Tausende Kinderfotos landen jeden Tag auf Facebook und Co. Aber was ist daran so gefährlich? Sie lassen sich doch einfach löschen. Oder auch nicht.
Essen/Hagen.
Der Reflex ist verständlich: Eltern sind stolz auf ihre Kinder. Jedes Kind ist ein Vorzeigeexemplar. Aber Kinderfotos im Internet – muss das wirklich sein? Die Hagener Polizei nutzt die breite Öffentlichkeit auf Facebook stattdessen für eine Warnung an Eltern: „Hören Sie bitte auf, Fotos Ihrer Kinder für jedermann sichtbar bei Facebook und Co. zu posten“, schreibt die Behörde. Der Post wurde millionenfach gesehen.
Einen konkreten Anlass habe es nicht gegeben, erklärt Hagens Polizeisprecher Tino Schäfer. Es sei einfach an der Zeit gewesen. Eltern veröffentlichen hemmungslos Bilder ihrer Kinder, so Schäfer. Sie fühlen sich dabei sicher, seien es aber nicht. Wir haben mit LKA-Sprecher Frank Scheulen über das Problem gesprochen. Sein Appell: Die Gesellschaft muss sensibel sein – Kinder, Jugendliche, Eltern, Großeltern, Kitas, Schulen. Mit Fotos müsse man genauso vorsichtig umgehen wie mit Kontoverbindungen oder anderen persönlichen Daten.
Warum ist es gefährlich, Kinderfotos auf Facebook zu posten?
Wer ein Foto öffentlich postet, verliert die Kontrolle. Die Bilder werden abgegriffen, gespeichert und in den Weiten des Internets wieder veröffentlicht Der Betroffene wird das wohl niemals merken. Die Gefahr liege also nicht in der körperlichen Bedrohung des Kindes, erklärt Scheulen – wobei auch nicht ausgeschlossen sei, dass ein Bild Sexualstraftätern vor Ort Hinweise liefert. Gefährlich ist vielmehr, dass Kinderfotos Begehrlichkeiten wecken. Pädophile suchen im Netz gezielt danach, klauen sie und bieten sie anderweitig an.
Kommt es öfter vor, dass sowas passiert?
Ganz sicher! Aber die Ermittler können nur selten Fotofunde von Pädophilen-Seiten einer bestimmten Quelle zuordnen. Das sind eher Zufallsfunde – die Bilder liegen oft auf Servern am anderen Ende der Welt. Und dort gelten oft andere gesetzliche Regelungen als in Deutschland. Was hier verboten ist kann dort erlaubt sein.
Aber die Kinder sind doch gar nicht nackt…
Das müssen sie auch nicht. Selbst Bilder von Kindern in Badehose oder engem Sportdress, in Bikini oder Schlafanzug wecken bei bestimmten Menschen Begehrlichkeiten. Ganz zu schweigen von Kindern unter Bettdecken und Badeschaum. Ein Foto vom Herbstspaziergang sei weniger kritisch, meint Scheulen.
Dann lösche ich die Bilder eben wieder.
Das ist nicht so einfach. Die Bilder vom eigenen Account bei Facebook, Instagram und Co. zu löschen, ist zwar kein Problem. Aber wenn das Foto schon heruntergeladen kopiert ist? „Dann können Sie das Bild nicht mehr einfangen“, warnt LKA-Sprecher Scheulen.
Und wenn jemand anderes ein Foto meines Kindes postet?
Das ist das große Problem, mit dem Kitas und Schulen gerade kämpfen, so Scheulen. In einigen Kitas müssen Eltern per Unterschrift absegnen, dass Bilder ihrer Kinder im Internet veröffentlicht werden dürfen (zum Beispiel in der Fotosammlung zum Sommerfest). Aber wenn andere Eltern ein Bild vom gemeinsamen Planschen im Schwimmbecken posten? Dann hilft meist Reden. Wenn das nicht funktioniert kann man auf sein Recht pochen: Bis zur Volljährigkeit haben Eltern das Bestimmungsrecht – und nehmen deshalb auch das Recht am eigenen Bild ihrer Kinder wahr.
Aber Fotos von mir selbst kann ich doch bedenkenlos posten, oder?
Naja, man kann’s ja nicht verbieten (genauso wenig wie Kinderbilder). Aber wer freizügige Fotos von sich selbst veröffentlicht, muss mit den Konsequenzen leben. Man weiß ja nie, wo das Bild am Ende landet – und wer es wiederfindet.