischen weigern sich einige Tätowierer, solche Mode-Motive zu stechen“, sagt Rödel. Gerade am „Arschgeweih“, dieser Ranke überm Hintern, haben sich viele schnell sattgesehen und es verrissen. „Schade, dass sich das so unglücklich entwickelt hat.“ Denn: So ein Bild sei das perfekte Tattoo für die Frau. Weil es einen Rahmen für Hüfte und Po bildet.
Die Trends
Großflächiges. Komplett bemalte Arme oder Rücken, inspiriert von japanischer oder tahitianischer Kunst.
Sind Tattoos noch Schocker?
Eher nicht. Früher hat man die Straßenseite gewechselt, wenn einem ein Tätowierter entgegenkam. Wohin soll man heute ausweichen? Laut Studien trägt in der Gruppe der 25- bis 35-Jährigen jeder Vierte ein Tattoo. Und es werden immer mehr.
Die Messe
Hunderte Aussteller sind Samstag (11-23 Uhr) und Sonntag (11-21 Uhr) bei der Tattoo & Piercing-Convention in den Dortmunder Westfalenhallen zu erleben. Darunter die Stars der Fernsehserie „Miami Ink“. Tageskarten kosten 15 Euro.