Essen. Die beste Freundin – oft steht sie uns Frauen näher als jeder andere Mensch. Doch so groß die Liebe zur Busenfreundin ist, so oft ist sie auch unsere schärfste Konkurrentin. Die Journalistin Eva Meschede bricht mit einem Tabu – und hat die Konkurrenz unter Frauen in einem Buch beleuchtet.
„Allein unter Freundinnen“ – das ist kein Buch über die Kultur von Mädelsabenden, sondern ein 170-Seiten-Essay über den weiblichen Umgang mit Konkurrenz. Denn Frau ist Frau die schlimmste Feindin und schärfste Beobachterin. Dieser Mechanismus macht auch vor innigen Freundinnen nicht halt – wie ich bei der Lektüre des Buches selbst feststellen musste.
Ein ganz normales Telefonat mit meiner Freundin: Ich: „Hi, wie geht´s dir?“ Sie: „UNS geht´s sehr gut. Warte mal kurz – Schatzi, bringst du bitte die Kleine ins Bett? So – wie geht´s dir denn? Immer noch so viel Arbeit und Stress?“ Ich: „Ach, es geht schon. Mir macht mein Job eben Spaß.“ Sie: „Na klar, super. Und wie läuft´s mit Jan? Wollt ihr nicht endlich mal zusammenziehen? Und was ist mit Kindern? Du wirst schließlich nicht jünger.“
Jedes Telefonat wird zum Kampf
Bums. Das hat gesessen. Ich werde im Verlauf des Telefonats immer aggressiver und verteidige meinen Lebensstil. Sie singt ihrerseits eine Hymne auf das Leben als Hausfrau und Mutter. Wir reden völlig an einander vorbei und nach den Gesprächen habe ich immer das Gefühl, einen schweren Kampf hinter mich gebracht zu haben.
Gesa und ich sind Rivalinnen. Wir konkurrieren um den besseren Lebensentwurf, das größtmögliche Glück, die wahren Prioritäten. Doch thematisieren wir das niemals offen, sondern bekämpfen uns unter dem Deckmantel der freundschaftlichen Anteilnahme.
Ganz nah am Alltag der Leserin
Das wurde mir erst bewusst, als ich das Buch „Allein unter Freundinnen. Rivalität zwischen Frauen“ von Eva Meschede gelesen habe. Denn genau solche Alltagsszenen von Konkurrenz in Frauenfreundschaften führt die Autorin immer wieder an. Sie kommt der Leserin dabei sehr nah, weil sie diese genau da abholt, wo sie steht: In einem Alltag mit Zickenterror im Job, der Suche nach dem Richtigen für eine Beziehung, der Auseinandersetzung mit der Mutter, dem Verzweifeln an den Schönheiten in den Modezeitschriften und dem allwöchentlichen Mitleiden mit den „Desperate Housewives“.
Dabei liefert Eva Meschede keine von Grund auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Rivalität zwischen Frauen. Sie spricht eher das aus, was uns allen im Kopf herumgeistert, wenn wir die Beziehungskonstrukte in unserem Leben hinterfragen. Warum mache ich eigentlich mit beim gemeinsamen Mobbing der Arbeitskollegin? Warum gehe ich lieber mit der rundlichen Steffi in die Sauna als mit der makellos schönen Anna? Warum kann ich mit meiner besten Freundin alles machen, nur nicht in der gleichen Firma arbeiten? Und warum erzähle ich meiner Kollegin nichts von dem tollen Angebot meines Chefs, obwohl wir jeden Tag zusammen in die Kantine gehen?
Bewusstmachung statt Lösung
Eva Meschede zeigt mir in ihrem Buch solche Verhaltensmuster auf und führt mir meine unredliche Stutenbissigkeit äußerst plastisch vor Augen. Immer wieder zucke ich innerlich zusammen – angesichts der Parallelen ihrer Beispiele zu meinem eigenen Handeln und Denken. Die Stärke des Buches „Allein unter Freundinnen“ ist dabei nicht, der Leserin dezidierte Lösungsvorschläge zu geben, um ihr falsches Verhalten sofort ändern zu müssen, sondern durch diese Analogien Trost zu spenden und gleichzeitig einen Ansatz zur kritischen Selbstreflexion zu bieten. Unnötig und eher wie eine Art „Alibi-Beleg“ wirkt es daher auch, wenn Eva Meschede Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zitiert.
Bei der Lektüre schwanken meine Emotionen von Scham, weil ich mich in meiner Bosheit ertappt fühle, über Erleichterung, dass sich offenbar viele Frauen so verhalten, bis hin zu Dankbarkeit für eine Art Absolution, die Eva Meschede ihren Leserinnen gibt. So macht sie allen berufstätigen Müttern Mut, indem sie von sich selbst erzählt, wie sie – gestresst von einem langen Arbeitstag – mit ihren High-Heels über den Spielplatz stöckelt und von all den engagierten Müttern auf Picknickdecken abfällig gemustert wird. Ihre Botschaft lautet: Jede auf ihre Weise!
„Frauen dieser Welt – vereinigt euch!“
Vor allem darin liegt der Appell des Buches: „Frauen dieser Welt vereinigt euch. Spielt nicht gegen, sondern miteinander. Denn zusammen seid ihr stark.“ Was sich anhört wie ein lahmer Allgemeinplatz, ist der beste Tipp zur Lösung vieler Probleme: Eva Meschede proklamiert, die allgegenwärtige Rivalität unter Frauen konstruktiv zu nutzen und sich von der Konkurrenz antreiben zu lassen. Dass sie zum Ende des Buches noch die große Feminismus-Debatte ins Feld führt, wäre zur Unterstreichung dieses Appells gar nicht nötig gewesen und wirkt eher wie ein Kunstgriff in die politische Trickkiste, um ihren Ausführungen mehr Relevanz zu verleihen. Doch Relevanz bekommt das Buch für die Leserin gerade dort, wo es ihren Alltag spiegelt und Stoff zum Nachdenken aufwirft.
Nicht schämen, anwenden!
Was lerne ich daraus? Im Kleinen anzufangen. Zum Beispiel werde ich meiner hübschen Freundin Jana nicht mehr eigennützig das unvorteilhafte Oberteil empfehlen, wenn wir uns gemeinsam für die Disco fertigmachen. Stattdessen werde ich mich besonders in Schale werfen. Konkurrenz belebt eben das Geschäft!
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